Politik | 19. März 2015

Strenger nur in „roten Gebieten”

Von AgE
Bei der Novelle der Düngeverordnung stehen die Zeichen auf Kompromiss. Bund und Länder einigten sich auf Vorgaben für „rote Gebiete” mit hoher Nitratbelastung und Erleichterungen für übrige Gebiete. Betriebe bis 30 Hektar und solche mit geringem Viehbesatz sollen von Dokumentationspflichten entlastet werden.
Bei der Novelle der Düngeverordnung gibt es merkliche Fortschritte. Auf Länderseite ist sogar von einem „Durchbruch” die Rede.
Das verlautete nach einem Treffen der Staatssekretäre von Bundeslandwirtschafts- und Bundesumweltministerium sowie der Amtschefs der Länderagrarressorts am 9. März in Berlin. Während auf Länderseite von einem „Durchbruch” die Rede war, war man im Bundeslandwirtschaftsministerium vorsichtiger: Es seien  „spürbare Fortschritte” erzielt worden. Allerdings gebe es noch „eine Reihe offener Fragen”.
Kernelement einer möglichen Verständigung sind strengere und verpflichtende Vorgaben für die „roten Gebiete” mit einer erhöhten Nitratbelastung des Grundwassers auf der einen sowie mehr Flexibilität in den übrigen Gebieten auf der anderen Seite. Damit will man nicht zuletzt den Wünschen der EU-Kommission Rechnung tragen.
Vorschlag aus Baden-Württemberg
Nach einem Vorschlag Baden-Württembergs sollen die Erleichterungen außerhalb der „roten Gebiete” insbesondere kleineren und extensiv wirtschaftenden Betrieben zugutekommen.
Entgegenkommen signalisierten die Amtschefs der grünen Ministerien beim Bestandsschutz für Anlagen zur Lagerung von Jauche, Gülle und Sickersäften (JGS-Anlagen) in der  Anlagenverordnung. Im Gegenzug verlangen sie die Möglichkeit des Abgleichs von Düngedaten mit den Daten anderer Herkünfte.
Die Frage des Datenabgleichs ist für die grüne Seite offenbar von elementarer Bedeutung, wie sie mit ihrem in Aussicht gestellten Entgegenkommen bei der Anlagenverordnung zum Ausdruck bringen. Die grünen Ministerien bestehen auf einer Möglichkeit, insbesondere die Daten aus dem Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem (InVeKos) sowie die Daten des staatlichen Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere (HIT) mit den Düngedaten abgleichen zu können. Dies sei die Voraussetzung, so die Begründung, ein möglichst vollständiges Bild über den Anfall und den Verbleib des Wirtschaftsdüngers in den Betrieben zu bekommen.
Bei Phosphat noch kein Einvernehmen
Das Bundeslandwirtschaftsministerium prüft nach eigenen Angaben, ob ein Datenabgleich rechtlich zulässig ist. Als Voraussetzung müsste ohnehin das Düngegesetz geändert werden. Dies gilt  auch für die  ab 2018 vorgesehene Einführung einer Hoftorbilanz sowie für eine Einbeziehung von Gärrückständen in die Obergrenze von 170 kg N/ha.
Noch kein Einvernehmen besteht den Angaben zufolge über eine Begrenzung der Phosphatdüngung. Hier besteht das Bundesumweltministerium  auf einer strengen Regelung in der Düngeverordnung, während das Agrarressort nicht hinnehmen will, dass dadurch die Veredlung in bestimmten Regionen gefährdet wird. Strittig ist auch eine Herausnahme des Komposts aus der Düngeverordnung.
Maßnahmenmix für die „roten Gebiete”
Die „roten Gebiete” weisen laut  Verordnungsentwurf einen Gehalt von mehr als 50 mg Nitrat je Liter Grundwasser oder 40 mg Nitrat bei steigender Tendenz auf. In diesen Gebieten sollen die Länder aus einem Maßnahmenmix auswählen, auf den man sich in der vorigen Woche weitgehend verständigt hat. Unter anderem sollen der Kontrollwert für den Stickstoffüberschuss auf 40 kg/ha ab 2018 abgesenkt, Nmin-Untersuchungen vorgeschrieben und Abstandsregelungen verschärft werden können.
Gleichzeitig sollen die Länder aber extensiv wirtschaftende Betriebe in „roten Gebieten” von diesen zusätzlichen Auflagen ausnehmen können. In den übrigen Gebieten sollen Betriebe bis 30 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF), bis 1,4 Großvieheinheiten/ha und einer Stickstoffausbringung von maximal 110 kg/ha von den Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten und der Nährstoffbilanzierung ausgenommen werden. Zudem sollen die Sperrfrist für die Ausbringung von Festmist auf einen Monat verkürzt und die Mindestlagerkapazität für Festmist auf zwei Monate verringert werden. Entschärft werden sollen Vorgaben für die Ausbringungstechnik in Mittelgebirgslagen.
DBV: „Erster Anfang”
Der Deutsche Bauernverband (DBV) reagierte in einer ersten Stellungnahme zurückhaltend auf die Annäherung. Er begrüßte die vorgesehenen Erleichterungen  von Dokumentationspflichten als einen „ersten Anfang” in dem Ziel, nicht alle Betriebe  mit schärferen Auflagen zu überziehen. Allerdings müsse noch an weiteren Stellen Abstand von Verschärfungen genommen werden, etwa bei der nicht umsetzbaren und komplizierten Form der Düngebedarfsermittlung und der plausibilisierten Flächenbilanz für Betriebe mit Grünland.
Weiterhin nicht akzeptabel ist für den DBV eine generelle Ausdehnung der Sperrfristen. Kritisch sieht der Bauernverband die vorgesehene Option für die Länder, in bestimmten Gebieten weitergehende Verschärfungen vorzunehmen. Damit entzögen Bund und Länder dem kooperativen Gewässerschutz zunehmend die Basis. Positiv wertet der DBV die Bereitschaft der Länder, JGS-Anlagen bei der Anlagenverordnung Bestandsschutz zu gewähren. Allerdings dürfe dies nicht mit der Frage des Datenabgleichs im Rahmen der Düngeverordnung vermengt werden. Einen „gläsernen Landwirt” lehnt der Bauernverband weiter entschieden ab.
BLHV: Reimer hat Wort gehalten
Am 5. März hat die BLHV-Landesversammlung in Bad Dürrheim-Öfingen die Resolution „Auf unnötige Bürokratie verzichten” zur geplanten Novelle der Düngeverordnung und zur vorgesehenen Anlagenverordnung verabschiedet (siehe BBZ 11/15, Seite 6). 
Wolfgang Reimer, Amtschef im Stuttgarter Landwirtschaftsministerium, versprach in Öfingen, die Kernforderungen des BLHV beim zwischenzeitlich erfolgten Treffen der Amtschefs einzubringen (siehe Bericht oben). „Reimer hat Wort gehalten”, teilt der BLHV anerkennend mit. Baden-Württemberg habe wesentliche Erleichterungen für die Dünge- und die Anlagenverordnung eingebracht und für Akzeptanz auf der Agrarseite gesorgt.
Der BLHV macht darauf aufmerksam, dass weitere Abstimmungen insbesondere mit der Umweltseite und der EU-Kommission noch ausstehen.