Politik | 29. April 2021

Schulze gegen neue Züchtungstechniken

Von AgE
Das Bundesumweltministerium bekräftigte zu molekularen Züchtungsverfahren seine bisherige ablehnende Position. Anlass zum jetzigen Zeitpunkt: Am Freitag dieser Woche sollte zu der Thematik eine Studie der EU-Kommission vorgestellt werden.
Molekularbiologische Züchtungstechniken („Genschere”) werden in der Bundesregierung sehr kontrovers betrachtet.
„Auch neue Gentechnik ist Gentechnik”, sagte Bundesumweltministerin  Svenja Schulze anlässlich der Veröffentlichung eines Positionspapiers ihres Hauses zum Thema „Gentechnik in der Landwirtschaft: Für Wahlfreiheit und Vorsorgeprinzip.” Die SPD-Politikerin verwies auf den eingeleiteten Wandel hin zu einer umwelt- und klimafreundlichen Landwirtschaft, in der Gentechnik keinen Platz habe.
Jedes gentechnisch veränderte Produkt in der EU müsse weiterhin auf sein Risiko geprüft und gekennzeichnet werden, so Schulze. Dies gelte ohne Ausnahme, also auch für die neue Gentechnik, mahnte die Ministerin und wies darauf hin, dass gentechnisch veränderte Organismen (GVO), die in die Umwelt gelangten, nicht rückholbar seien. Als ihre Kernziele nannte die Ministerin das konsequente Festhalten am Vorsorgeprinzip bei der Bewertung der neuen Verfahren und die Sicherung der Wahlfreiheit für die Verbraucher. In diesem Zusammenhang müsse der Tatsache Rechnung getragen werden, dass 95 Prozent der Verbraucher einen Einsatz gentechnischer Methoden in der Landwirtschaft ablehnten.
In seinem Positionspapier kritisiert das Umweltministerium die gegenwärtige Diskussion um mehr Offenheit gegenüber neuen Züchtungsmethoden als „im wesentlichen interessengetrieben und polarisiert”.
„Kräftig gerüttelt”
Kräftig werde an der bestehenden EU-Regulierung gerüttelt, „von der Agrarindustrie, Pflanzenzüchterverbänden und -unternehmen und einigen Forschern”. Demgegenüber leiste das Bundesumweltministerium mit seinem Positionspapier „einen Beitrag zur Versachlichung”.
Risikoforschung ausbauen
Neben der Forderung, dass die Regelungen der EU-Freisetzungsrichtlinie weiterhin ohne Ausnahmen für neue Gentechniken gelten müssten, spricht sich das Umweltministerium in dem Papier für den Ausbau einer unabhängigen Risikoforschung zu gentechnischen Züchtungsmethoden aus und setzt sich zugleich dafür ein, Nachweismethoden für neue Gentechnikverfahren zu entwickeln. Dazu müssten weitere Analyseverfahren entwickelt und bestehende Register sowie Datenbanken mit Informationen über auf dem Markt oder in der Entwicklung befindliche gentechnisch veränderte Organismen ausgeweitet werden.
Klöckner enttäuscht
Enttäuscht hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf die kritische Haltung ihrer Kabinettskollegin Svenja Schulze gegenüber neuen molekularbiologischen Techniken reagiert. „Für die Land- und Ernährungswirtschaft sollte sie wissenschaftliche Fakten in ihr Stimmungsbild miteinbeziehen”, so Klöckners Reaktion auf das am Dienstag vorgelegte Positionspapier der Umweltministerin. Der wirft die CDU-Politikerin vor, sie argumentiere aus einer Position des Überflusses, während der Klimawandel weltweit den Ernten durch Dürren, Wassermangel und neue Schädlinge immer mehr zusetze und so die Ernährungssicherheit von Millionen Menschen gefährde. „Wer aber Ernten stabil halten will, wer den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stark zurückfahren möchte, und wer wiederum Klimastabilität von Pflanzen ohne mehr Verbrauch von Ressourcen wie Wasser erwartet, der kann diese Techniken nicht einfach abtun”, warnte Klöckner.
Die Ministerin bekräftigte ihre bisherige Position: „Ich setze Hoffnungen in den verantwortungsvollen, auf klaren Regeln basierenden Umgang mit neuen molekularbiologischen Techniken.”