Verfettung erhöht das Risiko erheblich
Einen gesicherten Einfluss auf die Totgeburtenrate bei Kühen hatte erwartungsgemäß das Geschlecht der Kälber. Während bei den Bullenkälbern 12,2 Prozent Verluste zu verzeichnen waren, lagen diese bei den Kuhkälbern lediglich bei 7,1 Prozent. Ein Aspekt, der sicherlich auch im Hinblick auf den Einsatz von gesextem Sperma eine Rolle spielen könnte. Interessanterweise beeinflussten das Gewicht und die Skelettmaße der Neugeborenen die Verlustrate nur unwesentlich.
Um dieses Ziel zu erreichen, sollte man bereits im letzten Laktaktionsdrittel gezielt die Körperkonditionsentwicklung der Kühe beobachten. Lässt sich bei den spätlaktierenden Tieren ein zunehmendes „Anfleischen” feststellen, ist davon auszugehen, dass sie energetisch überversorgt werden. Ein deutliches Zeichen hierfür ist in dieser Laktationsphase auch ein auffallend hoher Milcheiweißgehalt.
Um dem entgegenzuwirken, sollte die Kraftfuttermenge in Betrieben mit einer Transponderfütterung bei betroffenen Kühen langsam um 1 bis 1,5 kg reduziert werden. Dadurch reduziert sich die Energiedichte der Ration, so dass eine übermäßige Verfettung meist verhindert wird. Problematisch sind hier natürlich Betriebe mit Teilmischrationen, die beim Energiegehalt deutlich über dem Leistungsniveau spätlaktierender Tiere liegen. Gerade bei Tieren, die erst nach mehreren Versuchen wieder tragend geworden sind und deshalb auch später wieder kalben, kann es sinnvoll sein, sie vorzeitig trocken zu stellen und von der Fütterung her dann energetisch eher knapp zu versorgen (z. B. energiearme Grassilagen oder Weide, Heu). Hier kann man besser auf den letzten Liter Milch verzichten, um Folgeprobleme wegen einer starken Verfettung in der nächsten Laktation möglichst zu vermeiden.
Zu Beginn der Trockenstehzeit sollten sich die Tiere in der gewünschten Körperkondition befinden. Bis etwa zwei bis drei Wochen vor der Kalbung sollte die Energiedichte der Ration dann auf maximal 5,6 MJ NEL je kg Trockenmasse (TM) begrenzt werden, da ansonsten mit einer zunehmenden Einlagerung unerwünschter Körperfettreserven zu rechnen ist. Die Grundration sollte mit Stroh energetisch verdünnt werden oder es müssen energieärmere Futterkomponenten (spätere Silageschnitte, Heu) zum Einsatz kommen.
In der Transitphase zwei bis drei Wochen vor dem Kalben erfolgt die Anpassung der Fütterung an die spätere Laktationsration. Hierbei wird die Energiedichte auf 6,4 bis 6,6 MJ NEL je kg TM erhöht, um bei der vor dem Kalben deutlich zurückgehenden Futteraufnahme eine ausreichende Energieversorgung der Tiere sicherzustellen.
Die Ration der hochtragenden Rinder sollte bis etwa zwei bis drei Wochen vor dem errechneten Kalbetermin auf ein mittleres Niveau von etwa 5,8 MJ NEL je kg TM eingestellt werden (Rationsberechnung). Dabei ist der Einsatz von Maissilage wegen der Gefahr einer Überkonditionierung sehr kritisch zu beurteilen.
Interessant war, dass die Aufweitungsphase bei den lebend geborenen Kälbern in dieser Untersuchung nie länger als zwei Stunden dauerte. Daher sollte bei normaler Lage des Kalbes (Vorderendlage, obere Stellung, gestreckte Haltung) nicht vor zwei Stunden nach dem Sprung der ersten Fruchtblase in den Geburtsvorgang eingegriffen werden.
In der Tabelle wird dargestellt, wie hoch die Verluste bei unterschiedlichen Maßnahmen zur Geburtshilfe waren. Ziel sollte es sein, dass möglichst viele Kälber spontan ohne Geburtshilfe auf die Welt kommen. Die Kälber sind dann wesentlich vitaler und weisen mit einer Verlustrate von lediglich 2,4 Prozent einen sehr günstigen Wert auf. Hierzu wird vor der Kalbung ein ruhiger und sauberer Abkalbebereich mit Sichtkontakt zur Herde benötigt, um stressbedingte Geburtsstörungen möglichst zu vermeiden
Fast noch wichtiger ist es, dass die Tierhalter selbst die Ruhe bewahren und erst dann eine dosierte Zughilfe leisten, wenn nach längerer Presswehentätigkeit kein Fortschritt in der Geburt zu erkennen ist. Wird bereits kurz nach dem Blasensprung (wenn die Klauen sichtbar werden) mit einer meist unnötigen Zughilfe in die Geburt eingegriffen, ist dies mit einem deutlich höheren Risiko für Muttertier und Kalb verbunden. Die meisten Kühe kalben ohne Hilfe, eine gute Beobachtung des Geburtsverlaufs reicht daher in der Regel völlig aus. Erst bei wirklichen Kalbeproblemen sollte mit einer dosierten Geburtshilfe unterstützend eingegriffen werden.
- Kühe und Färsen sollten in optimaler Körperkondition zur Kalbung kommen (Zielwert BCS: 3,5)
- Eine ausreichend große, saubere Abkalbebucht (Einzelbucht mindestens 15 m2) schafft die Voraussetzung für eine reibungslose Geburt.
- Stress und Unruhe in der Zeit um die Geburt müssen vermieden werden.
- Wichtig ist eine gute Geburtshygiene bei Muttertier, Geburtshelfer und den verwendeten Hilfsmitteln.
- Bei einer normalen Lage des Kalbes keinesfalls voreilig in die Geburt eingreifen. Erst wenn kein Fortschritt bei der Geburt zu erkennen ist, sollte mit dosierter Zughilfe unterstützt werden. Ein unnötig hoher Kraftaufwand (mechanische Geburtshelfer) ist in jedem Fall zu vermeiden.
- Geburtshilfe möglichst nur am liegenden Tier durchführen. Zug und Zugpausen müssen synchron zur Wehentätigkeit laufen.
- Die Zughilfe muss geradeaus nach hinten erfolgen. Nach Auszug des Brustkorbes muss die Zugrichtung nach unten, das heißt beim liegenden Tier in Richtung des Euters geändert werden.
- Zeichnet sich ein schwerer Geburtsverlauf ab, muss ein Tierarzt hinzugezogen werden.