Schlupfwespenlarven können fliegen
Von Dr. Bernd Wührer, AMW Nützlinge GmbH, und Dr. Hubert Sprich, ZG Raiffeisen
Schlupfwespenlarven können fliegenIm Maisanbau sind vor allem Pilzinfektionen als Folge eines Zünslerbefalls und damit erhöhte Mykotoxingehalte im Erntegut ein zunehmendes Problem. In einigen Regionen können dieses Jahr erstmals mithilfe eines Multikopters Trichogramma-Schlupfwespenlarven aus der Luft ausgebracht werden.
Der Test verlief positiv: Nun liegt eine Aufstiegsbewilligung für Multikopter vor, um aus der Luft Trichogramma-Schlupf-
wespenlarven in Maisbeständen auszubringen.
Das vergangene Jahr war klimatisch ein außergewöhnliches Jahr. Der lang anhaltende Frost und kühle Temperaturen im Frühjahr führten zu einer deutlichen Entwicklungsverzögerung der überwinternden Maiszünslerlarven. Entsprechend spät begannen dann auch der Flug und die Eiablage. Besonders im Vergleich zum Jahr 2011 zeigte sich eine Verzögerung von mehr als drei Wochen. Dies widerspricht zwar dem Trend der Klimaerwärmung und einem tendenziell früheren Schädlingsauftreten, wie langfristige Studien belegen. Es zeigt aber auch, dass Witterungsextreme und dadurch bedingte Schwankungen bei Schädlingspopulationen zunehmen.
Die Wintermortalität 2012/13 war relativ hoch, verursacht auch durch die feuchte Witterung im Frühjahr, zahlreiche Maisbestände wurden komplett überflutet. Das Monitoring-Team des LTZ Augustenberg um Franz-Josef Kansy und Kurt Dannemann stellte entsprechend eine schwache Flugaktivität an vielen Fallenstandorten 2013 fest.
Zünsler verstärkt in Hang- und Höhenlagen
Bei der Auswertung
der Versuche konnte dennoch regional eine Zunahme des Befallsdrucks
beobachtet werden. Insbesondere in Hang- und Höhenlagen nahmen die
Schäden gegenüber dem Vorjahr deutlich zu. Auch die bivoltine Rasse in
der Nähe von Freiburg breitete sich weiter aus. Wichtig ist daher, die
Bekämpfung des Zünslers nicht zu vernachlässigen. Sowohl der Einsatz
von Trichogramma als auch die Insektizidbehandlungen waren in der Regel
gut bis sehr gut wirksam. In den amtlichen Versuchen brachten beide
Verfahren Wirkungsgrade von über 80 Prozent. Grundlage hierfür war das
sehr gute Monitoring, das einen optimalen – sehr späten –
Bekämpfungstermin ermittelte.
Neues Insektizid
Das neue Jahr begann
deutlich anders: zu warm. Für eine Prognose des Maiszünsler-Auftretens
ist es noch zu früh. Die Witterungsbedingungen waren bislang für die
Überwinterung nicht optimal: zu warm und zu feucht. Die derzeitigen
Temperaturen dürften die Verpuppung beschleunigen. Um die weitere
Ausbreitung zu beobachten, sollten das Fallennetz und die direkten
Beobachtungen in den Beständen insbesondere in Höhen- und Grenzlagen
ausgebaut werden. Neu zugelassen für die Zünslerbekämpfung ist das im
Wein- und Obstbau etablierte Coragen mit dem Wirkstoff Rynaxypyr, einem
sehr nützlingsschonenden Präparat. Wie Steward und Gladiator sollte
dieses Insektizid für eine optimale Wirksamkeit möglichst spät und damit
mit einem Hochradschlepper appliziert werden.
Hoffnung auf MEKA
Die
Schlupfwespe Trichogramma wird weiterhin in den bekannten Verfahren zum
Hängen und Werfen angeboten. Empfohlen wird die zweimalige Behandlung
mit jeweils 100 000 Tieren/ha gegen die univoltine Rasse (eine
Generation im Jahr) beziehungsweise die zweimalige Behandlung mit
100.000 und 200.000/ha Nützlingen im Körnermais in Gebieten der
bivoltinen Rasse. Untersuchungen mit einer einmaligen Freilassung von
150.000 Trichogrammen/ha brachten in den amtlichen Versuchen
ausreichende Wirkungsgrade. Es bleibt zu hoffen, dass damit die
einmalige Ausbringung in das neue MEKA-Programm ab 2015 aufgenommen
wird. Damit würde dieses biologische Verfahren in Baden-Württemberg
gestärkt.
Vier Minuten pro Hektar
Eine arbeitswirtschaftliche Erleichterung verspricht eine neue Applikationstechnik: ein GPS-gesteuerter Multikopter, der die Trichogrammen aus der Luft verteilt. Der Multikopter kann Maisflächen exakt abfliegen und dabei alle sieben Meter eine Trichogrammakugel abwerfen. Für eine Trichogramma-Ausbringung werden nur etwa vier Minuten pro Hektar benötigt. Insbesondere für größere Schläge ist dies eine hervorragende Alternative zur Handausbringung und zum Stelzenschleppereinsatz. Im vergangenen Jahr wurde dieses neue Ausbringungsverfahren bereits auf über 30 Hektar südlich von Freiburg mit Erfolg geprüft. Auch der Transport zum Einsatzort ist – verglichen mit einem Stelzenschlepper, der ebenfalls für eine maschinelle Applikation eingesetzt werden kann – einfacher: Der Kofferraum eines Pkw ist groß genug für den nur drei Kilogramm leichten Kopter. Seit Kurzem liegt für die Multikopter-Ausbringung von Trichogramma in Maisbeständen Baden-Württembergs eine Allgemeinerlaubnis „Aufstiegsbewilligung” vor. Die ZG Raiffeisen bietet die Ausbringung von Trichogramma per Multikopter als Dienstleistung an. Dabei werden je Hektar rund 15 Euro Kosten berechnet. Info:
hubert.sprich@zg-raiffeisen.de,
wuehrer@amwnuetzlinge.com und
regina.burger@fenaco.com