Politik | 24. Juni 2021

Strafzölle beidseitig ausgesetzt

Von AgE
Im Handelsstreit um die Subventionen für die Flugzeughersteller Airbus und Boeing haben sich die EU und die USA auf einen Kompromiss geeinigt. Am Rande des EU-USA-Gipfels in Brüssel verständigten sich beide Seiten darauf, die Strafzölle für fünf Jahre auszusetzen.
Boxhandschuhe fürs Erste ausgezogen: Die Einigung zwischen der EU und den USA im Handelsstreit hat in der Politik und bei Branchenvertretern durchweg für Erleichterung gesorgt.
US-Präsident Joe Biden teilte mit, dass man außerdem vereinbart habe, gegen das chinesische Gebaren in der Handelspolitik zusammenzuarbeiten. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, zeigte sich erfreut, dass die transatlantische Partnerschaft nach den intensiven Bemühungen jetzt wieder Fahrt aufnehme.
Auch Agrarsektor hat gelitten
Die Einigung hat nicht nur in der Politik, sondern auch auf Seiten der EU-Agrarwirtschaft für Erleichterung gesorgt.  Denn unter dem fast 17 Jahre währenden Konflikt hatte zuletzt auch der Agrarsektor gelitten, auf europäischer Seite insbesondere die Weinbranche. In der Auseinandersetzung hatten beide Seiten Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) eingereicht und auch jeweils Recht bekommen. Von der WTO hatten die USA die Erlaubnis erhalten, Strafzölle in Höhe von 7,5 Milliarden (Mrd.)  $ (6,15 Mrd. Euro) gegen Waren und Dienstleistungen aus der EU zu verhängen. Von den vom früheren US-Präsidenten Donald Trump erhobenen Zöllen waren neben Flugzeugteilen auch Nahrungsmittel betroffen. So wurde auf Schweinefleisch und Milchprodukte – darunter Käse −, ferner auf Olivenöl, Weine und Dosenobst ein Strafzoll erhoben. Im Herbst 2020 erließ Washington noch Abgaben auf weitere Weine und auf Spirituosen aus der EU.
Mitte Oktober 2020 erlaubte ein WTO-Urteil dann der Europäischen Union, bis zu rund 3,4 Mrd. Euro an Strafzöllen auf Einfuhren aus den USA zu erheben. Wenige Wochen später verhängte Brüssel zusätzliche Abgaben, unter anderem auf Tomatenketchup, Wein, Nüsse, Schokolade und gefrorenen Fisch aus den USA. Auch Traktoren waren davon betroffen.
Wenige Wochen nach Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Biden hatten beide Seiten im März vereinbart, die im Zusammenhang mit dem Airbus-Boeing-Handelskonflikt erhobenen Strafzölle zunächst für vier Monate auszusetzen.
Druck aus den Branchen
Mit Blick darauf, dass dieses Moratorium im Juli ausgelaufen wäre, hatten zahlreiche Branchenverbände, darunter auch die EU-Dachverbände der Landmaschinenindustrie  sowie der Getreidehändler  und der US-Weinhandelsverband, eine zügige Einigung in dem Streit angemahnt. Die transatlantischen Beziehungen seien von enormer wirtschaftlicher Bedeutung und müssten deshalb geschützt und gepflegt werden, so die Argumentation der Verbände.
Nach Angaben der EU-Kommission waren von den US-Strafzöllen im Fall Airbus 19 Produktkategorien – neben Flugzeugen vor allem Weine und Spirituosen sowie Milchprodukte und Maschinen – im Wert von umgerechnet 6,15 Mrd. Euro betroffen. Die Zollhöhe auf Lebensmittel habe  25 Prozent
betragen und auf Flugzeugteile 15 Prozent. Insgesamt seien von US-Importeuren für den Kauf entsprechender EU-Produkte rund 2,2 Mrd. $ (1,8 Mrd. Euro) an Zöllen gezahlt worden. Von den Gegenmaßnahmen der EU im Fall Boeing seien 130 Produktkategorien – darunter Flugzeuge, Nüsse, Tabakwaren, Spirituosen und Traktoren – im Wert von 4 Mrd. $ (3,3 Mrd. Euro) mit Abgaben belegt worden, berichtete die Kommission. Auch hier habe die Zollhöhe auf Lebensmittel 25 Prozent betragen. EU-Importeure hätten für den Bezug von Waren aus den USA umgerechnet etwa 0,9 Mrd. Euro an Strafzöllen gezahlt.