Land und Leute | 03. Dezember 2014

Sinnvolle Werkzeuge für den Gehölzschnitt

Von Dr. Werner Ollig/Gartenakademie Rheinland-Pfalz
Wer Obst- oder Ziergehölze im Garten hat, weiß, dass er regel- mäßige Schnittmaßnahmen durchführen muss. Hinsichtlich der Qualität der angebotenen Scheren und Sägen gibt es in- zwischen hochwertige, innovative und ausgereifte Werkzeuge. Doch was braucht es wirklich? Worauf kommt es an?
Bevor es mit dem Gehölzschnitt losgeht, sollte man sich über das „Wie-muss-ich-schneiden” informieren und zumindest die Grundbegriffe der Wachstums- und Schnittgesetzmäßigkeiten kennen. Ist das geklärt, bleibt  die Frage nach dem „Womit”, das heißt welche Werkzeuge machen Sinn und welche Anforderungen werden  an die Qualität gestellt? Wichtig ist, dass die Werkzeuge einen glatten, sauberen Schnitt ohne Quetschungen ermöglichen, und das auch nach vielen Einsatzstunden.  Werner Ollig von der  Gartenakademie Rheinland-Pfalz gibt eine  Übersicht. Wer seine Obstbäume regelmäßig schneiden und formieren will, braucht eine vernünftige Schere und eine leichtgängige Säge als Grundausstattung. Damit kann man Obstbäume auf schwachwachsenden Unterlagen und alle Sträucher problemlos bearbeiten. 
Eine beeindruckende Schnittqualität liefern Japan-Scheren wie die „Okatsune”-Schere (links im Bild). Sie sind jedoch in der Handhabung etwas gewöhnungsbedürftiger als übliche Schnittscheren wie die Felco mit Rollgriff (oben) oder eine Ambossschere rechts im Bild).
Grundausstattung: Schere und Säge
Moderne Handscheren sind auf jeden Handtyp ergonomisch abgestimmt, so gibt es spezielle Modelle für Linkshänder, kleinere Hände oder sogar speziell für Frauen! Hier wird mit viel technischem Know-how gearbeitet, so kann man durch den Rollgriff eine deutliche Verringerung des Kraftaufwandes erzielen, das bedeutet einen leichteren Schnitt und mehr Komfort.
Schmerzfrei schneiden
Der Rollgriff verteilt die Kraftanstrengung gleichmäßig auf alle fünf Finger, dadurch wird die Muskelbelastung geringer und Sehnenentzündungen wird vorgebeugt. Wichtig sind gute Stoßdämpfer und Puffer zur Schonung von Hand und Handgelenk. Wer einmal längere Zeit mit einer schlecht gedämpften Schere gearbeitet hat, wird die Folgen am nächsten Tag deutlich spüren! Moderne Scheren sind heutzutage sehr leicht, die Griffe meist aus Aluminium mit Plastiküberzug, der für einen angenehmen Griffkontakt und eine gute Handhabung sorgt.
Sie sind leicht, unzerbrechlich und zuverlässig, alle verwendeten Materialien sind nahezu vollständig wiederverwertbar. Bei guten Scheren können die Verschleißteile ausge- wechselt werden, so dass sie bei guter Pflege ein ganzes Gärtnerleben halten. Preise: ab  25 bis 30 Euro.
Pflege verlängert die Haltbarkeit
Haltbarkeit und Leistungsfähigkeit einer Baumschere hängen auch von der Pflege ab. Deshalb sollte man die Klinge regelmäßig reinigen (Lappen, feines Schleifpapier) und bewegliche Teile (zum Beispiel Feder, Rollgriffachse etc.) ölen. Hierzu bietet der Fachhandel auch Kombi-Sprays an, die gleichzeitig Verschmutzungen entfernen und ölen! Zu den werterhaltenden Maßnahmen gehören auch das Schärfen der Klinge sowie das Nachjustieren des Spiels von Klinge und Gegenklinge für einen sauberen Schnitt. Das Angebot an Scheren für den Baumschnitt ist in den letzten Jahren unglaublich vielfältig geworden. Das liegt sicher auch daran, dass der Bereich Freizeitgarten mittlerweile von vielen Firmen als lukrativer Markt angesehen wird. Entsprechend einfallsreich zeigen sich die Hersteller und bringen eine Fülle an Innovationen auf den Markt, die auch aktuelle Lifestyle-Trends berücksichtigen.
Klinge oder Amboss
Bevor man eine Baumschere kauft, sollte man sich die  technischen Funktionsprinzipien anschauen.  
Klingenscheren: Scheren mit zwei Klingen (Klinge und Gegenklinge) zeichnen sich durch einen exakten und sauberen Schnitt aus – eine korrekte Einstellung und Schärfe vorausgesetzt. Sie werden standardmäßig im Profibereich verwendet. Amboss-Scheren: Bei Amboss-Scheren mit nur einer Klinge, die unten auf einen breiten Amboss trifft, ist mit zunehmendem Alter funktionsbedingt mit einer unsauberen Schnittführung und Quetschungen zu rechnen. Sie sind robuster und aufgrund ihrer einfacheren Fertigung meist auch deutlich günstiger zu bekommen. Deshalb sollen hier exemplarisch je ein bis zwei  Beispiele für die beiden Funktionsprinzipien dargestellt werden. Als weltweit anerkannter Spezialist für Profibaumscheren gilt nach wie vor die Marke Felco, deren Produkte auch im Freizeitgartenbereich eine hohe Wertschätzung besitzen. Neben der professionellen Qualität können alle Verschleißteile ausgetauscht werden, was dem Besitzer eine lange Lebensdauer garantiert. Die meisten Felco-Scheren werden nach dem Prinzip von Klinge und Gegenklinge hergestellt. Preise: circa 30 bis 65 Euro.

Japanische Klingen:
Nicht nur in der Küche machen hochwertige Klingen japanischer Schmiedekunst von sich reden. Auch im Bereich der Schnittgeräte für Bäume gibt es einen ähnlichen Trend. Aufgrund des besonderen Herstellungsverfahrens und des speziellen Stahls (Yasuki-Stahl) sollen Klinge und Gegenklinge nach Angaben der Hersteller deutlich härter und stärker gearbeitet sein als bei herkömmlichen Baumscheren.
Die Schnittleistung soll auch nach längerem Gebrauch kaum spürbar nachlassen. Die getestete Okatsune-Schere (Länge 20 cm, Gewicht 230 g) zeigte auch beeindruckende Schnittleistungen bis 2 cm Durchmesser. Gewöhnungsbedürftig ist aber die große Öffnung der Griffe. Arbeitet man länger mit der Schere, macht sich die unzureichende Dämpfung durch die einfache Feder deutlich an den Gelenken bemerkbar: Hier fehlen zusätzlich noch entsprechende Gummipuffer. Der Verschluss ist unvorteilhaft, denn er kann ungewollt beim Arbeiten einrasten bzw. man kann leicht hängen bleiben.
Ein Austausch von Einzelteilen ist vorgesehen. Wie lange die außergewöhnliche Härtung der Klingen anhält, kann nach kurzem Einsatz noch nicht beurteilt werden. Positiv zu bemerken sind der gute und exakte Schnitt, der „satte, metallische Sound” sowie das Styling. Wer also Wert auf das Außergewöhnliche legt und nicht so viel schneidet, wird mit dieser Schere sicherlich Freude haben.
Preise: circa 30 bis 40 Euro, leichtere Modelle für kleinere Hände werden für die Hälfte angeboten.

Neuentwicklung: Scheren mit antibakteriellen Klingen. Der Problematik der Schnittwunde als potentielle Eintrittspforte für Schaderreger haben sich andere Hersteller angenommen (zum Beispiel Leyat etc.). Die Firma Leyat hat die Klingen mit einer Kupferbeschichtung versehen, die antibakteriell wirken soll.  Dadurch werden Pilze und Bakterien in ihrem Wachstum auf der Schere stark gehemmt, was nach Angaben der Hersteller eine deutliche Verringerung der Übertragung von Krankheiten durch die Schere bewirken soll. Preise: circa 25 bis 65 Euro.
Als Beispiel für eine Ambossschere sei exemplarisch die „Ergonomic” von der Firma Castellari erwähnt. Die Dämpfung ist gut, weil der Gegenschlag durch das Ambossprinzip reduziert wird. Die Schere liegt – wie der Name schon sagt – sehr gut in der Hand, wie die meisten guten Scheren liegt sie im Gewichtsbereich von 200 g.
Bei vielen Ambossscheren ist die Schnittöffnung zu klein, bei dem getesteten Modell können aber Schnitte bis 25 mm problemlos durchgeführt werden. Die Klinge kann als Verschleißteil separat gewechselt werden, auf den Amboss gibt die Firma eine lebenslange Garantie. Die Preise liegen bei circa 35 Euro.

Zweihand-Baumscheren: Sie sind ideal zum Schneiden von dickeren Ästen (bis 5 cm) und im oberen Baumbereich oder zum Beseitigen von Bodentrieben bei Strauchbeeren. Wie bei den Baumscheren gibt es auch zwei technische Ansätze: Die Modelle unterscheiden sich in der Gestaltung des Schnittwerkzeuges, wobei Scheren mit gebogener Klinge und Gegenklinge bei schwer zugänglichen Ästen Vorteile haben gegenüber solchen mit Amboss. Durch die vorteilhafte Hebelwirkung kann man Kraft sparen, zusätzlich ist die Gegenklinge mit einer Verzahnung zum Festhalten des Astes beim Schneiden ausgestattet, die Griffe haben Stoßdämpfer zur Schonung der Handgelenke.
Einige Modelle sind mit Teleskoptechnik ausgestattet, das heißt die Aluminium-Griffrohre können individuell in der Länge verstellt werden. Für einen besonders kraftsparenden Schnitt gibt es Scheren mit doppelter Hebelübersetzung. Zweihand-Baumscheren sind bezüglich der Werkstoffe ähnlich gut ausgestattet wie die Handscheren, zum Beispiel mit verschraubten Gegenklingen und Saftrille, bruchfesten Griffen aus geschmiedeter Aluminiumlegierung mit Plastik-Kälteschutz. Gute Zweihand-Scheren haben Öffnungen von etwa 120 mm bei einem Gewicht von 800 bis 1000 g und einen Preise von 40 bis 85 Euro.
Baumsägen
Die gute alte verstellbare Baumsäge wurde nach und nach verdrängt von den praktischen Hand(klapp)sägen (oben).
Der allgemeine Standard war bis vor einigen Jahren unangefochten die klassische Baumsäge mit Holzgriff (circa 25 bis 40 Euro). Durch die Schnellverstellung des Sägeblattes ist sie universell einsetzbar, passt sich nahezu jeder Situation an und leistet saubere Schnittarbeit.
In letzter Zeit wurde sie zunehmend verdrängt von leichten, meist klappbaren Universalsägen. Spezielle Stahlarten, eine besondere Ausformung der Sägeblätter und Zähnung sowie die Oberflächenbearbeitung der Zähne (zum Beispiel Impulshärtung) garantieren einen „messerscharfen” Schnitt, wichtig für eine schnelle Wundheilung. Längere Sägen mit Blattlängen bis über 39 cm werden auch mit einem zusätzlichen Halter angeboten, damit sie stets in Reichweite sind.
Besonders zu erwähnen ist das geringe Gewicht, die meisten Sägen mit ergonomisch geformten Plastikgriffen wiegen gerade mal 150 bis 300 g, machen aber eine hervorragende Arbeit. Die Preise für eine gute Säge liegen zwischen 20 Euro (Klappsägen mit 150 mm Sägeblatt) bis über 50 Euro (über 300 mm Sägeblatt), eine Investition, die sich immer lohnt. Auch bei den Sägen gibt es – wie bei den Scheren – zunehmende Angebote mit Sägeblättern japanischer Machart („Japanzahnung”), denen eine hohe Schnittleistung zugesprochen wird (zum Beispiel Samurai-Säge).
Handsägen mit Japanzahnung werden mit geradem Blatt (zum Sägen unterhalb der  Schulterhöhe) bzw. mit gebogenem Blatt angeboten (zum Sägen oberhalb der Schulterhöhe). Ihren höchsten Wirkungsgrad erzielen sie, wenn sie zum Körper gezogen werden.
Wie auch immer: Unabhängig von der Zahnung kann man sagen, dass die angebotenen Handsägen in dem genannten Preissegment heutzutage wahre „High-Tech-Produkte” sind mit ausgezeichneten Qualitäten und hochwertigen Werkstoffen. Aufgrund ihres geringen Gewichtes, der leichten Handhabung und der hohen Schnittleistung sind sie bei den Obstfreunden sehr beliebt. Die gute alte verstellbare Baumsäge wurde nach und nach verdrängt von den praktischen Hand(klapp) sägen.

Arbeiten mit Verlängerung – Teleskop-Hochentastung: Für niedrige Bäume auf schwachwachsenden Unterlagen sind die beschriebenen Sägen und Scheren gut geeignet. Etwas anders sieht es jedoch aus, wenn höhere Bäume oder gar Streuobstbäume geschnitten werden müssen. Das Arbeiten mit einer Leiter ist hier oft schwierig, zum einen kann es je nach Gelände recht gefährlich werden, andererseits steigt der Zeitbedarf deutlich an (Umstellen der Leiter, reduzierte Schnittleistung wegen Festhalten etc.). Am sichersten ist es immer noch, wenn man diese Arbeiten vom festen Boden aus durchführen kann. Hierzu eignen sich spezielle Systeme mit Teleskopstangen (ausgezogen bis ca. 4,5 m) zur Hochentastung.
Als Werkzeuge dienen gebogene Sägen mit Asthaken zum Herausziehen der abgesägten Äste oder spezielle Scheren, die via Seilzug betätigt werden (Preise von 70 bis 250 €). Auch wenn man vielleicht nicht ganz so exakt und genau arbeiten kann wie mit Baumschere und Handsäge, sicherer ist es auf jeden Fall und deshalb empfehlenswert! Wer mehr Hochstämme zu schneiden hat und dies aber dennoch vom sicheren Boden erledigen will, der kann sich die Arbeit erleichtern mit einem Hochentaster. Hierbei handelt es sich um leichte Motorsägen (Gewicht 8–10 kg) an einem Teleskopschaft (bis 4 m). Dadurch lässt sich die Wirtschaftlichkeit der Baumpflege deutlich steigern. Preise: circa  800 bis 1000 Euro.

Bezugsquellen:
www.gartenbedarf-versand.de
www.manufactum.de
www.gaertner-center.de
www.swissbrands.de
www.albrecht-electronic.com
www.wolf-garten.de
www.Meyer-shop.com   
www.stihl.de