Politik | 14. November 2024

US-Bauernverbände reagieren vorsichtig

Von AgE
Zurückhaltend haben die beiden größten Bauernverbände in den USA auf den Wahlsieg von Donald Trump reagiert. Beide mahnten ein neues Agrargesetz an und warnten vor weiteren Belastungen. Kein Wort verloren sie über die Ankündigung Trumps, hohe Zölle auf Importe Chinas einzuführen.
Der Großstädter und Immobilienunternehmer Donald Trump kehrt zurück ins Weiße Haus und verspricht den Amerikanern bessere Zeiten. Bauernverbände erinnern daran, dass das auch für Farmer gelten müsse.
„Jetzt, da das amerikanische Volk gesprochen hat, ist es an der Zeit, die Politik beiseite zu lassen und sich an die Arbeit zu machen, um den Familien im ganzen Land Wohlstand zu sichern”, erklärte die American Farm Bureau Federation (AFBF). Als dringlichstes Problem betrachtet der Verband die Notwendigkeit eines neuen, modernisierten Landwirtschaftsgesetzes. Die zweijährige Verzögerung des „Farm Bill” sei inakzeptabel.
Verweis auf Arbeitskräftemangel
Darüber hinaus müsse sich die neue Regierung auch mit den drohenden Steuererhöhungen befassen. Diese würden viele landwirtschaftlichen Betriebe „erdrücken”. Schließlich verwies die AFBF auf den Arbeitskräftemangel in der Agrarbranche und die explodierenden Produktionskosten.
Ähnlich äußerte sich die National Farmers Union (NFU), die zweitgrößte Bauernorganisation in den USA. Sie stellte fest, dass die landwirtschaftlichen Familienbetriebe im ganzen Land mit noch nie dagewesenen Herausforderungen zu kämpfen hätten, angefangen bei den eskalierenden Betriebsmittelkosten und Wetterextremen. Auch die NFU beklagte, dass es kein neues Fünfjahres-Agrargesetz gegeben habe.
Kein Wort verloren beide Bauernverbände indes über die Ankündigung von Trump im Wahlkampf, er wolle im Fall seiner Wahl einen Zoll von 60 Prozent auf „alles” aus China und Zölle von zehn bis 20 Prozent auf alle anderen Importe erheben. Sollte Trump dies  wahr machen, drohen zwangsläufig Gegenmaßnahmen der betroffenen Länder, die dabei auch landwirtschaftliche Erzeugnisse aus den USA aufs Korn nehmen dürften.
Besonders brisant für die US-Landwirtschaft wäre dies im Fall Chinas. Die Volksrepublik kaufte 2023 Agrarprodukte aus den USA im Gesamtwert von gut 34 Milliarden Dollar (31,6 Milliarden Euro). Damit blieb sie trotz des auch preisbedingt deutlichen Rückgangs zum Vorjahr größter Exportmarkt für die amerikanische Landwirtschaft.
China „unersetzlich”
Exporteure und Händler haben China  als „unersetzlich” bezeichnet. Ein Einbruch der chinesischen Nachfrage wäre nicht auszugleichen, warnen sie.
Medienberichten zufolge schnitt Trump bei den Wählern im ländlichen Raum diesmal noch besser ab als bei seinem ersten Wahlsieg im Jahr 2016. Analysten machen dafür auch die Agrarpolitik unter Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris verantwortlich, die zu sehr auf sozial schwache Landbewohner und Minderheiten konzentriert gewesen sei.
Stimmung zuletzt überraschend besser
Derweil hatte sich die Stimmung der Landwirte im Oktober überraschend deutlich verbessert: Der Index des Agrarwirtschaftsbarometers der Purdue University und der CME Group stieg gegenüber dem Vormonat um 27 auf 115 Punkte. Der wichtigste Grund dafür war das gestiegene Vertrauen der Erzeuger in die Zukunft, denn der Index der Zukunftserwartungen erhöhte sich um 30 auf 124 Punkte.
Der Index der aktuellen Lage legte ebenfalls zu, allerdings nur geringfügig. Mit einem Wert von 95 bestätigte dieser, dass die Landwirte die wirtschaftlichen Bedingungen in diesem Jahr schlechter einschätzen als 2023 und schwächer als in den Basisjahren 2015 und 2016, die zu Beginn eines mehrjährigen Abschwungs der US-Landwirtschaft lagen. Die Oktober-Umfrage des Barometers fand vom 14. bis 18. Oktober 2024 statt.
Denkfabrik sieht in Trump auch Chancen
Eine erneute US-Präsidentschaft von Donald Trump ist aus Sicht der europäischen Landwirtschaft keinesfalls nur negativ zu bewerten. Darauf hat die Denkfabrik Farm Europe hingewiesen. Zwar räumt der Thinktank ein, dass insbesondere in Handelsfragen Konflikte zu erwarten sind. Zugleich sieht man  die Gelegenheit, den Green Deal zurück ans Reißbrett zu schicken und den Kurs der EU beim Klimaschutz zu korrigieren. Beides wird laut Farm Europe dringend geboten sein.
Das leitet die Denkfabrik aus  Elementen der europäischen Nachhaltigkeitsbemühungen ab:  Emissionshandelssystem (EU-ETS) und dem CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM).
Der Ausgleichsmechanismus soll dazu dienen, durch den Emissionshandel drohende Wettbewerbsnachteile für besonders betroffene Industriezweige auszugleichen, und zwar über Einfuhrabgaben auf die entsprechenden Produkte. Ab 2026 sollen nach derzeitigem Stand Zölle auf Importe von Düngemitteln, Zement, Eisen, Stahl, Aluminium, Strom und Wasserstoff erhoben werden.
Farm Europe geht allerdings davon aus, dass eine US-Regierung unter Trump derartige Zölle „höchstwahrscheinlich” nicht akzeptieren und Gegenmaßnahmen ergreifen würde. Andere wichtige Volkswirtschaften, etwa China, Indien und  das Vereinigte Königreich, dürften dem Beispiel der USA folgen. Somit wird sich die EU nach Einschätzung der Denkfabrik entscheiden müssen: Entweder den Green Deal umsetzen und damit große Teile der Industrie in Schwierigkeiten bringen oder zentrale Elemente des Vorhabens, allen voran ETS und CBAM, aussetzen.
Laut dem Thinktank sollte diese Gelegenheit genutzt werden, um Green Deal und Klimaschutz grundlegend zu überdenken und in Bahnen zu lenken, die weder strategische Unabhängigkeit noch Wohlstand gefährden.