Politik | 06. Dezember 2018

Verschoben, abgeschafft, erhalten

Von AgE
Drei Gesetzesänderungen hat der Bundestag beschlossen, über die teilweise seit Jahren heftige Auseinandersetzungen geführt worden sind: Es ging um die Ferkelkastration, die Hofabgabeklausel und die 70-Tage-Regelung für Saisonarbeitskräfte.
Der Bundestag hat am 30. November die Abschaffung der Hofabgabeklausel beschlossen.
Mit der auch innerhalb der Koalition lange strittigen Änderung des Tierschutzgesetzes wurde die Übergangsfrist für die betäubungslose Ferkelkastration noch einmal um zwei Jahre verlängert. In dieser Zeit sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass die als geeignet eingestuften Methoden Isofluran-Narkose, Immunokastration und Ebermast die volle Praxisreife sowie Akzeptanz im Markt erlangen. Der Bauernverband setzt allerdings weiterhin auch auf die Lokalanästhesie alsvierten Weg.
Hofabgabeklausel abgeschafft
Beschlossen hat der Bundestag ferner die Abschaffung der Hofabgabeklausel in der Alterssicherung der Landwirte (AdL) rückwirkend zum 9. August 2018, dem Tag, an dem das Bundesverfassungsgericht die Regelung zur Hofabgabe für verfassungswidrig erklärte.
Das Hofabgabeerfordernis als Voraussetzung für den Bezug einer Rente in der Alterssicherung der Landwirte (AdL) fällt somit weg. Auch Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten werden nunmehr ohne Hofabgabe gewährt.
Damit zieht das Parlament die Konsequenz aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in dem die Hofabgabeklausel als verfassungswidrig eingestuft wurde. Zur Abmilderung einer möglichen finanziellen Mehrbelastung wird der Solidarzuschlag in der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung (LKV), mit dem aktive Landwirte seit 2005 an der Finanzierung der Kosten für die Altenteiler in der LKV beteiligt werden, abgesenkt.
Der Deutsche Bauernverband begrüßte die Entscheidung zur Hofabgabeklausel als Beitrag zur Rechtsklarheit für die Versicherten. DBV-Präsident Joachim Rukwied wies darauf hin, dass eine rechtssichere Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Hofabgabeklausel nicht möglich gewesen wäre.
Herausforderung für die Bauernfamilien
Rukwied bezeichnete die Hofübergabe als eine der größten Herausforderungen für die Bauernfamilien. Hierbei müsse der Betrieb zukunftsfähig übergeben werden; gleichzeitig müssten auch Regelungen für die weichenden Erben getroffen werden. Oft sei die Hofübergabe auch eine große emotionale Hürde. Der Verbandspräsident begrüßte ausdrücklich die Reduzierung des Solidarzuschlags der aktiv Versicherten zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung. Damit sei eine Forderung des Bauernverbandes aufgegriffen worden. Wichtig sei es, künftig eine rechtzeitige Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes an die Hofnachfolger zu fördern. Die Entschließung des Bundestages enthält aus DBV-Sicht gute Ansätze. Im Zusammenhang mit der in der Entschließung verlangten Verstetigung der Bundesmittel zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung bekräftigte Rukwied die Forderung des Berufsstandes, auch die Bundesmittel zur LUV gesetzlich zu verankern.
Mit der beschlossenen Abschaffung der Hofabgabepflicht finde eine „verfassungswidrige unsoziale Regelung endlich ihr Ende”, verlautete von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Deren Vorsitzender Martin Schulz sprach von einem großartigen Erfolg der beharrlichen Arbeit, insbesondere des Arbeitskreises zur Abschaffung der Hofabgabeklausel.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium will sich dafür einsetzen, dass die mit der bisherigen Hofabgabeverpflichtung verbundenen agrarstrukturellen Ziele weiter erreicht werden können. Unter anderem sollen Junglandwirte verstärkt gefördert werden.
Schließlich beschloss das Parlament, die  70-Tage-Regelung für die Beschäftigung von Saisonarbeitskräften unbefristet zu verlängern.
SVLFG: Konsequenzen für die Krankenversicherung
Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) bewilligt ab sofort Altersrenten wieder endgültig. Die SVLFG zieht damit die Konsequenz aus der Entscheidung des Bundestages zur Abschaffung der Hofabgabeklausel in der Alterssicherung der Landwirte.
Der SVLFG-Vorstand hatte Mitte Oktober entschieden, für die Zeit von September bis zu einer Gesetzesänderung Altersrenten vorläufig zu gewähren. Damit hatte der Vorstand Forderungen aus den Reihen der Betroffenen und der Verbände Rechnung getragen, den nach der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung im August ergangenen Bewilligungsstopp aufzuheben. Die vorläufigen Rentenzahlungen erfolgten individuell in der aktuell gesetzlich vorgesehenen Höhe, jedoch bei Regelaltersrenten ohne den Zuschlag für eine spätere Inanspruchnahme der Rente. Bestehende Ansprüche sind jedoch nicht verloren gegangen. Sie werden nun mit der endgültigen Entscheidung festgesetzt.
Mit der Neuregelung ab 1. Januar 2019 wird der Rentenzuschlag wegen späterer Inanspruchnahme der Regelaltersrente abgeschafft. Wie die SVLFG am 3. Dezember zudem klarstellte, haben Bezieher einer vorzeitigen Altersrente Bestandsschutz. Damit gilt die mit der Abschaffung der Hofabgabever-pflichtung beschlossene Anrechnung von Hinzuverdiensten auf vorzeitige Altersrenten nicht für diejenigen, deren Anspruch bereits am 31. Dezember 2018 Bestand hat.
Ältere Landwirte, die ihren Hof weiterbewirtschaften, weist die Sozialversicherung auf Konsequenzen für deren Krankenversicherung hin. Für sie gelte nicht die Krankenversicherung der Rentner (KvdR). Stattdessen müssten sie weiter ihren Beitrag als landwirtschaftliche Unternehmer zahlen. Zudem seien Beiträge aus außerlandwirtschaftlichen selbstständigen Erwerbstätigkeiten sowie weiteren Renten und Versorgungsbezügen zu zahlen. Laut SVLFG können diese Beiträge insgesamt höher ausfallen als die zu erwartende Rente aus der Alterssicherung der Landwirte. Betroffenen wird daher eine Beratung durch die Alterskasse empfohlen.