Politik | 08. November 2018

Schulze will für Pflanzenschutz neue Auflagen

Von AgE
Geht es nach den Plänen von Bundesumweltministerin Svenja Schulze, müssen die Landwirte in Zukunft bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die „die Artenvielfalt nachweislich schädigen”, eine Biodiversitätsfläche vorhalten.
Die Bundesumweltministerin hat für Glyphosat mögliche Anwendungsverbote präsentiert.
Auf dieser soll nur noch unter bestimmten Bedingungen Ackerbau möglich sein; höher gewertet würden jedoch Brachflächen und mehrjährige Blühstreifen. Der Umfang der geforderten Fläche soll sich nach den einzelnen Maßnahmen richten, die unterschiedlich gewichtet würden.
Insgesamt strebt Schulze dabei eine Größenordnung von etwa zehn Prozent der Gesamtackerbaufläche eines Betriebes an, wie sie am Dienstag bekanntgab.
Beginnen will die Bundesumweltministerin mit der anstehenden Neuzulassung der glyphosathaltigen Produkte. Die Genehmigung dieser Mittel muss in diesem Jahr verlängert werden.
Das Umweltbundesamt (UBA) hat Schulze zufolge bereits drei Bescheide mit entsprechendem Anwendungsvorbehalt an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) verschickt. Die Auflagen sollen nach den Vorstellungen des Bundesumweltministeriums und des UBA ab dem 1. Januar 2020 gelten.
Geplante Verbote
UBA-Präsidentin Maria Krautzberger zeigte sich zuversichtlich, dass sich die neuen Auflagen durchsetzen. Sie wies darauf hin, dass das UBA Einvernehmungsbehörde sei und eine besondere Rolle im Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln habe.
Aus Sicht von Schulze ist es zudem „möglich und erforderlich”, verschiedene Einsatzbeschränkungen für Glyphosat in die Pflanzenschutzmittel-Anwendungsverordnung aufzunehmen.
Dazu zählten ein Einsatzverbot in ökologisch sensiblen Gebieten und in Wasserschutzgebieten, ein Verbot für die Vorsaat- und Stoppelbehandlung und die Sikkation im Ackerbau sowie bei Sonderkulturen, außerdem die Festlegung eines generellen Gewässerabstandes von 20 Metern.
Darüber hinaus will die SPD-Politikerin in der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung eine Regelung festschreiben lassen, wonach der Glyphosateinsatz mit Ablauf der Wirkstoffzulassung auf EU-Ebene und der vorgeschriebenen Übergangsfrist Ende 2023 „verbindlich und umfassend” beendet wird.
Was Klöckner meint
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner steht den Plänen des Bundesumweltministeriums zum schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung von Glyphosat eher kritisch gegenüber. Man habe im Koalitionsvertrag vereinbart, den Einsatz von Glyphosat und glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel deutlich einzuschränken und die Anwendung „so schnell wie möglich” grundsätzlich zu beenden, erklärte die Ministerin. Es seien seitdem intensive Gespräche mit dem Bundesumweltministerium geführt worden. Die Inhalte der neuen Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung diskutiere man in Vorbereitung der Ressortabstimmung intensiv mit dem Umweltressort.
Jetzt sei es wichtig, zügig zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen und den Entwurf „endlich” in die Ressortabstimmung zu geben. Dies müsse vor allem rechtssicher geschehen, betonte Klöckner. Dabei helfe es auch nicht in der Sache, bereits geregelte Zuständigkeiten „wieder einmal infrage zu stellen”. Bereits in den vergangenen fünf Jahren sei durch restriktive Vorgaben der Einsatz von Glyphosat um ein Drittel reduziert worden.
DBV: Vorschlag inakzeptabel
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hält den Vorschlag des Bundesumweltministeriums für „wenig durchdacht und inakzeptabel”. Man habe kein Verständnis dafür, dass „das Umweltressort mit diesem Alleingang die Verhandlungen mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium gefährdet”, erklärte DBV-Präsident Joachim Rukwied. Er betonte, dass sich die deutsche Landwirtschaft in ihrer Ackerbaustrategie zum Ziel gesetzt habe, den  Pflanzenschutzmitteleinsatz weiter zu reduzieren. Pauschale Mengenreduzierungen seien jedoch ein Widerspruch zur guten fachlichen Praxis und zum Prinzip des Integrierten Pflanzenschutzes. Anforderungen zur Biodiversität müssten über Agrarumweltprogramme realisiert werden.
Scharfe Kritik vom IVA
Der Industrieverband Agrar (IVA) hat die Vorschläge des Bundesumweltministeriums zur Änderung der Zulassungsregeln für Pflanzenschutzmittel scharf kritisiert. Für ihn ist der „unabgestimmte Vorstoß zum Glyphosat-Ausstieg” ein weiterer Beleg dafür, dass im deutschen Zulassungssystem tiefgreifende Reformen nötig seien. Ministerien und Behörden planten unkoordiniert nebeneinander her, während weiterhin rund 500 Anträge für neue Pflanzenschutzmittel auf ihre Bearbeitung warteten, monierte IVA-Hauptgeschäftsführer Dr. Dietrich Pradt.
Er geht davon aus, dass die Ansätze von Bundesumweltministerin Svenja Schulze zu „mehr Kompetenzgerangel” zwischen den Behörden führen, die Abstimmungsprozesse weiter erschweren und im Ergebnis ein bereits ineffizientes System „noch teurer und langsamer” machen werden. Für die Hersteller wachse damit die Planungsunsicherheit, während sich die Nachteile für die deutschen Landwirte gegenüber ihren europäischen Wettbewerbern vergrößerten.
Die Ankündigung des Umweltbundesamtes (UBA), sein Einvernehmen im Zulassungsverfahren künftig an Bedingungen zu knüpfen, ist nach Einschätzung des IVA rechtlich nicht zulässig. Pradt erinnerte in dem Zusammenhang an ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Braunschweig, wonach die Verweigerung der Zulassung vom UBA bei einem anderen Antrag rechtswidrig gewesen sei.
Unterdessen begrüßten der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) und der Anbauverband Bioland den Vorstoß. Der DNR appellierte zugleich an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die Initiative ihrer Ressortkollegin aktiv zu unterstützen. Bioland bekräftigte seine Forderung nach einer sogenannten Pestizidabgabe.