Politik | 27. Februar 2020

Verschärfte Düngeverordnung auf dem Weg

Von AgE/enz
Die Bundesregierung hat die „Verordnung zur Änderung der Düngeverordnung und anderer Vorschriften” am 20. Februar dem Bundesrat zugeleitet. In dieser Fassung würde die EU-Kommission keine Klage im eingeleiteten Zweitverfahren einreichen, bestätigte ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums.
Verschärfte Düngeverordnung kurz vor dem Ziel? Die EU-Kommission hat signalisiert, dass sie mit dem aktuellen Entwurf der Bundesregierung zufrieden ist.
Dem Vernehmen nach hat die Generaldirektion Umwelt der Brüsseler Administration dies zuletzt dem Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Jochen Flasbarth, signalisiert. Damit einher geht allerdings die Erwartung, dass der Bundesrat die vorgesehenen Regelungen nicht verwässert.
Was macht der Bundesrat?
Ob es dazu kommt, ist indes offen. Man sei im Bundesrat erneut „auf hoher See”, hieß es dazu in Regierungskreisen. Wie von Länderseite zu hören war, erwägt der federführende Agrarausschuss die Einsetzung eines Unterausschusses, um die zu erwartende Vielzahl an Länderanträgen fachlich zu diskutieren. Der Unterausschuss würde aller Voraussicht nach in der zweiten Märzwoche zusammenkommen. Die nächste Sitzung des Agrarausschusses findet am 16. März statt. Anschließend wird auch der Umweltausschuss der Länderkammer seine Empfehlung abgeben.
Entscheidende Sitzung am 3. April
Die entscheidende Plenarsitzung ist am 3. April. Schleswig-Holsteins grüner Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht sprach sich inzwischen für eine zügige Anpassung der Düngeverordnung aus. Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber wertet den vorgelegten Entwurf als Fortschritt, sieht aber weiterhin Korrekturbedarf.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) bekräftigte seine Forderung nach verlässlichen Entscheidungen für die Ausweisung der nitrat- und phosphatbelasteten Gebiete. „Wir brauchen zügig Rechtssicherheit und Klarheit bei der Gebietsabgrenzung und eine enge und differenzierte Abgrenzung der Roten Gebiete”, erklärte DBV-Präsident Joachim Rukwied.
CSU verhindert Kabinettsbeschluss
Kritik an der Novelle der Düngeverordnung war zuletzt vor allem in Bayern laut geworden. Nachdem Landwirtschaftsministerin Kaniber bereits erheblichen Korrekturbedarf angemeldet hatte und insbesondere das vorgesehene Verbot der Herbstdüngung von Zwischenfrüchten nicht akzeptieren will, verhinderte das CSU-geführte Bundesinnenministerium vergangene Woche einen Kabinettsbeschluss zur Düngeverordnung.
Mit der Einbindung der Bundesregierung wollte das Bundeslandwirtschaftsministerium  den breiten politischen Rückhalt deutlich machen, den die Anpassung erfährt. Offenbar sah sich die CSU diesmal nicht imstande, das mitzutragen. Für eine Bundesratsbefassung ist ein Kabinettsbeschluss jedoch keine Voraussetzung. Die Vorlage wurde als „Ministerverordnung” mit Zustimmung des Umwelt- und des Finanzressorts sowie des Bundeswirtschaftsministeriums dem Bundesrat übermittelt.
Erste Anzeichen der Entspannung
Inzwischen gibt es erste Anzeichen der Entspannung in der sich anbahnenden Auseinandersetzung zwischen dem Bund und Bayern. Kaniber begrüßte am 21. Februar, dass im aktuellen Entwurf wichtige Erleichterungen für die Landwirte berücksichtigt worden seien. „Dass eine bedarfsgerechte Düngung von Grünland in Roten Gebieten verankert werden konnte, ist ein großer Erfolg unseres Einsatzes für fachlich sinnvolle Lösungen”, teilte die CSU-Politikerin mit.
Die Bundesregierung hatte sich in den Verhandlungen mit der Kommission Ende Januar darauf geeinigt, dass Grünland von der Reduzierung der Stickstoffdüngung in Roten Gebieten ausgenommen werden soll, wenn sein Anteil nicht mehr als 20 Prozent eines Roten Gebietes beträgt. Auch hinsichtlich der von der EU-Kommission geforderten Anpassungen bei der Ausweisung der Roten Gebiete sei man einen wichtigen Schritt weitergekommen, so Kaniber. Der Vorschlag des Bundes zur Sofortausweisung zusätzlicher Roter Gebiete sei damit vom Tisch.
Zufrieden zeigte sich die Ministerin auch mit der vorgesehenen Härtefallregelung für die Ausbringung von Gülle im Herbst. Danach soll Gülle zur Düngung von Zwischenfrüchten ohne Futternutzung in Roten Gebieten im Herbst zulässig sein, wenn ein Landwirt bereits die Errichtung zusätzlicher Lagerkapazitäten für Gülle beantragt hat, die Genehmigung aber noch aussteht.
Dessen ungeachtet hält die Ministerin an ihrer Forderung fest, dass die Düngung von allen Zwischenfrüchten auch in Roten Gebieten möglich bleiben müsse. Die Zeitspanne zur Aufzeichnung der tatsächlichen Düngung müsse erweitert werden, um bürokratische Hürden abzubauen. Zudem sei der Anwendungsbeginn für die Vorgaben zur Düngung auf den 1. Januar 2021 zu verschieben, um die notwendigen Anpassungen vornehmen zu können.
Erleichterungen für Betriebe, die gewässerschonend wirtschaften, entsprechende Agrarumweltprogramme umsetzen und sich an Kooperationen mit der Wasserwirtschaft beteiligen, mahnte  DBV-Präsident Rukwied an. Zudem bekräftigte er seine Kritik an der im Verordnungsentwurf vorgesehenen Deckelung der Düngung bei 80 Prozent des Nährstoffbedarfs in Roten Gebieten sowie am Verbot der Düngung von Zwischenfrüchten im Spätsommer. Diese Regelungen seien fachlich nicht nachvollziehbar. Das Verbot der Düngung von Zwischenfrüchten sei sogar kontraproduktiv für den Gewässerschutz.
Rukwied warnt vor „Supergau”
Entscheidend sind für Rukwied Verbesserungen bei der Ausweisung der Roten Gebiete. Nachdem die vom DBV bereits seit Jahren geforderte verpflichtende enge Gebietsabgrenzung im Verordnungsentwurf verankert worden sei, sieht der Bauernpräsident nun Bund und Länder gefordert, schnell und fachlich fundiert die Kriterien für die Gebietsabgrenzung festzulegen. Es müsse verhindert werden, dass die Landwirte ungerechtfertigt immense Auflagen erfüllen müssten, weil Bund und Länder nicht rechtzeitig die Verwaltungsvorschrift zur Festlegung der Roten Gebiete aufgestellt und die Abgrenzung nicht fristgemäß umgesetzt hätten. Dem DBV-Präsidenten zufolge wäre das „der Supergau”.
Passgenauer und verursachergerechter
Die Detailregelungen zur Abgrenzung der Roten Gebiete sollen in einer Verwaltungsvorschrift getroffen werden, die von Bund und Ländern gemeinsam erarbeitet werden sollen. Dadurch soll es künftig bundeseinheitliche Kriterien in Bezug auf Gebietskulissen und Messstellen in den Ländern geben. Durch die verpflichtende Binnendifferenzierung von belasteten Grundwasserkörpern soll die Ausweisung der Roten Gebiete künftig passgenauer und verursachergerechter erfolgen. Dafür hat die EU-Kommission der Bundesregierung eine Frist von einem halben Jahr nach Inkrafttreten der geänderten Düngeverordnung eingeräumt.
„Wer glaubt, die Einhaltung der Nitratrichtlinie ausschließlich mit pauschalen Auflagen für die Landwirte erreichen zu können, irrt”, erklärte FDP-Agrarsprecher Gero Hocker und kündigte einen Antrag seiner Fraktion zum Thema „Messstellen” im Bundestag an. Deutschland habe mit einer Messstelle auf 40000 Fußballfeldern immer noch die viertniedrigste Nitratmessdichte in der EU. Die Voraussetzung für eine Messbarkeit von Erfolgen um den Grundwasserschutz sei ein engmaschiges Messstellennetz, das auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Standards beruhe. Darüber hinaus müsse sich Deutschland im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft für eine EU-weite Vergleichbarkeit der Messergebnisse einsetzen. Hocker: „Es kann nicht länger hingenommen werden, dass deutsche Äpfel mit spanischen Birnen verglichen werden.”
BLHV pocht auf flexible Lösungen
Baden-Württemberg hat im Vergleich zu viehintensiven Gebieten im nördlichen Deutschland nur neun Prozent „Rote Gebiete”, über 90 Prozent der Fläche sind 
bei Nitrat unproblematisch. „Nach der Binnendifferenzierung   werden bei uns noch weniger als neun Prozent rot sein”, unterstrich Landwirtschaftsminister Peter Hauk beimTreffen der BLHV-Führung mit dem Bezirksagrarausschuss der CDU Südbaden am 18. Februar im Haus der Bauern in Freiburg. Hauk und der BLHV führen die vergleichsweise gute Situation in Baden-Württemberg auf eine jahrzehntelange vorausschauende, geradezu vorbildliche  Wasserschutzpolitik des Landes zusammen mit der Landwirtschaft zurück.
Ebenso einig ist sich Hauk mit BLHV-Präsident Werner Räpple und seinen Vorstandskollegen, dass es nicht akzeptabel ist, wenn jetzt bei der erneuten Verschärfung der Düngeverordnung die gesamte Landwirtschaft in Deutschland „über einen Kamm geschoren wird”. Der BLHV pocht auf vereinfachte, praktikable Lösungen für Landwirte in unproblematischen Gebieten, vor allem auf schwierig zu bewirtschaftenden Standorten.
Hauk geht davon aus, dass die EU-Kommission in Roten Gebieten nicht zu Kompromissen bereit sein wird. „Wenn es eine Chance gibt, dann in den Grünen Gebieten”, so der Minister. Er bekundete  gegenüber den Vertretern des BLHV, „dass er zumindest in den Grünen  Gebieten eine Flexiblisierung hinbekommen möchte”.  „Aufgrund des hohen Anteils ,Grün’ in Baden-Württemberg bringt das was”, betonte der Minister beim BLHV.