Politik | 25. Februar 2021

Länder müssen Verbotserlasse ändern

Von AgE
Im vergangenen Jahr hatten mehrere Bundesländer per Erlass die Abfertigung von langen Nutztiertransporten in Drittstaaten aus Tierschutzgründen verboten. Mehrfach sind jedoch solche Verbote durch Verwaltungsgerichte aufgehoben worden.
Lange Tiertransporte in Drittstaaten sind aus Tierschutzgründen und rechtlich kontrovers in der Diskussion.
Die Behörden vor Ort sind daraufhin verpflichtet worden, die für den Transport notwendigen Dokumente auszustellen. „Lange und grenzüberschreitende Tiertransporte sind im EU-Recht verankert und können nicht einfach verboten werden. Es besteht ein Anspruch auf Abfertigung, wenn die hohen Anforderungen an einen Transport erfüllt sind”, teilte Brandenburgs Sozial- und Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnenmacher mit Blick auf die Gerichtsentscheidungen am vergangenen Mittwoch  mit. Gleichzeitig machte sie klar, dass sich die Landesregierung dazu verpflichtet habe, Tierleid auf langen Transporten einzudämmen. „Kann eine tierschutzkonforme Abfertigung und Versorgung der Tiere auf der gesamten Strecke nicht gewährleistet werden, so ist der Transport nicht genehmigungsfähig”, betonte die Ministerin.
 Brandenburg habe deshalb in einem Rechtsgutachten den bisherigen Erlass prüfen lassen und durch einen neuen, ab sofort gültigen ersetzt. Dieser soll die fachlichen Bedingungen für die Abfertigung von Tieren in den dafür zuständigen Landkreisen durch erweiterte Berichtspflichten und Checklisten erhöhen. Der neue Erlass ergänzt das „Handbuch Tiertransporte”, das als bundesweit abgestimmte Handlungsgrundlage für die kommunalen Veterinärämter bereits detaillierte Hinweise zur Abfertigung von langen Beförderungen von Tieren gibt. Auch Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast musste vergangene Woche im Landtag einräumen, dass „das vollständige Verbot der Exporte von Wiederkäuern und Schweinen nicht länger haltbar” sei und die Landesregierung auf aktuelle Verwaltungsgerichtsentscheidungen reagieren müsse. „Ein Sofort-Stopp von Tiertransporten, wie es die Grünen fordern, ist in einem Rechtsstaat eben nicht so einfach machbar”, erklärte die Ministerin. Breits Anfang Januar sei deshalb ein neuer Erlass auf den Weg gebracht worden, der zwar Lebendtiertransporte grundsätzlich wieder möglich mache, zugleich aber den rechtlichen Handlungsspielraum für den Tierschutz maximal ausschöpfe.
Kälberproblem in Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg hat ein Verwaltungsgericht im Eilverfahren entschieden, dass ein Ende 2020 vom Landwirtschaftsministerium erlassenes Verbot für Langstreckentransporte von Kälbern aufgehoben werden muss. Meist männliche Kälber würden mangels guter Vermarktungsmöglichkeiten vor Ort nach Spanien verkauft, wo sie nicht selten nach einer Mast in Drittländer zur Schlachtung oder gar Schächtung gingen, berichtete die Landesbeauftragte für Tierschutz, Dr. Julia Stubenbord. Auf dem langen Weg nach Spanien von derzeit 21 Stunden bekämen die auf Milch oder Milchaustauscher angewiesenen Kälber nur ein bisschen Wasser und litten daher Durst und Hunger. „Wir müssen nun endlich die Verantwortung für diese Lebewesen übernehmen und ihnen diese enormen Belastungen ersparen”, betonte Stubenbord.
Auch rechtlich hält die Tierärztin die Transporte für nicht haltbar. Am besten wäre es, wenn diese Fragestellung dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt würde, da sie europäisches Tiertransportrecht betreffe. Zum anderen müsse ein  Umdenken stattfinden, indem Mast- und Vermarktungsmöglichkeiten für die Kälber aufgebaut und bei Verbrauchern  für den Kauf dieses Fleisches geworben werde.
Beamtete Tierärzte zu Tiertransporten
Der Bundesverband der beamteten Tierärzte (BbT) hat die jüngste Entschließung des Bundesrates für mehr Rechtssicherheit bei Verboten von Nutztiertransporten in problematische Drittländer begrüßt. Gerade die Abfertigung von Langstreckentransporten in weit entfernte Länder habe die Veterinärämter immer wieder vor Probleme gestellt, weil unabhängig von allgemeinen Belangen des Tierschutzes die Beurteilung der ordnungsgemäßen Versorgung der Tiere während des gesamten Transports extrem schwierig sei, teilte der Verband mit. „Wir fordern schon seit Jahren, dass die Transportrouten von übergeordneten Stellen geprüft werden. Im letzten Jahr haben wir gegenüber der Bundesregierung hierfür auch die EU-Kommission ins Spiel gebracht”, erklärte BbT-Präsident Dr. Holger Vogel. Der Verband unterstütze insbesondere die entsprechende Aufforderung des Bundesrates an die Bundesregierung, auf eine Zertifizierung der Routen und Versorgungsstellen durch EU-Organe hinzuwirken und den Mitgliedstaaten die Daten zur Verfügung zu stellen.