Politik | 18. Dezember 2014

Schlechte Stimmung vor Weihnachten

Von Benjamin Bohn
Konträr verlaufen in Südbaden in wichtigen landwirtschaftlichen Produktionszweigen die Einkommenskurven des vergangenen Wirtschaftsjahres im Vergleich zum laufenden. Trotz Zugewinnen bildeten die hiesigen Bauern bundesweit im Vorjahr erneut das Schlusslicht. Im Moment herrscht schlechte Stimmung.
Die Preise für Getreide und Mais liegen auf niedrigem Niveau, auch wenn Acker- bauern derzeit einen leichten Aufwärtstrend registrieren können.
In Baden-Württemberg verbesserten sich im vergangenen Wirtschaftsjahr in mehreren Bereichen die landwirtschaftlichen Einkommen. Insgesamt lag das Einkommen der baden-württembergischen Landwirte bei 32 298 Euro je Arbeitskraft. Damit wurde etwas mehr verdient als im Vorjahr.
 „Trotzdem bleiben die Einkommen unserer heimischen Landwirte weiterhin Schlusslicht im bundesweiten Vergleich”, bedauerte Werner Räpple, Präsident des BLHV, bei der  Weihnachtspressefahrt am Mittwoch vor zahlreichen Medienvertretern. Die Weihnachtspressefahrt dauerte bei Redaktionsschluss der BBZ noch an.
Zwischen den landwirtschaftlichen Betriebsformen gibt es deutliche Einkommensunterschiede. Vor allem die heimischen Milchviehbetriebe konnten ihre Einkommen im Wirtschaftsjahr 2013/14 verbessern. Auch Veredlungsbetriebe profitierten von einem Plus. Einbußen mussten hingegen Ackerbau- und Weinbaubetriebe hinnehmen.
Das Unternehmensergebnis im Wirtschaftsjahr 2013/2014 für die analysierten baden-württembergischen Betriebe liegt im Durchschnitt bei 50 753 Euro je Betrieb und damit über dem Ergebnis im Vorjahr (46 901 Euro). „Aus diesem Betrag heraus müssen die Landwirte wiederum erhebliche Summen für die Finanzierung betrieblicher Neuinvestitionen und die Beiträge für die landwirtschaftliche Sozialversicherung bestreiten”, kommentierte Räpple das Ergebnis. Durchschnittlich erwirtschaftete ein Landwirt 3,3 Prozent mehr Ertrag und hatte gleichzeitig 2,5 Prozent mehr Aufwand im Geschäftsjahr 2013/2014.
Baden-Württembergs Ackerbaubetriebe erwirtschafteten im vergangenen Wirtschaftsjahr 47 282 Euro Gewinn je landwirtschaftlichem Unternehmen oder 31 976 Euro je Arbeitskraft. Im Vergleich zum Vorjahr mussten sie damit ein etwas schlechteres Ergebnis verbuchen. Niedrigere Preise sind die Hauptursache dafür.
Niedrigere Preis etwas abgefedert
Besonders im Getreideanbau, aber auch für Futter- und Energiepflanzen waren die Preise rückläufig. Insgesamt blieben die Kosten gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert. Die Aufwendungen für Düngemittel sanken sogar. So konnten die niedrigen Preise für Ackerbauprodukte etwas abgefedert werden. „Wetterbedingt sind die Erträge einzelner Getreidesorten bei der Ernte 2013 recht unterschiedlich”, erläuterte Räpple. Beim Mais fiel die geerntete Menge insgesamt zum Beispiel geringer aus als in den Vorjahren.
Nachdem die beiden vergangenen Wirtschaftsjahre bei den Milchviehhaltern in Baden-Württemberg rückläufige Unternehmensergebnisse mit sich brachten, schließen sie im Wirtschaftsjahr 2013/2014 laut Analyse mit einem deutlich positiveren Ergebnis ab. Eine Arbeitskraft erwirtschaftete im Durchschnitt 38 953 Euro. Ein Grund für die Verbesserung des Ergebnisses waren im Wesentlichen höhere Milchpreise. Außerdem trugen ein gewachsener Milchkuhbestand (durchschnittlich fast vier Prozent pro Betrieb) und eine verbesserte Milchleistung (rund zwei Prozent je Kuh) dazu bei.
Veredlungsbetriebe in Baden-Württemberg konnten sich mit 34 140 Euro pro Arbeitskraft im Wirtschaftsjahr 2013/14 erneut leicht verbessern. Der Hauptgrund für die positive wirtschaftliche Entwicklung ist unter anderem in Einsparungen bei Futtermitteln und im Ertragszuwachs bei der Sauenhaltung zu sehen.
Wein schlechter, Obst besser
Weinbauern in Baden-Württemberg mussten wegen schlechter Erträge bei der Weinlese 2013 im Vergleich zu anderen Sparten am meisten Federn lassen. Mit einem Rückgang von 22,5 Prozent schnitten sie am schlechtesten ab. Durchschnittlich sank das Unternehmensergebnis in dieser Betriebsform von 26 929 Euro auf 20 883 Euro je Arbeitskraft. Leicht verbessert hat sich das Ergebnis der Obstbauern. Pro Arbeitskraft erwirtschafteten sie 32 262 Euro, im Vorjahr waren es noch 30 054 Euro pro Arbeitskraft.
Das durchschnittliche Unternehmensergebnis der  Nebenerwerbsbetriebe lag im Wirtschaftsjahr 2013/14 bei 15 100 Euro. Das sind im Durchschnitt rund 5700 Euro weniger als noch im Vorjahr. Insgesamt deuten Erträge und Aufwendungen ebenso wie rückläufige Flächen, Arbeitskräfte und besonders Viehbestände im Wirtschaftsjahr 2013/2014 darauf hin, dass sich die ausgewerteten Nebenerwerbsbetriebe stärker auf ihre außerlandwirtschaftliche Erwerbstätigkeit konzentrierten.
Ausblick auf 2014/15
„Die Situation auf unseren Agrarmärkten hat sich mittlerweile deutlich verschlechtert. Die Preise sinken in vielen landwirtschaftlichen Bereichen. Unsere Landwirte leiden unter der aktuellen Preisentwicklung und schlechten Erträgen für ihre Produkte”, betonte Räpple zur Halbzeitbilanz des aktuellen Wirtschaftsjahres 2014/2015. „Insgesamt rechnen wir in fast allen landwirtschaftlichen Bereichen mit deutlichen Gewinnrückgängen.”
Gründe dafür sieht der BLHV-Präsident  in den weltweit guten Ernten, die für ein großes Angebot an Agrarprodukten auf den Märkten sorgen;  aber auch in der Konzentration des Einzelhandels, der das große Angebot teilweise mit Preissenkungen ausnutzt. „Das Importembargo für europäische Nahrungsmittel durch Russland hat diesen Trend weiter verstärkt”, unterstrich der BLHV-Präsident.
Dies bekommen unter anderem die Milchbauern zu spüren, die für das laufende Geschäftsjahr ein rückläufiges Ergebnis erwarten. Die Milchpreise sinken, da in ganz Europa die Milchproduktion zunimmt, während der Markt gesättigt ist. Auch die Schweine- und Ferkelerzeuger sind mit einem Absturz ihrer Preise konfrontiert. „Viele Schweineerzeuger schreiben aktuell rote Zahlen”, so Räpple.
Getreidelager voll
Die Preise für Getreide und Mais liegen ebenfalls auf niedrigem  Niveau, auch wenn Ackerbauern derzeit einen leichten Aufwärtstrend registrieren können. Die Getreideernte war 2014 wegen anhaltender Niederschläge sehr schwierig. Aufgrund leicht überdurchschnittlicher Erträge sind die Lager derzeit voll, was die Preise niedrig hält. Auf den Maispreis wirkt sich negativ aus, dass auch weltweit in den wichtigen Maisregionen gute Ernten eingefahren werden konnten. In der Rheinebene waren die Maiserträge durchschnittlich, wobei es regional Probleme mit Pilzerkrankungen gab. Schwierige Witterungsbedingungen und die Kirschessigfliege bereiteten den Winzern Sorgen.  Qualitäten und Mengen der gelesenen Trauben waren im Herbst 2014 letztendlich zufriedenstellend. Im Obstbau führten die Spitzenernte 2014 in Deutschland und anderen wichtigen Anbauregionen sowie die indirekten Folgen des russischen Importstopps zu einem Preisverfall. Nach einem guten Start der Erdbeer- und Spargelsaison 2014 und einem zufriedenstellenden Verlauf gerieten die Preise für Erdbeeren und Spargel gegen Ende der Saison unter Druck. Überdurchschnittlich waren die Erntemengen von Kirschen und Zwetschgen, was die Preise  nach unten drückte. Bei Äpfeln – insbesondere beim Mostobst – drängten wegen des russischen Embargos große Mengen aus Polen auf den europäischen Markt. Auch für Tafeläpfel halbierte sich der Kilopreis im Vergleich zum Vorjahr. „Wir stehen aber erst am Anfang der Saison und hoffen, dass sich die Preise für Tafeläpfel noch stabilisieren werden”, betonte Räpple.
Repräsentative Erhebung
Die Analyse der wirtschaftlichen Lage der deutschen Landwirtschaft wird jährlich vom Deutschen Bauernverband (DBV) durchgeführt. Diesem lagen bundesweit 15 610 Jahresabschlüsse von landwirtschaftlichen Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben vor. Aus Baden-Württemberg wurden 2067 Betriebe ausgewertet. Grundlage der Daten sind Buchführungsabschlüsse der Land-Data, des Landwirtschaftlichen Buchführungsverbandes Kiel sowie anderer regionaler Buchstellen. Die Ergebnisse sind anhand der Verteilung der Betriebe nach der Agrarstrukturerhebung 2010 hochgerechnet und dürfen daher als repräsentativ gelten.