Dass der Agrarausschuss deutlich hinter
der schleswig-holsteinisch-niedersächsischen Forderung nach einer
15-prozentigen Umschichtung zurückblieb, geht auf einen gemeinsamen
Antrag von Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt zurück. Während dieser
Antrag mit der Forderung nach einer Sechs-Prozent-Umschichtung von den
Agrariern mit klarer Mehrheit angenommen wurde, fand er im
Umweltausschuss keine Mehrheit. Bemerkenswert war das widersprüchliche
Abstimmungsverhalten einiger Länder: Während die
Vertreter des Umwelt- und Landwirtschaftsressorts von Hessen und
Nordrhein-Westfalen im Agrarausschuss für eine Umschichtung von sechs
Prozent stimmten, stimmten sie im Umweltausschuss dagegen und votierten
stattdessen für 15 Prozent. Gegen die 15 Prozent stimmten im
Umweltausschuss Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und
das Saarland. Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz
enthielten sich.
Die Bundesregierung muss der Europäischen Kommission bis 1. August
mitteilen, ob sie mehr Mittel in die Zweite Säule umschichten will. Die
Regierung selbst hat dazu noch keine eigene Position. Der
Koalitionsvertrag sieht vor, dass die Ressorts darüber „ergebnisoffen”
verhandeln. Gelten würde ein etwaiger höherer Satz zunächst 2019 und
2020.
Connemann, Holzenkamp und Mortler kritisierten eine „Phantomdiskussion”
zur Unzeit. Nach den beiden zurückliegenden wirtschaftlich schwierigen
Jahren könne gegenwärtig kein Hof in Deutschland „auf nur einen Euro
verzichten”. „Jeder Eingriff in die Erste Säule jetzt würde die Axt an
die Existenz vieler Betriebe legen”, warnten die Unionsabgeordneten.
Gleichzeitig sprechen sie sich im Hinblick auf die Gemeinsame
Agrarpolitik (GAP) nach 2020 allerdings für eine grundsätzliche
Diskussion darüber aus, wie künftig die Entlohnung von Umwelt-, Natur-
und Gesellschaftsleistungen der Landwirtschaft in Deutschland erfolgen soll.
„Wir wissen um die Probleme auch in der Ersten Säule”, stellen die
Unionspolitiker fest. So werde zurzeit ein Teil der Mittel direkt vom
Pächter an den Verpächter weitergegeben. Die Frage, wer die öffentlichen
Leistungen der Landwirtschaft entlohne, könne aber nicht allein mit der
GAP beantwortet werden.
Kritik an einer höheren Umschichtung kam auch von den Liberalen. Der
Vorsitzende der FDP-Agrarsprecher aus den Landtagen und
landwirtschaftspolitische Sprecher der baden-württembergischen
FDP/DVP-Fraktion, Friedrich Bullinger, bezeichnete die Forderungen nach
einer Kürzung der Direktzahlungen angesichts der nach wie vor
angespannten Liquidität der meisten Betriebe als verantwortungslos.