Pflanzenbau | 07. Juni 2018

Steile Flächen nicht vernachlässigen

Von Kathrin Kortendieck
Wie man Grünland in Ungunstlagen am besten nutzt und bewirtschaftet, dieses Thema stand im Mittelpunkt des 26. baden-württembergischen Grünlandtages, der am 30. Mai in Freiamt im Landkreis Emmendingen stattfand.
Martin Grässlin vom Landwirtschaftsamt Emmendingen zeigte mit einfachen Mitteln, wie schwer es ist, verdichteten Boden effektiv mit Feuchtigkeit und Nährstoffen zu versorgen: Einmal stellte er das Plastikrohr in der Fahrspur auf, einmal auf offener Fläche, und goss die gleiche Menge Wasser hinein. Auf offener Fläche war es rasch verschwunden, in der Fahrspur dauerte das Versickern deutlich länger.
Professor Martin Elsäßer vom LAZBW Aulendorf mahnte  in seinem Grußwort die notwendige Unterstützung für die Landwirtschaft im Schwarzwald an: „Die Landwirte leisten hier durch die Bewirtschaftung und damit Freihaltung der Flächen, auch solchen mit Hangneigungen von 50 Prozent und mehr, einen bedeutenden Beitrag zur Erhaltung dieser besonderen Kulturlandschaft. Damit sie das auch in Zukunft tun, ist der Rückhalt aus Politik und Gesellschaft unerlässlich.”
 Ministerialdirigent Joachim Hauck vom Stuttgarter Landwirtschaftsministerium stimmte Elsäßer zu: „Wir brauchen tragfähige, überbetriebliche Lösungen.” Er merkte aber auch an, dass für die Erarbeitung solcher Lösungen – zum Beispiel  im Bereich der Gülleausbringung, der Offenhaltung von Flächen und der Erhaltung von artenreichem Grünland – die  Bereitschaft aller Beteiligten notwendig sei. 
Nachhaltige Grünlandnutzung
Dr. Lukas Kiefer von der Universität Hohenheim stellte das Projekt der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) zum Thema „Nachhaltige Grünlandnutzung in ausgewählten Problemgebieten Baden-Württembergs” vor. Ziel  dieses Projektes ist es, „eine nachhaltige Nutzung des Grünlandes in den sogenannten Ungunstlagen zu fördern und weiterzuentwickeln”, erklärte Kiefer. Knapp 30 Landwirte sind  an dem  Projekt beteiligt. Überwiegend bewirtschaften sie Milchviehbetriebe mit einem sehr hohen Anteil an Grünlandflächen: „Besonders die Düngeversuche stellen uns regelmäßig wieder vor Herausforderungen. Beispielsweise gibt es Betriebe, die zum Großteil FFH-Flächen und solche mit einer starken Hangneigung von bis zu 50 Prozent bewirtschaften. Da mussten wir uns auch schon eingestehen, dass die Möglichkeiten einer Verbesserung sehr gering bis nicht vorhanden sind.” Kiefer betonte jedoch, dass die im Rahmen des Projektes betreuten Landwirte die genau auf ihren Betrieb zugeschnittene und deshalb besonders  wertvolle Beratung sehr zu schätzen wüssten.
Vorderwälder und Holsteins im Vergleich
Juliane Dentler vom LAZBW Aulendorf stellte unter anderem das Projekt zur Kurzrasenweide vor. In diesem Zusammenhang erklärte sie auch die Messung des Bestandes mithilfe des Rising Plate Meters, das bereits im Grünlandmagazin im März vorgestellt wurde.
Zum EIP-Projekt gehören auch zwei Praxisuntersuchungen, in denen zum einen die Auswirkungen reduzierter Kraftfuttergaben beim Milchvieh beobachtet wurden. Der Versuch wurde auf einem ökologisch wirtschaftenden Milchviehbetrieb mit Ganztagsweide durchgeführt. 36 der insgesamt 45 Vorderwälderkühe wurden in den Versuch einbezogen. Kiefer kam zu dem Ergebnis: „Nach dem ersten Versuchsjahr konnte in der Herde eine Kraftfutterausnutzung von nur 0,97 kg Milch pro Kilo Kraftfutter ermittelt werden. Gleichzeitig lag die berechnete Grundfutterleistung der Kühe höher. Das weist darauf hin, dass die Milcherzeugung aus Grundfutter und der wirtschaftliche Erfolg durchaus miteinander vereinbar sind.”
 Zum anderen führte Juliane Dentler, derzeit Doktorandin am LAZBW Aulendorf, eine Untersuchung zur Bedeutung der Rasse für eine erfolgreiche Milcherzeugung vom Grünland durch. Genauer betrachtet wurden der Einfluss des Weideanteils, der Jahresfutterration, des Kraftfutters und der Grundfutterleistung auf die Milchleistung, die Gesundheit und die Zwischenkalbezeit. Letztere diente als Indikator für die Fruchtbarkeit. Dazu wurden die Daten von 15 Milchviehbetrieben, die am EIP-Projekt teilnehmen, und insgesamt 2485 Kühen aus den Jahren 2002 bis 2017 ausgewertet und dahingehend überprüft, ob Genotyp-Umwelt-Interaktionen vorliegen. Das war hier der Fall, wenn die Leistungsunterschiede der Tiere beider Rassen in verschiedenen Umwelten nicht gleich groß sind.
 Es konnte gezeigt werden, dass Holstein-Friesian-Kühe zwar in allen Umwelten  die meiste Milch lieferten, doch dieser Vorteil fiel in einer Umwelt mit geringer Kraftfuttergabe, Vollweide, einer grasbetonten Jahresfutterration und hohen Grundfutterleistungen sehr gering aus. Teilweise bestand sogar kein signifikanter Unterschied mehr zur Vorderwälderkuh. Diese Rasse zeigte in den genannten Umwelten dagegen einen höheren Milchfett- und Milcheiweißgehalt sowie eine bessere Fruchtbarkeit und Gesundheit. „Hinzu kommt, dass eine hohe Milchleistung pro Kuh nicht gleichbedeutend mit dem höchsten Nettogewinn pro Kuh bzw. mit dem höchsten Nettogewinn in diesem Betriebszweig sein muss”, fügte Dentler hinzu. „Zudem harmonieren ein verringerter Kraftfuttereinsatz, hohe Leistungen aus dem Grundfutter und geringere Gesamtmilchleistungen ökonomisch vor allem mit Weidehaltung und Ökolandbau. Daher sollte in diesem Bereich über die Wahl der Milchkuhrasse wieder neu nachgedacht werden.” Dentler merkte ebenfalls an, dass aus den Unterschieden zwischen Holstein-Friesian- und Vorderwälderkühen in dieser Studie noch keine endgültigen Empfehlungen zur Eignung der beiden Rassen für die untersuchten Umwelten abgeleitet werden könnten. 
Technik der Gülleausbringung
Die Gülle grundsätzlich am besten verdünnt bzw. separiert ausbringen, das war die klare Botschaft von Jörg Messner vom LAZBW Aulendorf.
Damit die Milchkühe, egal ob Vorderwälder oder Holstein Friesian, aber vom Grünland satt werden, ist auch auf steilen Flächen eine optimale Düngung und somit eine möglichst gleichmäßige Ausbringung von Gülle notwendig. Dazu stellte Jörg Messner vom LAZBW Aulendorf bei einer der Felddemonstrationen die Vorteile separierter Gülle anschaulich dar. Über zwei Solarfelder, die der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt waren, ließ er zuerst ein unverdünntes Substrat fließen. Mithilfe eines Strommessgeräts konnte er deutlich zeigen: Die dicken Klumpen darin verhinderten die Einstrahlung auf die Solarzellen stark. Über das zweite Solarfeld ließ Messner separierte Gülle laufen. Sie floss ohne Probleme ab, und schon nach kurzer Zeit produzierten die Solarzellen ebenso viel Strom wie vor der Demonstration. „Was ich Ihnen damit demonstrieren wollte, ist Folgendes: Verbleiben Feststoffe der Gülle auf dem Boden, noch lange nachdem ich sie ausgebracht habe, erreicht das Licht die Gräser nicht mehr vollständig und sie wachsen schlechter. Darum brauche ich mich bei separierter Gülle nicht zu sorgen”, fasste Messner zusammen. „Hinzu kommt, dass die Verdünnung mit Wasser im Verhältnis 1:1 häufig teurer ist, als in die Separierung zu investieren.”
Mobiler Gülleseparator
 Thomas Reinbold aus Freiamt, der die Flächen seines Betriebes für die Demonstrationen des diesjährigen Grünlandtages zur Verfügung stellte, nutzt bereits eine mobile Separierungsanlage für seine Gülle. Allerdings, das räumt auch Messner ein, ist für die optimale Ausbringung der Feststoffe, die bei der Gülletrennung bleiben, ein Miststreuer mit Teller am besten geeignet. Als Einstreu im Milchviehstall dürfen diese Feststoffe meist nur dann verwendet werden, wenn sie ausschließlich vom eigenen Vieh stammen.
Bei der abschließenden Vorstellung von Schleppschuh, Schleppschlauch und Schlauchverteiler mit separater Güllezuleitung konnten die Teilnehmer des Grünlandtages eindrucksvoll beobachten, welche Anforderungen Hangneigungen von bis zu 38 Prozent an die Technik zur Ausbringung stellen.