Land und Leute | 03. Juli 2019

Insekten entdecken und zur Ruhe finden

Von Sylvia Pabst
Dieses Mal ist bei beiden Zielen unserer Serie „Urlaub bei uns” für reichlich Muße gesorgt: Jenseits des pulsierenden Lebens in Freiburgs Altstadt und dennoch recht zentral lliegt der Alte Friedhof. Im Stadtteil Opfingen gibt es viel über Wildbienen und andere Insekten zu staunen.
Das reinste Blütenparadies: Unzählige Kräuter und Blumen bieten Nahrung für verschiedene Insekten.
Eine ganz besondere Blütenpracht lockt nach Opfingen. Am nördlichen Ortsausgang Richtung St. Nikolaus leuchten am Rand des Tunibergs je nach Jahreszeit Ringelblumen, Margeriten, Mohn, Wicken, Malven, Blutweiderich sowie Salbei, Borretsch und allerlei weitere Kräuter – eine wahre Augen- und Bienenweide.  Hier summt und brummt es ganz wunderbar. Denn der 2012 gegründete Arbeitskreis Wildbienen am Tuniberg des NABU-Freiburg hat hier  mit verschiedenen Schulklassen innerhalb von zwei Jahren ein ganz besonderes Biotop mit blühenden Lössböschungen, Hochbeeten und Blühstreifen angelegt: einen Wildbienen-Lehrgarten samt Trockenmauern und zahlreichen Nistmöglichkeiten. Seit Ende Mai ist er für Besucherinnen und Besucher offiziell eröffnet, die eigentlichen „Einheimischen” haben sich hier schon früher eingefunden: Sie „hören” auf Namen wie zum Beispiel Blaue Holzbiene, Hahnenfuß-Scherenbiene, Rostrote Mauerbiene, Keusche Kuckuckshummel oder Blauschillernde Sandbiene. Insgesamt sind hier schon rund 80 Wildbienenarten bestimmt worden, berichtet Dagmar Reduth als eine der Verantwortlichen. Ein großes Wildbienenhaus ermöglicht den Einblick in das Innere eines Nests und erklärt die Entwicklung vom Ei zur Puppe. Verschiedene Info-Tafeln geben zudem Einblick in das Leben der Wildbienen der Region. Auch Schmetterlinge, Käfer, Heuschrecken, Spinnen und Eidechsen lassen sich auf dem rund 20 Ar großen Gelände entdecken.
Übrigens: Das Engagement aller an der Anlage Beteiligten ist zweifelsfrei preiswürdig: So wurde das Projekt bereits mit dem Landesnaturschutzpreis 2018 ausgezeichnet, ebenso ging der erste Naturschutzpreis der Stadt Freiburg an den Arbeitskreis. Und nicht weit vom Lehrgarten und wenige Schritte von Walters Hofcafé steht ein Aussichtsturm, von dem sich ein Rundblick lohnt. Er liegt am Panoramaweg, der in etwa einer Viertelstunde zum Rathaus in Opfingen führt. Dort halten auch die Buslinie 32 (verkehrt zwischen Munzingerstraße und Paduaallee) und 33 (verkehrt zwischen Munzingerstraße und Munzingen). www.nabu-freiburg.de/projekte/ak-wildbienen/
 
 
Wildbienen sind sehr wichtig
Geht es um das Thema Bienensterben, zielt das in erster Linie auf Wildbienen und Hummeln. Sie alle nehmen im Ökosystem eine wichtige Rolle als Bestäuberinnen ein, aber auch als Futterquelle. Nach ihrem Tod werden sie zu organischer Substanz, aus der Humus entsteht. Bei Wildbienen beträgt der Bewegungsradius bis zu 500 Meter, bei den Solitärbienen unter ihnen nur bis zu 150 Meter. Fehlen in ihrem Aktionsradius Futterquellen, sprich die passenden blühenden Pflanzen, haben diese Insekten keine Überlebenschance, noch dazu, weil viele Arten auf nur eine Pflanze spezialisiert sind. Im Gegensatz zu ihnen können Honigbienen bis zu sechs Kilometern weit fliegen und sich daher leichter Futterquellen suchen. Klaus Wallner, Bienenexperte an der Uni Hohenheim, fordert daher schon lange ausreichend Blühstreifen im Ackerbau, die sich netzartig durch die Landschaft ziehen. 
Idyll nahe der Altstadt

Längst ist der Alte Friedhof in Freiburg zum Park geworden.
Vogelzwitschern, umherspringende Eichhörnchen, viel Grün, zahlreiche Sitzbänke – klare Sache, im Schwarzwald lässt sich das alles finden. Doch auch eine Großstadt wie Freiburg kann mit solch idyllischen Plätzen punkten – genau richtig, wenn der Einkaufsbummel oder die Besichtigungstour geschafft und ein wenig Ruhe gefragt ist. Nördlich der Freiburger Altstadt lädt entlang der Karl- und der Stadtstraße der Alte Friedhof, einst Hauptfriedhof der Stadt, zu einem entspannenden Besuch ein. Große Bäume wie Platanen, Ahorn oder Kastanie entlang der Wege wechseln sich mit grün-bunt bewachsenen Freiflächen ab. Dazwischen stehen gut 1000 Grabmale des 1872 aufgelassenen Friedhofs. Hier wurden fast zwei Jahrhunderte lang von 1683 an Freiburger Bürgerinnen und Bürger beigesetzt. Längst ist die knapp vier Fußballfelder große Fläche zur Parkanlage umgewidmet.
Im 2. Weltkrieg wurde die 1720 erbaute Michaelskapelle weitgehend zerstört, doch später originalgetreu wieder aufgebaut, zu besonderen Anlässen ist sie geöffnet. Vor ihr steht ein großes Friedhofskreuz, an dessen Fuß ein steinerner Totenkopf prangt. Angeblich verweist dieser Schädel auf einen Mord an einem Schmied. Dessen Frau soll ihn gemeinsam mit ihrem Geliebten umgebracht haben, indem sie dem Ehemann einen Nagel in den Kopf schlugen. Erst lang nach dessen Tod wurde das Verbrechen bei einer Umbettung offenbar, die Verantwortlichen wurden bestraft.
Wer geschichtlich interessiert ist, findet auf dem Alten Friedhof Gräber alter Adelsgeschlechter, etwa jener von Gleichenstein oder derer von Kageneck. Auch die Namen berühmter Männer wie des Rokoko-Künstlers Johann Christian Wentzinger oder des Gelehrten Joseph Anselm Feuerbach sind zu entdecken. Ein Muss ist der Besuch der mit der Nummer 956 bezeichneten Grabstätte von Caroline Walter (1850–1867) – hier liegt immer eine blühende Blume, wohl eine Fortsetzungsgeschichte, denn laut Volksmund soll ihr Geliebter nach ihrem frühen Tod täglich dort Blumen niedergelegt haben. Wer mehr zu den einzelnen Gräbern erfahren möchte, zum Beispiel auch, weil Inschriften auf den Holz-, Stein- oder Metallkreuzen und -grabmalen mittlerweile oft verwittert sind, kann das Internet zu Rate ziehen. Denn alle Grabstätten wurden inventarisiert und mit Nummern versehen, veröffentlicht von der „Gesellschaft der Freunde und Förderer des Alten Friedhofs”.
Der Alte Friedhof liegt in Freiburg hinter dem Landratsamt und ist zu Fuß vom nördlichen Ende der Kaiser-Joseph-Straße (Kajo)/Europaplatz in zehn Minuten über Friedrichring und Karlstraße erreichbar, per Bus, Linie 27, ab Europaplatz Richtung Herdern, Ausstieg Hochmeisterstraße. www.alter-friedhof-freiburg.de
 
Fahrpläne für Bus und Bahn: www.efa-bw.de oder www.bahn.de
 
Michaelskapelle mit Kreuz
An einem steinernen Grabmal
Am Grab von Caroline Walter, die sehr jung starb, liegen immer frische Blumen.