Das dürfte auch Edward Snowden interessieren
Einer der wichtigsten Handwerker war der Wagner, auch Stellmacher genannt. Im Museum ist die komplette Werkstatt von Johann Lubberger zu sehen, dem letzten Wagner von Kork. Ein Wagner baute nicht nur Räder, Heuwagen oder Schubkarren. Er stellte auch Stiele für Äxte, Rechen, Sensen, Hacken her, generell alles, was aus Holz und wichtig für die Landwirtschaft war. An der Wand seiner Werkstatt sind all die verschiedenen Stiel-Arten zu sehen.
Der auffälligste Gegenstand ist eine mächtige eiserne Hobelbank. „Sie wiegt fast eine Tonne”, sagt Hans-Peter Schimpf. Er ist der Vorsitzende der „Lesegesellschaft 1821 Kork”, des Trägervereins des ehrenamtlich betriebenen Museums. Um die Hobelbank aufstellen zu können, musste der Boden des Raums verstärkt werden. Auf ihr liegt ein Auftragsbuch – das von Johann Lubberger. Darin sind alle Kunden verzeichnet mit allen ausgeführten Arbeiten, ebenso alle Material-Einkäufe, die der Wagner für seine Werkstatt machte. „Alles musste genau aufgezeichnet werden”, erklärt Schimpf. Denn bezahlt wurde einmal im Jahr, in der Regel gegen Jahresende, etwa am Stephanstag, dem Zweiten Weihnachtsfeiertag – der Heilige Stephan ist der Schutzpatron der Handwerker und Zimmerleute. Schimpf erklärt: „Erst wenn die Ernte eingebracht, Obst, Korn und Mastvieh verkauft waren, hatten die Landwirte Geld.” Hatte der Wagner kassiert, bezahlte er seinerseits alle Lieferanten. Mit dem, was übrig war, musste dann ein ganzes Jahr gewirtschaftet werden.
Fast alle Werkstätten sind „Originale”, die meist von den früheren Meistern oder deren Nachkommen dem Museum überlassen wurden.
Auch die Werkstatt von Jakob Örtel, Weber in Kork, ist weitgehend original eingerichtet, mit dem Webstuhl im Zentrum. Sie ist ergänzt um Modelle, anhand derer deutlich wird, wie aus Hanf und Lein Fasern gewonnen wurden: Die Pflanzenschäfte wurden gebrochen und die Fasern mit Hanfkämmen durchgebürstet, um die holzigen Stielteile zu entfernen. Erst danach konnte man spinnen und die Fäden verweben.
Auch die Arbeit des Seilers wird in diesem Raum dargestellt. Die in Kork angefertigten Seile wurden teils exportiert – als Taue für die Schifffahrt. Unmittelbar neben der Weberwerkstatt ist die des Färbers – ein kleines Fest fürs Auge, mit all den wunderschönen Mustern. Tiefes Rot und ein leuchtendes Blau sind die häufigsten Farben. Schimpf: „Man findet sie oft bei den Trachten, und fast immer bei der Militärkleidung aus jener Zeit, weil sie leicht herzustellen waren.” Färberwaid und Krapp – Pflanzen, aus denen man Blau und Rot gewann – seien früher um Kork herum sehr viel angebaut worden.
Es gibt Dinge zu sehen, deren Bedeutung in Vergessenheit geraten ist: etwa der Kummetleisten. Auf ihm fertigte der Sattler früher den Kummet an, das Halsgeschirr für Zugtiere. Oder – in der Werkstatt des Malers – Lasier- und Marmoriertechniken, die heute allenfalls noch Restaurateure beherrschen. Hoch interessant ist die Fachwerk-Sammlung des Museums, mit rund zwei Dutzend Hanauer Kniestockhäusern in Modellform – originalgetreu nachgebaut inklusive der Holznägel. Es handelt sich um Häuser, die es in Kork tatsächlich gibt. Sehenswert ist auch die Sammlung alter Wirtshausembleme.
In der Alpenregion heißt die Krankheit „die Fraisen”. In einer Vitrine sind „Fraisenkappen” mit dem Bild des Heiligen Valentin aufbewahrt. Bei einem „Grand Mal”, dem großen Anfall, wenn der Patient starr und verkrampf zu Boden fällt, hat man ihm die Kappe aufgesetzt. Der Heilige sollte die Krankheit bannen. „Häufig mit Erfolg”, wie Schneble ausführt, „weil nämlich der Anfall nicht länger als drei, vier Minuten dauert. Das heißt, er hätte so oder so gleich aufgehört. Aber man schrieb die Heilung der Macht Sankt Valentins zu.”