Pflanzenbau | 14. September 2018

Deutschland erst am Anfang seiner Sojareise

Von Heinrich von Kobylinski
Für den Anbau von gentechnisch unveränderten Sojabohnen stehen schon bald neue, heimische Sorten zur Verfügung. Bei einer Soja-Lehrfahrt des LTZ Karlsruhe trafen sich vor kurzem Berater und Landwirte mit Vertretern von Weiterverarbeitung und Züchtung.
Die Trockenheit in allen Ackerkulturen führte im Verlauf der Exkursion zu lebhaften Diskussionen. Die Sojapflanze gilt als trockenheitstolerant. Dennoch ist klar, dass auch diese Kultur auf ein ausreichendes Wasserangebot angewiesen ist, insbesondere zur Zeit der Blüte.
Dr. Norbert Starck vom Zuchtunternehmen PZO Oberlimpurg – bei Schwäbisch-Hall – geht davon aus, dass es in Baden-Württemberg deutliche Trockenheitsausfälle gibt. Auch die Oberlimpurger mussten ihre Sojabestände im Zuchtgarten Neuenstein am 23. August vorzeitig ernten. Dabei wurden im Durchschnitt 29 dt/ha gedroschen.
Auf dem staatlichen Versuchsfeld in Orschweier bewegten sich am 4. September die festgestellten Erträge zwischen 25 und 35 dt/ha. 2017 hatte die Spanne zwischen 45 und 53 dt/ha gelegen. Der von den Oberlimpurger Züchtern angestrebte mehrjährige Durchschnittsertrag liegt bei 40 dt/ha.
Erst 20 Prozent geerntet
Alle Sojakulturen zeigten Trockenheitssymptome. Hier ein Ökosojabestand in Oberderdingen-Flehingen
2018 erreichte laut Dr. Starck der Proteingehalt nicht mehr als 38 %. Auch das Tausendkorngewicht blieb auf dem unberegneten Standort zurück: Statt 200 g wurden nur 140 bis 160 g erreicht. „Dabei hat bis zur Blüte noch alles gepasst”, erinnert sich der Züchter.
Nach seiner Beobachtung war neben dem ausbleibenden Regen auch die ungewöhnliche Hitze ein Belastungsfaktor. In diesem Sinn verwies er auch auf den Zustand der umliegenden Maiskulturen, die ebenfalls vorzeitig abreiften, zu kleine Kolben hatten und zum Teil regelrecht zusammengebrochen sind.
Trotz des vorzeitigen Druschtermins am Standort Neuenstein wird im Kraichgau der wesentliche Teil der Sojabestände erst im September seinen Erntetermin haben. „Vom Druschwetter abgesehen werden die späteren Partien die besseren sein”, sagte Siegmar Benz vom Raiffeisenzentrum Kraichgau auf BBZ-Anfrage voraus. Der Eppinger begründete das mit dem Wasserspeichervermögen der günstigeren Standorte, was eine höhere Korneinlagerung erlaube.
Jetzt, zu Beginn der ersten Septemberwoche, seien nach seiner Schätzung erst 20 % der Sojaflächen im Einzugsbereich abgeerntet worden. Möglicherweise ergebe sich dann zum Abschluss der Kampagne ein besseres Bild. 
Gute Perspektiven prognostiziert
Dr. Norbert Starck, Zuchtleiter der Firma PZO Oberlimpurg.
Aus Sicht von Dr. Starck steht Deutschland mit diesem Jahr „erst am Anfang seiner Sojareise.” Gemeinsam mit Jürgen Recknagel, Geschäftsführer des Deutschen Sojaförderringes, hält er den Anbauumfang von 100.000 ha für ein realistisches Entwicklungsziel der nächsten Jahre. Nach seinen Angaben liegt die Sojagesamtfläche 2018 bei knapp 24.000 ha, 2017 waren es noch 4000 ha weniger gewesen.
Recknagel sieht in dieser Steigerung eine wichtige Trendentwicklung, „weil sie trotz der Greening-Problematik möglich war, die sich im konventionellen Anbau ergab.” 
Neben diesem ermutigenden Signal aus der Praxis bleibt die Lage für den deutschen Sojaanbau dennoch nicht einfach: Das vor drei Jahren eingeführte Netzwerk zur Förderung des Sojaanbaus läuft Ende 2018 aus. In dessen Rahmen konnten 120 ökologische und konventionelle Leuchtturmbetriebe ausgewählt werden, die dann zur Datensammlung über Anbau, Vorfruchtwert und Wirtschaftlichkeit beitrugen und dazu auch in elf Bundesländern der praxisnahen Veranschaulichung dienten.
Baden-Württemberg und Bayern bildeten den Schwerpunkt. Deswegen waren vor allem das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) und die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) engagiert, zusammenmit dem Freiburger Tofu-Hersteller Life Food Taifun und der Landesvereinigung für Ökologischen Landbau in Bayern. Auch in den übrigen neun Bundesländern war die Beratung mit eingebunden.
Rund 30 Millionen Euro standen an Fördermitteln bereit. Für die Zeit ab 2019 hingegen ist vieles noch offen. Fest steht, dass die weitere Koordination der Aktivitäten zu einer Aufgabe des Deutschen Sojaförderringes geworden ist.  
Soja könnte Raps zurückdrängen
Mit der steigenden Verfügbarkeit von frühreifenden 000-Sorten wird der Anbau von Sojabohnen auch in zunehmender Entfernung von den Weinbauregionen stattfinden können. Nach Ansicht von Recknagel wird dies hauptsächlich zu Lasten des Rapsanbaus gehen.
Der heiße, trockene Sommer 2018 könnte dieser Tendenz einen zusätzlichen Schub verliehen haben: Die fehlende Feuchtigkeit im Boden und die enttäuschende Ertrags- und Preissituation rund um den Kreuzblütler könnte im August bei vielen Landwirten ein Auslöser gewesen sein für die weitere Einschränkung des Rapsanbaus. Umso stärker könnte dann im Frühjahr auf den Anbau von Sojabohnen umgeschwenkt werden.
Die PZO Oberlimpurg hat als Unternehmen der IG Pflanzenzucht 2013 mit der Züchtung von heimischen, klimaangepassten Sojasorten begonnen. Bisher beruhte die Züchtung hauptsächlich auf kanadischen Linien. Im nächsten Jahr werden laut Starck die ersten 000-Sorten voraussichtlich ihre Zulassung erhalten. Damit wird dann ab 2021 heimisches, zertifiziertes Saatgut verfügbar sein.
Dabei geht es neben der Frühreife auch um eine hohe Ertragsfähigkeit in Verbindung mit hohen Eiweißgehalten. Wichtig sind den Züchtern auch die Standfestigkeit und eine robuste Pflanzengesundheit, inklusive Hitzetoleranz. Weniger bedeutsam ist der Ölgehalt. Außerdem geht es Züchter Starck hauptsächlich um die Anzahl der Schoten und nicht um deren Mindestabstand zum Boden.
Mit Blick auf die Politik fand Züchter Starck schließlich, dass deren Kursänderungen weitaus schwerer vorauszusehen und zu verkraften seien als die Veränderungen im Verlauf des Klimawandels.