Schweizer holen das CO2 wieder aus der Luft
Christoph Gebald und Jan Wurzbacher, ehemalige Studenten der Eidgenössischen Technische Hochschule (ETH), haben sich vor rund neun Jahren daran gemacht, daraus ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Ihre Idee: CO2 aus der Umgebungsluft zu filtern und damit das Pflanzenwachstum in Gewächshäusern zu verbessern. Anfang Juni 2017 konnten die beiden Ingenieure die Früchte ihrer langjährigen Forschungsarbeit ernten. Im schweizerischen Hinwil wurde die erste Direct-Air-Capture-Anlage (DAC) ihres Unternehmens Climework eingeweiht.
Herzstück der Technologie ist ein neuer Filter, der nach Angaben des Unternehmens aus porösen Granulaten besteht, die mit Aminen modifiziert wurden, um das Gas aus der Umgebungsluft zu binden. In Hinwil sind drei Schiffscontainer mit insgesamt 18 CO2-Kollektoren installiert, ein weiterer mit Steuerungs- und Überwachungstechnik bestückt. In jedem der 18 übereinander gestapelten Module befinden sich Ventilatoren, die Luft ansaugen. Wie ein Schwamm nimmt der Filter CO2- Moleküle auf, bis er gesättigt ist. Anschließend wird das Gas bei einer Temperatur von etwa 100 °C gelöst und hochrein mit Wasser freigesetzt. Rund 900 Tonnen Kohlendioxid soll die Pilotanlage auf diese Weise pro Jahr aus der Umgebungsluft abscheiden. Die Energie, die für diesen Prozess nötig ist, stammt zum allergrößten Teil aus der Abwärme der Müllverbrennungsanlage, auf deren Dach der Abscheider installiert wurde. Über eine Rohrleitung wird das gewonnene CO2 in eine 400 Meter entfernte Gärtnerei geleitet, um dort das Pflanzenwachstum von Tomaten, Gurken und Salaten zu steigern. Der Ernteertrag lasse sich auf diese Weise um bis zu 20 Prozent steigern, berichten die Tüftler.
Noch arbeitet die DAC-Anlage nicht wirtschaftlich. Climeworks beziffert die Kosten in dieser ersten Pilotanlage mit 600 Dollar pro Tonne Kohlendioxid, was deutlich über heutigen Marktpreisen liegt. Die Alternative für die Gärtnerei wäre, das Wachstumsgas – aus fossilen Energieträgern gewonnen – per Lkw herantransportieren zu lassen. Sie zahlt den Erfindern den marktüblichen Preis plus einen kleinen „Nachhaltigkeits-Aufschlag”, der Rest wird durch eine Förderung des Schweizer Bundesamts für Energie (BFE) finanziert.
Die Gründer erwarten deutliche Verbesserungen. „Wir rechnen damit, die Kosten in den nächsten drei Jahren um den Faktor drei bis vier senken zu können”, sagt Christoph Gebald.
Das Klimaproblem wird allerdings nicht ausschließlich in den Treibhäusern dieser Welt gelöst werden können. Nach Ansicht vieler Experten sind zudem „negative Emissionen” notwendig – also das Entziehen von CO2 aus der Atmosphäre und seine dauerhafte Speicherung.