Pflanzenbau | 02. April 2015

Steile Hänge richtig zu beweiden, ist eine Kunst

Von Jürgen Neumaier, LWA Offenburg
Die Weidewirtschaft ist für arrondierte Betriebe dank geringerer Futterkosten und arbeitswirtschaftlicher Vorteile nach wie vor ein profitables System. Werden auch steile Hänge beweidet, so müssen jedoch bei der Planung der Weidesaison einige zusätzliche Aspekte beachtet werden.
In Steillagen ist die Nachsaat von Teilflächen oft Handarbeit. Dieses Handsägerät namens „Shoulder Broadcast Spreader” fasst etwa 6 kg Saatgut. Nimmt man es bei der Weidekontrolle ab und zu mit, dann können kleine Fehlstellen spontan repariert werden.
Hangneigungen von 35–50 % markieren für die Milchkühe die Grenzen der „bequemen” Weide. Vor allem wenn das Gelände in sich unterschiedlich ist, bleiben die ungünstigen Flächen ungenutzt und verändern sich dann auch in der botanischen Zusammensetzung und Aufwuchsqualität. Daher bleiben die steilen Flächen den Mutterkühen und dem Jungvieh von möglichst leichtgewichtigen Rassen vorbehalten.
 Generell sind bei der Planung der Weidesaison die folgenden Punkte zu beachten:
  • Je kürzer und jünger der Aufwuchs, desto zuckerhaltiger und damit schmackhafter ist er für die Tiere. Bei der Frühjahrstrockenheit 2014 haben diese die Kurzrasenflächen teilweise bis auf 3 cm Wuchshöhe „heruntergefressen”. Trotzdem ließ sich die Milchleistung einigermaßen auf dem Niveau halten. Interessant war, dass sich diese Weideflächen am schnellsten wieder erholten und ohne Narbenschäden produktiv blieben.
  • Das Abfressen der jungen Triebe selektiert die Flora auf  die zu schnellem Nachtrieb fähigen Pflanzen (Weidelgras, Weißklee, Wiesenrispe, Gemeine Rispe, Knaulgras). Dadurch stellen sich eine schnell nachwachsende Weideflora  und damit ein sich annähernd selbst pflegendes System ein.
  • Durch häufige Nutzung und den richtigen Viehbesatz die Höhe des Aufwuchses zu regeln, gehört zu den anspruchsvollen Aufgaben des Weidemanagers. Wechselnde Witterungsbedingungen (Temperatur, Regenperioden, Trockenheit) erschweren die Planung und verlangen spontane Entscheidungen.
  • Eine kurze Narbe ist sehr tolerant gegenüber Tritt und Biss. Sie verkraftet auch  Witterungsextreme besser als spätere Entwicklungsstadien. Es war im Frühjahr und Frühsommer 2014 beeindruckend zu sehen, wie rasch  Kurzrasenweiden wieder voll leistungsfähig waren.
  • Für lange Nässeperioden sollte flachere Flächen bereitgehalten werden.
  • Steile Hänge sollten großflächiger und häufiger beweidet werden. So  lassen sich  Trittschäden und Futterverderb vermindern.  
Verwurmung
Steile Jungviehweiden werden meist ausschließlich durch Beweidung gepflegt und bieten deshalb für Parasiten ein ideales Vermehrungspotenzial. Kälber sind besonders anfällig und sollten deshalb immer vorher entwurmt werden. Erst in der zweiten Weideperiode kann davon ausgegangen werden, dass die Tiere dem Infektionsdruck gewachsen sind.
Stand- oder Koppelweide?
Ganztägig genutzte Weiden müssen den Tieren auch Schatten bieten. Ideal sind Waldsäume. Noch vorhandene Streuobstbäume sollten gepflegt und großzügig ausgezäunt werden. Zu schnell ist der Wurzelraum bei Nässe zerstört. Mit Kastanien- oder Nussbäumen lässt sich leicht Ersatz für abgehende Bäume schaffen.
Je größer die Parzelle ist, desto schwieriger ist es, die ganzflächige Nutzung zu steuern. Es empfiehlt sich, mehrere Koppeln mit täglichem oder zweitägigem Umtrieb und einer sieben- bis maximal zehntägigen Weideruhe zu beweiden. So kann man  durch die Zaunführung  die Tiere auf unattraktive Areale lenken und die Weidereste  minimieren. Die Tiere sind schnell an das Umtreiben gewohnt und nehmen gerne eine neue Parzelle an.
Es empfiehlt  sich, Parzellen mit einheitlicher Hangneigung zu schaffen. Auf flachen Stellen werden meist Liegeplätze angelegt und es folgt eine Ampferverunkrautung
Wasserversorgung
Mit geschickter Anlage der Tränkestelle lassen sich die Tiere dahin lenken, wo aufgrund der kurzen Wege wenige Trittschäden entstehen oder wo der Bewuchs besonders unattraktiv ist. In der Regel ist  dies nicht die Stelle, die gut mit dem Wasserfass anzufahren ist. Deshalb unterstützen fest verlegte Wasserleitungen die Weideführung. Wo eine Quelle zur Verfügung steht, sollte auch die Wasserableitung geregelt werden, um Trittschäden zu vermeiden. Ideal und legal (Gewässerrandstreifen) ist auch die Nutzung eines Bachlaufs als Tränke.
Einflussfaktor Winterfütterung
Die Tageszunahmen von Weidetieren können   auch bei vergleichbarem Futterangebot  stark variieren. Das haben  Untersuchungen von Edmund Leisen von der Landwirtschaftskammer Rheinland ergeben.   Diese Unterschiede erklären sich durch die Winterfütterung und die Kondition der Tiere zu  Weidebeginn. Färsen, die  durch eine üppige Silomaisration entsprechend überkonditioniert waren, nahmen auf  der Weide nur wenig zu. Über den Winter knapp gehaltene Tiere  entwickelten sich dagegen  dank des  kompensatorischen Wachstums gut.