Politik
| 20. November 2014
Schmidt für Tierschutz mit Augenmaß
Von AgE
Eine Tierschutzpolitik mit Augenmaß hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt angekündigt. Seinen Worten zufolge gelten dabei die Prinzipien der Wissenschaftlichkeit und praktischen Umsetzbarkeit.
„Ich bin der Meinung, Tierwohl und moderne Landwirtschaft müssen und können in Einklang gebracht werden”, sagte der Minister vergangene Woche zur Eröffnung der EuroTier in Hannover. Bei seiner Initiative wolle er sich am Wohl des einzelnen Tieres orientieren, „ohne die Nutztierhaltung aus Deutschland zu vertreiben und Importen auf der Basis niedriger Tierschutzstandards den Weg zu ebnen”, versicherte Schmidt.
„Nie artgerechter als heute”
Für den Präsidenten der Deutschen
Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Carl-Albrecht Bartmer, war die
Tierhaltung noch nie artgerechter als heute. Er verwies unter anderem
auf „offene, lichtdurchflutete Laufställe”, bestes Klima und „ideal
zugeschnittene Futterrationen”. Die Technik helfe dabei, die Prozesse
effizienter und ans Tier angepasster zu machen. Bartmer unterstrich, die
moderne Tierhaltung sei kein Thema für nationale Formate. Man agiere im
globalen Raum und brauche den Wettbewerb. Die Debatte über den
richtigen Weg zu mehr Tierwohl müsse ebenfalls weitgehend aus
internationaler Perspektive geführt werden.
Wirtschaft muss handeln
Schmidt bekräftigte seinen Grundsatz der „verbindlichen
Freiwilligkeit”. Er setze zunächst auf die Eigeninitiative der
Wirtschaft. Wo das Engagement der Wirtschaft nicht zu den notwendigen
Verbesserungen führe, schließt der CSU-Politiker allerdings eine
Änderung des Rechtsrahmens nicht aus. Er betonte gleichzeitig, dass er
kein Phantast sei, der glaube, dass Deutschland als leuchtendes Vorbild
vorangehe und alle folgen würden. Es sei wichtig, einen Konsens zu
finden, zumindest auf EU-Ebene. Die Branche könne nicht davon leben,
allein den nationalen Markt zu bedienen.
Bei Milch besorgt, aber nicht alarmiert
„Mit Sorge, aber nicht mit Alarm” sieht der Minister
die aktuelle Milchpreisentwicklung. Es gelte, die Kräfte in der
Erzeugung und Vermarktung zu bündeln. „Der Staat kann nicht den Markt
ersetzen”, betonte Schmidt. Staatliche Markteingriffe wie die Milchquote
seien auf Dauer keine Lösung und angesichts des globalisierten Marktes
auch nicht mehr realistisch. Das wüssten auch die Akteure in der
Milchwirtschaft, die sich zum Teil jetzt schon auf die Marktsituation
nach dem Wegfall der Milchquote Ende März 2015 einstellten.
Die Marktaussichten bei Fleisch sieht der Bundeslandwirtschaftsminister
grundsätzlich positiv. Die Preise hätten sich nicht aufgrund einer
mangelnden Nachfrage verändert, sondern als Folge schwieriger
politischer Rahmenbedingungen und zu optimistisch angedachter
Produktionsmengen.
Der Minister sprach sich für einen ständigen Dialog zwischen der Landwirtschaft und der übrigen Gesellschaft aus. Ansätze wie der mobile Schweinestall seien wichtige Kommunikationsinstrumente, reichten aber nicht aus. Die Branche müsse die gesellschaftliche Akzeptanz steigern und dürfe die Zeichen der Zeit nicht ignorieren.
Der Minister sprach sich für einen ständigen Dialog zwischen der Landwirtschaft und der übrigen Gesellschaft aus. Ansätze wie der mobile Schweinestall seien wichtige Kommunikationsinstrumente, reichten aber nicht aus. Die Branche müsse die gesellschaftliche Akzeptanz steigern und dürfe die Zeichen der Zeit nicht ignorieren.
Jeder Einzelne gefragt
Bartmer beklagte ein großes Informationsdefizit in der
Gesellschaft. Hier habe man die Verbraucher anscheinend zu lange allein
gelassen. Das Vertrauen könne aber über jeden einzelnen Landwirt
zurückgewonnen werden. Es würde zu kurz greifen, die Kritiker als
„ethische Dogmatiker, als rückwärtsgewandte Idealisten und
Sozialromantiker” nicht ernst zu nehmen, so der DLG-Präsident. Man müsse
genau hinhören und dabei einen bunten, mitunter widersprüchlichen
Strauß an Erkenntnissen gewinnen. Es gebe emotionale Wünsche an die
Tierhaltung, die auf menschliche Bedürfnisse zugeschnitten seien, sich
aber wissenschaftlich als nicht relevant erwiesen. Es gebe aber auch
Ausprägungen in den Verfahren, darunter auch das eine oder andere
Zuchtziel, das ein „intensives fachlich fundiertes kritisches
Nachdenken” verdiene.
Die Branche müsse darauf achten, dass sie in den Tausenden von
Flutlichtern einer EuroTier 2014 nicht nur in einer Parallelwelt
erstrahle, aber die strukturellen gesellschaftlichen Veränderungen in
ihrem Umfeld nicht ausreichend wahrnehme.