Pflanzenbau | 10. November 2016

Straßenbereifung für Traktoren

Von Richard Grünewald
Möglichkeiten, um Geld einzusparen, sind stets willkommen. Der Winzer Richard Grünewald aus Worms-Horchheim hat einen Schlepper für Straßenfahrten mit Industriereifen ausgestattet anstelle der üblichen Stollenreifen. Sie sparen Sprit und sollen länger halten, kosten aber auch mehr.
Bei Transportarbeiten tun sich Schlepper mit Industriereifen leichter.
Grünewald fasst die Motivation für den Reifenwechsel wie folgt zusammen: „Für unser Weingut ist das Streben nach möglichst nachhaltigem Wirtschaften die Leitlinie, die uns bei allen Investitionen begleitet. Ein aktuelles Ergebnis ist die im Folgenden beschriebene, noch ungewöhnliche Bereifung. Der Praxisbericht könnte für Kollegen und somit Leser der Badischen Bauern Zeitung von Interesse sein.”
Transportarbeiten nehmen weiter zu
In vielen Weingütern laufen neben Schmalspurschleppern auch noch Ackerschlepper. Obwohl Weinbergschlepper immer leistungsfähiger werden, fahren sich Anhänger von acht und mehr Tonnen mit einem Schlepper auf breiter Spur eben doch sicherer und übersichtlicher. Auf reinen Weingütern ohne Ackerbau rollen diese eher großen Traktoren die allermeisten Betriebsstunden auf Straßen und Wegen statt auf den Feldern  – und das mit zunehmender Tendenz.
Denn die Transportleistung nimmt in allen Betrieben aus mehreren Gründen zu: Mit steigender Betriebsgröße liegen Flächen oft weiter entfernt. Die Dichte der Landhändler nimmt ab und somit steigen die Einkaufs- und Absatzwege. Zunehmend werden auch Trauben vermarktet und das über größere Entfernungen. Auch erleichtert die steigende Endgeschwindigkeit von 40, 50 oder gar 60 km/h weitere Fahrten.
An die Bereifung von Schleppern, die viel oder überwiegend zum Transport verwendet werden, werden normalerweise keine Überlegungen verschwendet – warum auch? Die Maschinen sind ohnehin bereift und wenn ein neuer Reifensatz fällig ist, kommt halt wieder das gleiche Format drauf.
Dabei gibt es Alternativen, die Vorteile bieten. Straßenreifen, die korrekt als Industriereifen bezeichnet werden, halten allmählich Einzug bei Transportarbeiten, vor allem bei Lohnunternehmen. Diese Reifen sind nicht mit den MPT-Profilen zu verwechseln, die der eine oder andere vielleicht vom Unimog her kennt. Während der überwiegend für kleinere Raddurchmesser lieferbare MPT (Multi Purpose Tire) ein Mehrzweckreifen ist und somit einen Kompromiss zwischen Acker- und Straßenanforderungen darstellt, zielt der Industriereifen auf Transporteinsätze. Dort ist er dem klassischen Ackerreifen hinsichtlich Haltbarkeit, Kraftstoffverbrauch und Fahrstabilität überlegen.
Unterschiede
Der Industriereifen (links) weist anstelle der üblichen schrägen Stollen ein Blockprofil auf, das dichter angeordnet ist und somit die Aufstandsfläche vergrößert und die Abnutzung verlangsamt.
Der Industriereifen weist anstelle der üblichen schrägen Stollen ein Blockprofil auf, das dichter angeordnet ist und somit die Aufstandsfläche vergrößert und die Abnutzung verlangsamt. Straßenreifen sind steifer, walken weniger und werden mit höherem Luftdruck gefahren, was den Abrollwiderstand senkt und zu einer stabileren Straßenlage führt.
Aus Deutschland gibt es zwei Vergleichstests der FH Kiel aus dem Jahr 2013 und der TU München von 2015. Sie kommen im Vergleich von AS-Reifen zu Industriereifen zu folgenden Ergebnissen:
  • rund 10 % geringerer Verbrauch bei Straßenfahrt
  • etwa dreifach längere Nutzungsdauer
  • Fahrverhalten: ruhiger, stabiler Lauf, kurze Bremswege
Näheres zu den Untersuchungen unter www.landtechnik-online.eu > Zeitschrifteninhalte > Suche > Eingabe: „Reifenvergleich”. Ein Video der TU München ist verfügbar unter www.fendt.com/de/15130.asp.
Praxisbericht
In unserem Weingut wurde der 40 Jahre alte Transportschlepper ersetzt. Obwohl er nur beim Traubentransport häufiger eingesetzt worden war, war die Ackerbereifung bemerkenswert schnell abgefahren. Die gebrauchte Nachfolgemaschine war mit gängiger AS-Bereifung versehen, die wir zurückgeben konnten. Angeregt durch Kommunalversionen des Schleppers wurde er mit neuen Felgen und Industriebereifung ausgestattet. Die Kosten hätten gemäß Listenpreis knapp beim Doppelten der Standardbereifung gelegen. In Süddeutschland und Österreich konnte deutlich günstiger eingekauft werden, da die Bereifung bei dortigen Grünlandbetrieben beliebt ist. Aufgrund der in den oben erwähnten Tests ermittelten dreifachen Haltbarkeit erwarten wir über die Nutzungsdauer einen deutlichen Kostenvorteil, abgesehen von der Treibstoffeinsparung und somit auch Emissionsreduzierung. Ziel waren auch Vorteile für Gesundheit und Komfort durch mehr Laufruhe.
Nach der Umbereifung waren die Unterschiede im Fahrverhalten auffällig: Der Schlepper wirkte ruhiger und dennoch agiler, die Lenkung leichtgängiger, die 95-PS-Maschine insgesamt handlicher. Vor allem das Aufschaukeln bei höheren Geschwindigkeiten entfiel. Aus Komfortgründen wurde der Luftdruck von 2,5 auf 1,5 bar reduziert, da keine schweren Anbaugeräte gefahren werden.
Straßenreifen sind besonders dann im Vorteil, wenn ein Schlepper ganz überwiegend für Transportfahrten eingesetzt wird.