Bei der Novelle der Düngeverordnung stehen die Zeichen auf Kompromiss. Bund und Länder einigten sich auf Vorgaben für „rote Gebiete” mit hoher Nitratbelastung und Erleichterungen für übrige Gebiete. Betriebe bis 30 Hektar und solche mit geringem Viehbesatz sollen von Dokumentationspflichten entlastet werden.
Bei der Novelle der Düngeverordnung gibt es merkliche Fortschritte. Auf Länderseite ist sogar von einem „Durchbruch” die Rede.
Das verlautete nach einem Treffen der Staatssekretäre von Bundeslandwirtschafts- und Bundesumweltministerium sowie der Amtschefs der Länderagrarressorts am 9. März in Berlin. Während auf Länderseite von einem „Durchbruch” die Rede war, war man im Bundeslandwirtschaftsministerium vorsichtiger: Es seien „spürbare Fortschritte” erzielt worden. Allerdings gebe es noch „eine Reihe offener Fragen”.
Kernelement einer möglichen Verständigung sind strengere und verpflichtende Vorgaben für die „roten Gebiete” mit einer erhöhten Nitratbelastung des Grundwassers auf der einen sowie mehr Flexibilität in den übrigen Gebieten auf der anderen Seite. Damit will man nicht zuletzt den Wünschen der EU-Kommission Rechnung tragen.
Vorschlag aus Baden-Württemberg
Nach einem Vorschlag Baden-Württembergs sollen die
Erleichterungen außerhalb der „roten Gebiete” insbesondere kleineren und
extensiv wirtschaftenden Betrieben zugutekommen.
Entgegenkommen signalisierten die Amtschefs der grünen Ministerien beim
Bestandsschutz für Anlagen zur Lagerung von Jauche, Gülle und
Sickersäften (JGS-Anlagen) in der Anlagenverordnung. Im Gegenzug
verlangen sie die Möglichkeit des Abgleichs von Düngedaten mit den Daten
anderer Herkünfte.
Die Frage des Datenabgleichs ist für die grüne Seite offenbar von
elementarer Bedeutung, wie sie mit ihrem in Aussicht gestellten
Entgegenkommen bei der Anlagenverordnung zum Ausdruck bringen. Die
grünen Ministerien bestehen auf einer Möglichkeit, insbesondere die
Daten aus dem Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem (InVeKos)
sowie die Daten des staatlichen Herkunftssicherungs- und
Informationssystems für Tiere (HIT) mit den Düngedaten abgleichen zu
können. Dies sei die Voraussetzung, so die Begründung, ein möglichst
vollständiges Bild über den Anfall und den Verbleib des
Wirtschaftsdüngers in den Betrieben zu bekommen.
Bei Phosphat noch kein Einvernehmen
Das Bundeslandwirtschaftsministerium prüft nach
eigenen Angaben, ob ein Datenabgleich rechtlich zulässig ist. Als
Voraussetzung müsste ohnehin das Düngegesetz geändert werden. Dies gilt auch für die ab 2018 vorgesehene Einführung einer Hoftorbilanz sowie
für eine Einbeziehung von Gärrückständen in die Obergrenze von 170 kg
N/ha.
Noch kein Einvernehmen besteht den Angaben zufolge über eine Begrenzung
der Phosphatdüngung. Hier besteht das Bundesumweltministerium auf einer
strengen Regelung in der Düngeverordnung, während das Agrarressort
nicht hinnehmen will, dass dadurch die Veredlung in bestimmten Regionen
gefährdet wird. Strittig ist auch eine Herausnahme des Komposts aus der
Düngeverordnung.
Maßnahmenmix für die „roten Gebiete”
Die „roten Gebiete”
weisen laut Verordnungsentwurf einen Gehalt von mehr als 50 mg Nitrat
je Liter Grundwasser oder 40 mg Nitrat bei steigender Tendenz auf. In
diesen Gebieten sollen die Länder aus einem Maßnahmenmix auswählen, auf
den man sich in der vorigen Woche weitgehend verständigt hat. Unter
anderem sollen der Kontrollwert für den Stickstoffüberschuss auf 40
kg/ha ab 2018 abgesenkt, Nmin-Untersuchungen vorgeschrieben und
Abstandsregelungen verschärft werden können.
Gleichzeitig sollen die Länder aber extensiv wirtschaftende Betriebe in
„roten Gebieten” von diesen zusätzlichen Auflagen ausnehmen können. In
den übrigen Gebieten sollen Betriebe bis 30 Hektar landwirtschaftlich
genutzter Fläche (LF), bis 1,4 Großvieheinheiten/ha und einer
Stickstoffausbringung von maximal 110 kg/ha von den Aufzeichnungs- und
Dokumentationspflichten und der Nährstoffbilanzierung ausgenommen
werden. Zudem sollen die Sperrfrist für die Ausbringung von Festmist auf
einen Monat verkürzt und die Mindestlagerkapazität für Festmist auf
zwei Monate verringert werden. Entschärft werden sollen Vorgaben für die
Ausbringungstechnik in Mittelgebirgslagen.
DBV: „Erster Anfang”
Der
Deutsche Bauernverband (DBV) reagierte in einer ersten Stellungnahme
zurückhaltend auf die Annäherung. Er begrüßte die vorgesehenen
Erleichterungen von Dokumentationspflichten als einen „ersten Anfang”
in dem Ziel, nicht alle Betriebe mit schärferen Auflagen zu überziehen.
Allerdings müsse noch an weiteren Stellen Abstand von Verschärfungen
genommen werden, etwa bei der nicht umsetzbaren und komplizierten Form
der Düngebedarfsermittlung und der plausibilisierten Flächenbilanz für
Betriebe mit Grünland.
Weiterhin nicht akzeptabel ist für den DBV eine generelle Ausdehnung der
Sperrfristen. Kritisch sieht der Bauernverband die vorgesehene Option
für die Länder, in bestimmten Gebieten weitergehende Verschärfungen
vorzunehmen. Damit entzögen Bund und Länder dem kooperativen
Gewässerschutz zunehmend die Basis. Positiv wertet der DBV die
Bereitschaft der Länder, JGS-Anlagen bei der Anlagenverordnung
Bestandsschutz zu gewähren. Allerdings dürfe dies nicht mit der Frage
des Datenabgleichs im Rahmen der Düngeverordnung vermengt werden. Einen
„gläsernen Landwirt” lehnt der Bauernverband weiter entschieden ab.
BLHV: Reimer hat Wort gehalten
Am 5. März hat die BLHV-Landesversammlung in Bad Dürrheim-Öfingen die Resolution „Auf unnötige Bürokratie verzichten” zur geplanten Novelle der Düngeverordnung und zur vorgesehenen Anlagenverordnung verabschiedet (siehe BBZ 11/15, Seite 6).
Wolfgang Reimer, Amtschef im Stuttgarter Landwirtschaftsministerium, versprach in Öfingen, die Kernforderungen des BLHV beim zwischenzeitlich erfolgten Treffen der Amtschefs einzubringen (siehe Bericht oben). „Reimer hat Wort gehalten”, teilt der BLHV anerkennend mit. Baden-Württemberg habe wesentliche Erleichterungen für die Dünge- und die Anlagenverordnung eingebracht und für Akzeptanz auf der Agrarseite gesorgt.
Der BLHV macht darauf aufmerksam, dass weitere Abstimmungen insbesondere mit der Umweltseite und der EU-Kommission noch ausstehen.