Pflanzenbau | 28. Mai 2014

Viel mehr als Früchte für dazwischen

Von Dr. Wilfried Wägner, ZG Karlsruhe
Zwischenfrüchte sind wahre Tausendsassas mit einer Vielzahl von Positivwirkungen. So können sie unter anderem auch Bodenverdichtungen reparieren, wie sie nach der oft schwierigen Mais- und Kartoffelernte im nassen Herbst 2013 auftraten und etlichen Kulturen bis heute zu schaffen machen.
Zwischenfrucht-Aussaat: Voraussetzung für den späteren Erfolg sind die Auswahl geeigneter Arten und Sorten sowie eine sorgfältige Bestellung.
Durch die Bearbeitung der nassen Flächen konnte der Boden im Frühjahr nicht ausreichend gelockert werden. Oft war der Pflugeinsatz mit sofort anschließender Aussaat die einzige Möglichkeit, das Saatgetreide in den Boden zu bekommen. Allerdings mussten bei diesem Verfahren häufig Verdichtungen im Bereich der Pflugsohle in Kauf genommen werden. Auch die Saatbettbereitung für Sommerungen gestaltete sich schwierig, da nach dem extrem milden Winter nicht einmal eine Frostgare die Bodenlockerung erleichterte. Die schlechte Bodenstruktur erschwert momentan die Aufwuchsbedingungen vieler Kulturen.
Nun ist die Frage, wie sich Strukturschäden im Boden wieder beheben lassen. Zum einen kann dies natürlich mechanisch mit  einer tiefen und intensiven Bodenbearbeitung erfolgen. Allerdings ist hier der hohe Arbeitszeit-, Maschinen- und Dieselbedarf zu berücksichtigen.
Wurzeln und Würmer als Kanalarbeiter
Die andere Möglichkeit ist der Anbau von tiefwurzelnden Zwischenfruchtmischungen. Dieses Verfahren bietet gegenüber einer mechanischen Bodenbearbeitung wesentliche Vorteile:
Tiefgehende Pfahlwurzeln (beispielsweise von Ackerbohnen) können auch verdichtete Pflugsohlen durchdringen,
feine Wurzeln im Oberboden (beispielsweise von Gräsern) schützen wirksam vor Erosion und hinterlassen eine hervorragende Struktur für die folgende Aussaat.
Artenmischungen im Zwischenfruchtanbau kombinieren zahlreiche positive Effekte. Neben der intensiven Durchwurzelung der verschiedenen Bodenschichten treiben sich die
Phacelia zählt zu den fruchtfolgeneutralen Zwischenfruchtarten und ist als „Bienenweide” bei den Insekten heiß begehrt.
unterschiedlichen Arten der Mischungen beim Wachstum regelrecht gegenseitig voran.
Bei der mechanischen Bodenbearbeitung werden Bodenteile regelrecht zertrümmert. Der Aufbau einer stabilen Bodenstruktur ist nicht möglich. Dagegen fördert der Anbau von Zwischenfrüchten das Bodenleben und sorgt für eine nachhaltig stabile Bodenstruktur. Abgestorbene Wurzeln bilden im Boden Kanäle für Wasser und Luft. Weiterhin dienen Wurzelausscheidungen und Pflanzenmaterial der Ernährung von Bodenlebewesen.
Die wesentlich verbesserte Bodenstruktur von belebten Böden lässt sich leicht überprüfen: Einfach einen Spaten nehmen und an verschiedenen Stellen nachgraben und einen Vergleich mit weniger belebten Böden vornehmen. Das Ergebnis spricht in der Regel für sich selbst.
Eine besonders wichtige Rolle unter den Bodenlebewesen nehmen die Regenwürmer ein. Zum einen wandeln sie Pflanzenrückstände in Wurmlosung  um, die als dauerhafte und regenfeste Krümel wesentlich zu einer stabilen Bodenstruktur beitragen. Zum andern sind die zahlreichen Wurmkanäle wichtig für die Wasser- und Luftführung der Böden. Die Auskleidung dieser Regenwurmgänge sorgt dafür, dass diese Kanäle eine gewisse Stabilität besitzen. Die positiven Effekte treten besonders nach Starkniederschlägen hervor: Die stabilen Regenwurmkrümel verhindern ein Verschlämmen der Bodenoberfläche und die zahlreichen Regenwurmgänge sorgen dafür, dass die Böden die Wassermengen auch aufnehmen können und der oberflächliche Abfluss reduziert wird. Außerdem bietet der schnellere Abbau von Ernterückständen den Vorteil, dass den am Stroh anhaftenden Krankheitserregern (wie z. B. Fusarien und Schwarzbeinigkeit des Getreides) die Lebensgrundlage entzogen wird.
Gruppeneinteilung als Planungshilfe
Leguminosen wie zum Beispiel Ackerbohnen (Bild) durchwurzeln den Boden sehr tief und können auch im Unterboden Verdichtungen aufbrechen.
Um möglichst viele der positiven Effekte des Zwischenfruchtbaus zu kombinieren, kann aus einer beträchtlichen Anzahl von Arten gewählt werden. Eine der möglichen Einteilungen kann durch die Bildung folgender Gruppen vorgenommen werden:
  • „Fruchtfolgeneutrale” Arten: Hierzu zählen Phacelia, Buchweizen, Serradella oder Ramtillkraut. Ideal  ist es, wenn die Zwischenfrüchte mit keiner der im Hauptfruchtbau angebauten Kulturen verwandt sind. So dient beispielsweise die reich blühende Phacelia im Herbst zahlreichen Insekten als Nahrungsgrundlage und friert über Winter sicher ab. Bei Buchweizen ist zu berücksichtigen, dass dieser zwar sicher abfriert, jedoch bei früher Aussaat bereits im Herbst abreift und die Samen dann in der Folgekultur wieder auflaufen können, was vor allem beim Zuckerrübenanbau wegen der fehlenden Bekämpfbarkeit zu Problemen führt.
  • Leguminosen: Wie Ackerbohnen und Lupinen durchwurzeln sie den Boden sehr tief und sind durch die kräftigen Wurzeln in der Lage, auch tiefgründige Verdichtungen aufzubrechen. Alexandriner- und Perserklee bieten eine gute Bodenbedeckung und benötigen zur Keimung und für das Wachstum nur wenig Wasser, was besonders im Sommer entscheidend sein kann. Alle Leguminosen können Stickstoff aus der Luft binden und den Pflanzen verfügbar machen. Auf diese Weise können Zwischenfrüchte 40–60 kg N/ha fixieren.
  • Kreuzblütler: Die „Standard-Zwischenfrucht” ist in vielen Fällen Senf. Kostengünstig und recht anspruchslos hinsichtlich der Saattechnik wächst eine Begrünung heran. Dem stehen jedoch auch deutliche Nachteile entgegen: Die Durchwurzelungsleistung ist nur gering, entsprechend wenig positive Effekte sind im Boden festzustellen. Außerdem ist Senf in der Fruchtfolge störend, wenn auch Raps angebaut wird. Wer mehr von seiner Zwischenfrucht erwartet als eine einfache Begrünung, sollte auf Mischungen mit unterschiedlichen Arten zurückgreifen. Weiterhin steht als Kreuzblütler der Ölrettich zur Verfügung. Im Kartoffel- und Zuckerrübenanbau können mit geeigneten Sorten Nematoden bekämpft werden. In klimatisch günstigen Lagen ist es in einem milden Winter möglich, dass nicht alle Ölrettichpflanzen absterben. In diesem Fall muss der Ölrettich vor der Bestellung der Folgekultur bekämpft werden.
  • Gräser durchwurzeln den Oberboden intensiv und liefern im Herbst oder bei überwinternden Arten auch im Frühjahr Futter. Je nach Wunsch stehen einjähriges oder Welsches Weidelgras sowie verschiedene Hafer- und Roggensorten zur Verfügung.
Hauptfruchtmäßig bestellen
Um die positiven Effekte der Zwischenfrüchte voll zu nutzen, sollten diese achtsam, am besten mit der gleichen Sorgfalt wie eine Hauptfrucht bestellt werden. Zwar lässt sich Senf schnell und kostengünstig mit dem Schleuderstreuer aussäen, allerdings ist die Durchwurzelungsleistung nur bescheiden. Wer auf die oben beschriebenen positiven Effekte der „Bodenbearbeitung durch Bodenlebewesen” Wert legt und somit Arbeitszeit, Maschinen- und Dieseleinsatz deutlich reduziert, tut gut daran, den entsprechenden Zwischenfruchtmischungen durch eine sorgfältige Saat zu einem guten Start zu verhelfen. Ideal ist eine Zwischenfruchtsaat möglichst direkt nach dem Mähdrusch mit einer oberflächlichen Bodenbearbeitung und dem Einsatz der Sämaschine. Durch die Bearbeitung werden Kapillaren im Boden durchbrochen und so die unproduktive Verdunstung deutlich verringert. Die Beschattung des heranwachsenden Bestands unterdrückt zudem die Entwicklung von gekeimtem Ausfallgetreide und Unkrautsamen. Bei einer Saat bis Mitte August ist eine gute Bestandsentwicklung zu erwarten.
Blühende Zwischenfrucht-Mischungen sind im Spätsommer und Herbst eine wichtige Nahrungsquelle für Insekten und bereichern gleichzeitig das Landschaftsbild.
Und nicht vergessen: Blühende Zwischenfruchtmischungen stellen im Spätsommer und Herbst eine wichtige Nahrungsgrundlage für Insekten dar und tragen wesentlich dazu bei, in dieser nahrungsarmen Zeit den Erhalt zahlreicher Nützlinge zu gewährleisten.
Grundsätzlich zu beachten ist, dass nur zertifiziertes Saatgut die Gewährleistung für Reinheit und Keimfähigkeit bietet. Im Fachhandel ist ein breites Sortiment an Zwischenfrüchten und Mischungen verfügbar. Der Einsatz von nicht-zertifiziertem Saatgut ist nach dem Saatgutrecht verboten. Aus gutem Grund soll so verhindert werden, dass aus anderen Ländern neue Unkräuter eingeschleppt werden, die sich dann hier verbreiten können. Bei Zwischenfrüchten gibt es auch kein Landwirteprivileg zum Nachbau von eigenem Erntegut.
Den Erfolg eines gelungenen Zwischenfruchtanbaus kann jeder leicht  feststellen: Einfach mit dem Spaten graben. Bei einem regelmäßigen Zwischenfruchtanbau lassen sich deutlich mehr Regenwürmer finden und die Auswirkungen auf die Bodenlockerung und die Bildung stabiler Krümel sind nicht zu übersehen.

Tabelle: Zwischenfrüchte im Überblick