Politik | 02. März 2017

Streitthema Umschichtung

Von AgE
Die politische Auseinandersetzung um eine höhere Umschichtung von der Ersten in die Zweite Säule nimmt Fahrt auf. Den Anlass dafür haben die Stellungnahmen der Fachausschüsse des Bundesrats zu einem Entwurf zur Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes gegeben.
Geld von der Ersten in die Zweite Säule umschichten? Und wenn ja, wieviel? Die politische Diskussion darum ist im Wahljahr angelaufen.
Zunächst plädierte der Agrarausschuss der Länderkammer am 20. Februar für eine Anhebung des geltenden Satzes von 4,5 Prozent auf sechs Prozent. Überraschend votierte der Umweltausschuss vier Tage später mit knapper Mehrheit für die im Gesetzentwurf vorgesehene Umverteilung von 15 Prozent der Direktzahlungen. Welche Position der Bundesrat angesichts der unterschiedlichen Voten in seiner Sitzung am 10. März einnimmt, ist  offen.
Klar scheint allerdings, dass die Gesetzesinitiative vom Bundestag wohl nicht aufgegriffen wird. In einer gemeinsamen Erklärung erteilten die stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Gitta Connemann, der agrarpolitische Sprecher Franz-Josef Holzenkamp sowie CSU-Agrarsprecherin Marlene Mortler einer höheren Umschichtung  in der laufenden Förderperiode eine Absage. Zuvor hatte sich bereits der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, gegen eine höhere Umschichtung ausgesprochen. Dagegen hatte der stellvertretende Vorsitzende der Familienbetriebe Land und Forst (FabLF) und Vizepräsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Hubertus Paetow, die Agrarausschussforderung nach einer maßvollen Mittelanhebung für die Zweite Säule begrüßt.
Widersprüchliches Stimmverhalten
Dass der Agrarausschuss deutlich hinter der schleswig-holsteinisch-niedersächsischen Forderung nach einer 15-prozentigen Umschichtung zurückblieb, geht auf einen gemeinsamen Antrag von Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt zurück. Während dieser Antrag mit der Forderung nach einer Sechs-Prozent-Umschichtung von den Agrariern mit klarer Mehrheit angenommen wurde, fand er im Umweltausschuss keine Mehrheit. Bemerkenswert  war das widersprüchliche Abstimmungsverhalten einiger Länder: Während die Vertreter des Umwelt- und Landwirtschaftsressorts von Hessen und Nordrhein-Westfalen im Agrarausschuss für eine Umschichtung von sechs Prozent stimmten, stimmten sie im Umweltausschuss dagegen und votierten stattdessen für 15 Prozent. Gegen die 15 Prozent stimmten im Umweltausschuss Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und das Saarland. Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz enthielten sich.
Die Bundesregierung muss der Europäischen Kommission bis  1. August mitteilen, ob sie mehr Mittel in die Zweite Säule umschichten will. Die Regierung selbst hat dazu noch keine eigene Position. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass die Ressorts darüber „ergebnisoffen” verhandeln. Gelten würde ein etwaiger höherer Satz zunächst  2019 und 2020.
Connemann, Holzenkamp und Mortler kritisierten eine „Phantomdiskussion” zur Unzeit. Nach den beiden zurückliegenden wirtschaftlich schwierigen Jahren könne gegenwärtig kein Hof in Deutschland „auf nur einen Euro verzichten”. „Jeder Eingriff in die Erste Säule jetzt würde die Axt an die Existenz vieler Betriebe legen”, warnten die Unionsabgeordneten. Gleichzeitig sprechen sie sich im Hinblick auf die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nach 2020 allerdings für eine grundsätzliche Diskussion darüber aus, wie künftig die Entlohnung von Umwelt-, Natur- und Gesellschaftsleistungen der Landwirtschaft in Deutschland erfolgen soll.
„Wir wissen um die Probleme auch in der Ersten Säule”, stellen die Unionspolitiker fest. So werde zurzeit ein Teil der Mittel direkt vom Pächter an den Verpächter weitergegeben. Die Frage, wer die öffentlichen Leistungen der Landwirtschaft entlohne, könne aber nicht allein mit der GAP beantwortet werden.
Kritik an einer höheren Umschichtung kam auch von den Liberalen. Der Vorsitzende der FDP-Agrarsprecher aus den Landtagen und landwirtschaftspolitische Sprecher der baden-württembergischen FDP/DVP-Fraktion,  Friedrich Bullinger, bezeichnete die Forderungen nach einer Kürzung der Direktzahlungen angesichts der nach wie vor angespannten Liquidität der meisten Betriebe als verantwortungslos.