Politik | 11. Januar 2018

Verbraucher wollen laut Umfrage mehr für Tierwohl zahlen

Von AgE
Die Verbraucher in Deutschland wären bereit, für mehr Tierwohl auch tiefer in die Tasche zu greifen. Das ergab zumindest eine forsa-Befragung im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums zu Ernährungsgewohnheiten, -wünschen und -trends in Deutschland.
Nach Zahlen gefragt, gab bei der Umfrage jeder Zweite an, dass er bei mehr Tierwohl für ein Kilogramm Fleisch zum Grundpreis von zehn Euro einen Aufpreis von bis zu fünf Euro akzeptieren würde.
Deren Ergebnisse wurden am 3. Januar im Ernährungsreport 2018 in Berlin vorgestellt. Gefragt nach ihren persönlichen Erwartungen an die Landwirtschaft nannten der forsa-Erhebung zufolge 66 Prozent auf Platz eins „das Wohl der Tiere”, das damit noch vor der Qualität der Produkte, der Entlohnung der Mitarbeiter und umweltschonenden Produktionsweisen lag. Rund 79 Prozent der Befragten befürworten ein staatliches Tierwohllabel; 90 Prozent wären bereit, einen höheren Preis für Lebensmittel zu zahlen, wenn die Tiere besser gehalten würden, als es das geltende Recht vorschreibt. Nach konkreten Zahlen gefragt, gab jeder Zweite an, dass er dann für ein Kilogramm Fleisch zum Grundpreis von 10 Euro einen Aufpreis von bis zu 5 Euro akzeptieren würde.
Vergleich mit Biosiegel
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt zeigte sich zuversichtlich, dass diese Absichtsbekundungen auch den Praxistest bestehen würden. Er sieht die Aussagen der Befragten als Zeichen dafür, dass sich immer mehr Menschen für die Arbeit der Landwirtschaft interessieren und sich einbringen wollen. Schmidt kündigte an, sich weiter für ein staatlich verbindliches Tierwohllabel einzusetzen und dabei auch eine europäische Lösung anzuvisieren.
Der Minister verglich das geplante Tierwohllabel mit dem Biosiegel, das zunächst auch auf nationaler Ebene verbindlich und dann europaweit eingeführt worden sei. Er hob den erreichten Konsens zum staatlichen Tierwohllabel bei den insgesamt gescheiterten Sondierungsgesprächen mit den Grünen und der FDP hervor, an dem er ansetzen wolle. Der Deutsche Bauernverband (DBV) sieht sich mit seiner Initiative Tierwohl bestätigt, verwies zugleich jedoch auch auf den häufigen Gegensatz zwischen Umfrageäußerungen und tatsächlichen Kaufentscheidungen.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nahm die Veröffentlichung des Ernährungsreports 2018 zum Anlass, seine Forderung nach einer staatlichen Haltungskennzeichnung bei Tieren analog zur Etikettierung von Konsumeiern zu erneuern. Diese Kennzeichnung habe zu einem geschärften Bewusstsein bei den Verbrauchern geführt und infolgedessen auch dazu, dass Eier aus der Käfighaltung ausgelistet worden seien, so BUND-Agrarexpertin Katrin Wenz. Der grüne Bundestagsabgeordnete Friedrich Ostendorff forderte einen klaren Handlungsrahmen für die Landwirte, den er nur in einer verpflichtenden Haltungskennzeichnung erfüllt sieht. Greenpeace-Vertreter Martin Hofstetter appellierte an Minister Schmidt, nun dafür zu sorgen, dass es den Nutztieren „gut gehe” und der Verbraucher im Supermarkt erkennen könne, aus welcher Haltung das Fleisch stamme.
Kurze Wege
Das Meinungsforschungsinstitut forsa hatte zum dritten Mal in Folge die Einstellungen und Gewohnheiten der Verbraucher zum Lebensmitteleinkauf und -verzehr abgefragt. Unter anderem gab dabei ein Großteil der Befragten an,  Einkäufe weiterhin in Wohnortnähe zu tätigen. Zwei Drittel bevorzugen hierbei den Supermarkt. Rund 90 Prozent erledigen zumindest einen Teil der Besorgungen im Fachhandel wie Bäckereien, Metzgereien oder Gemüseläden. Produktinformationen suchen die Konsumenten laut Befragung unmittelbar über die Verpackungen, aber auch durch direkte Informationen am Einkaufsort. 42 Prozent gaben an, sich via Onlinerecherche über Lebensmittel zu informieren.  Dagegen gaben lediglich sieben Prozent an, zumindest einen geringeren Teil ihrer Lebensmittel im Internet zu kaufen.
Insgesamt 43 Prozent der Menschen in Deutschland essen laut der Befragung von forsa regelmäßig außer Haus.  Im Bereich der Lebensmittelverschwendung sehen sich die Verbraucher zunehmend selbst in der Verantwortung.  Neun von zehn Deutschen bewerten einen Ernährungsunterricht in der Schule in seiner Wichtigkeit auf einer Stufe mit Fächern wie Mathematik, Deutsch oder Englisch, unabhängig davon, ob in ihrem Haushalt Kinder leben oder nicht.