Land und Leute | 28. März 2019

Staatssekretär auf Freiersfüßen

Von René Bossert
Das Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Naturschutz in Baden-Württemberg muss nach Meinung des Stuttgarter Umwelt-Staatssekretärs Dr. Andre Baumann besser werden.
Wie eine Ehe müsse dieses Verhältnis sein, schließlich sei man aufeinander angewiesen, sagte Baumann vergangene Woche bei der Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft für Höhenlandwirtschaft (AfH) in Titisee-Neustadt.  Zum 1. April werde im baden-württembergischen Umweltministerium ein neues Referat geschaffen, das den Titel „Dialog Landwirtschaft/Naturschutz” trägt. „Wir müssen eine gemeinsame Sprache sprechen und pragmatische Lösungen finden”, sagte Baumann.  Das Anprangern der Landwirtschaft müsse aufhören.
Die Aussprache  zeigte allerdings, dass es mit der Ehe nicht so einfach ist, schließlich gibt es jede Menge unliebsame Themen, vom FFH-Grünland über Wolf und Bruttoflächen  bis hin zur Düngeverordnung. Maximal in einer Verlobungsphase sei man, stellte der AfH-Vorsitzende Oswald Tröndle zusammenfassend fest.   In der Diskussion wurde von mehreren Teilnehmern Baumanns Werben kritisch hinterfragt.
Baumann will den Landwirten Lust auf Naturschutz machen. Bei der Reform der EU-Agrarpolitik haben deshalb   eine  stärkere  Umschichtung in die Zweite Säule und die Nutzung von Eco-Schemes in der Ersten Säule seine Sympathie.   Die Umschichtung in die Zweite Säule wolle der BLHV nicht, entgegnete BLHV-Präsident Werner Räpple: „Das Geld in der Ersten Säule brauchen unsere Betriebe ja.” Bei den Eco-Schemes hat Räpple Sorgen vor noch mehr Bürokratie.
Den Betrieben im Schwarzwald sei er als Umwelt-Staatssekretär etwas näher als so manchen anderen landwirtschaftlichen Betrieben im Land, sagte Andre Baumann (Mitte); links AfH-Vorsitzender Oswald Tröndle, rechts BLHV-Präsident Werner Räpple.

Er plädierte insgesamt für eine Politikwende. Es brauche eine fundierte, sachliche Politik, bei der bis ans Ende gedacht werde. Als zwei Beispiele nannte Räpple die Anbindehaltung, wo bei einem zu schnellen Ausstieg die Tierhaltung im Schwarzwald wegbreche, und die Düngeverordnung: Moderne Großflächen-Technik sei im Schwarzwald schlicht nicht einsetzbar. 
Vom Ende her denken sei richtig, sagte Baumann am Beispiel der Düngeverordnung.   Wenn am Ende der Betrieb zumache, nütze das niemandem. Über die Antwort auf die Forderungen des BLHV zum Thema Gülleausbringung in Steillagen werde im Umweltministerium nach wie vor diskutiert.
Entnahmeteams für Wölfe im Aufbau
Geraume Zeit wurde über den Wolf gesprochen.  Mehrere  Landwirte legten dar, warum Wolf und Weidehaltung unvereinbar seien. Mögliche Folgen  für Tourismus, Haftungsprobleme  und Gefahr für Kinder wurden beschrieben.
Baumann räumte ein, dass der Wolf für den Naturschutz  einen  Zielkonflikt aufwirft, indem er Probleme für die erwünschte Weidehaltung schaffe.  „Wolfsfreie Regionen”, das  mache die EU nicht mit, stellte Baumann klar. Überhaupt sieht er  in Brüssel die Lage so, dass die EU nicht ansatzweise daran denke, den Wolf als jagdbar zu erklären. Baumann berichtete, dass in einer Kooperation zwischen vier Bundesländern Entnahmeteams aufgebaut werden. „Bei den ersten Anzeichen für  auffälliges Verhalten werden Wölfe  entnommen”, erklärte Baumann.  Künftig sollten wolfssichere Zäune statt zu 90 % zu 100 % gefördert werden.
 Beim Zaunbau müsse landwirtschaftliches Fachrecht eingehalten werden. Die Frage,
ob künftig Zäune mindestens 90 Zentimeter hoch sein müssen, konnte Baumann in der Diskussion nicht beantworten. Das Umweltministerium hat inzwischen  in einer Pressemitteilung klargestellt, dass die Haftpflichtversicherungen wegen der Rückkehr des Wolfes keine speziellen Anforderungen an Nutztierhalter stellen. Die Versicherungen hätten in einem Gespräch in Berlin dem Umweltministerium gegenüber auch klargestellt, das sie  Anforderungen an ein sachgerechtes Einzäunen im Schadensfall unabhängig davon prüfen, ob in dem betroffenen Gebiet ein Wolfsvorkommen bekannt ist oder nicht.
Die Landschaftspflegerichtlinie (LPR)  wird Baumann zufolge  gerade überarbeitet, wobei es weg von den verwaltungsaufwendigen Verträgen hin zu einem Antragsmodell gehen solle. 
Der Frust über den Ablauf der  FFH-Kartierungen ist für Baumann  nachvollziehbar. Er kündigte Änderungen an, allerdings könnten Kartierer nicht an jeder Haustür klingeln. Aber wenn Ergebnisse da seien, müssten  sie vorgestellt werden.  „Wir brauchen Lust auf FFH-Grünland”, so Baumann. Er erinnerte daran, dass die Fördersätze in FAKT und LPR erhöht wurden.
Zum Thema Bruttofläche zeigte sich Baumann froh, dass jetzt eine Sonderlösung für Trockene Heiden gefunden wurde.  Die Kartierung sei aber teuer und müsse alle paar Jahre wiederholt werden. „Das Thema trifft diejenigen, die auf der richtigen Seite sind”, betonte er. Laut Michael Krumm,  dem künftigen Abteilungsleiter Landwirtschaft beim RP Freiburg, ist  eine rückwirkende Förderung für die kartierten Trockenen Heiden nicht möglich, aber bei problematischen Einzelfällen sollten Sanktionen so weit möglich vermieden werden.