Politik | 16. April 2015

Schlechte Noten vom Umweltbundesamt

Von AgE
Stagnation bei den von ihr ausgehenden Umweltbelastungen hält das Umweltbundesamt (UBA) der Landwirtschaft in Deutschland vor.
Bei der Bewertung der Umweltanstrengungen der Landwirtschaft sind sich das Umweltbundesamt und der Deutsche Bauernverband uneins.
In einem Hintergrundpapier weist die Behörde darauf hin, dass der nationale Stickstoffbilanzüberschuss seit Jahren auf einem hohen Niveau verharre und mit 97 kg N/ha im Mittel den Zielwert der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung um fast 20 kg N/ha verfehle.
Dies sei ein Grund dafür, dass die Landwirtschaft mit 57 Prozent die größte Quelle für Einträge von reaktivem Stickstoff in die Umwelt sei. Mehr als drei Viertel der Stickstoffemissionen in Gewässer stammten aus diffusen Quellen und könnten damit hauptsächlich der Landwirtschaft zugerechnet werden. Zudem entfielen 7,5 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland auf die Landwirtschaft.
Für erforderlich hält das UBA eine wirksame Begrenzung der Nährstoffüberschüsse, eine Flächenbindung der Tierhaltung sowie Verbesserungen beim Stallmanagement nebst emissionsarmer Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdüngern.
Im Bereich Pflanzenschutz wird dem Nationalen Aktionsplan (NAP) der Bundesregierung eine Schlüsselrolle beigemessen. Vorteile weist das UBA dem ökologischen Landbau zu. So entlaste die ökologische Landwirtschaft Grund- und Oberflächengewässer, weil keine mineralischen Stickstoffdünger und Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden dürften. In der Förderung müssten Anreize für eine Ausdehnung der Ökolandbaufläche in Deutschland geschaffen werden.
Der DBV zeigt Unverständnis
Der Deutsche Bauernverband (DBV) reagierte mit Unverständnis auf die UBA-Kritik. Zustimmung erntete die Behörde von den Grünen.
„Die Fakten der Studie stimmen nicht überein mit der schlechten Benotung, die das UBA der deutschen Landwirtschaft ausstellt”, erklärte der stellvertretende DBV-Generalsekretär Udo  Hemmerling  in einem Interview mit dem MDR-Hörfunk. Seinen Angaben zufolge sind die Bilanzüberschüsse bei Stickstoff in den letzten 20 Jahren um mehr als 20 Prozent gesunken. Die Treibhausgase seien ebenfalls um rund ein Fünftel zurückgegangen. Auch Pflanzenschutzmittel würden heute nur noch unter sehr engen Zulassungskriterien des Umweltbundesamtes selbst genehmigt.
„Die deutschen Bauern betreiben Landwirtschaft, um hochwertige Nahrungsmittel zu erzeugen”, stellte Hemmerling fest. Das versuchten sie „so gut wie möglich und auch so emissionsarm wie möglich, mit erheblichen Verbesserungen in den vergangenen zwei Jahrzehnten”. Leider kämen diese Botschaften „nur im Kleingedruckten” der UBA-Studie vor. Im weltweiten Vergleich arbeite die deutsche Landwirtschaft schon heute nachhaltig und mit vergleichsweise wenig Emissionen. Wirtschaftlich nicht attraktiv sei für viele Landwirte die vom UBA empfohlene Umstellung auf ökologischen Landbau. Daran könne auch die Förderung nur begrenzt etwas ändern, so Hemmerling.
Lob von den Grünen
Den Zeitpunkt für die Veröffentlichung des Hintergrundpapiers hält der stellvertretende DBV-Generalsekretär für nicht zufällig gewählt: „Dem Umweltbundesamt geht es offenbar nicht vorrangig um Beratung und Aufklärung von Politik und Öffentlichkeit, sondern es wird Politik gemacht”, vermutet Hemmerling. Offensichtlich solle die politische Diskussion um die Düngeverordnung gezielt beeinflusst werden.
Demgegenüber bescheinigte der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton  Hofreiter, dem Umweltbundesamt, es lege „den Finger in die Wunde”. Hofreiter nutzte das UBA-Papier für scharfe Angriffe auf Bundeslandwirtschaftsminister Christian  Schmidt. Dem warf der Grünen-Politiker vor, er sei ein „Ökolandbau-Verhinderungsminister” und schere sich „einen Dreck um die Grundwasserqualität”. Die gesundheitlichen und finanziellen Kosten für diese verfehlte Politik zahlten alle.
Stickstoffüberschüsse begrenzen
Einen wesentlichen Ansatzpunkt zur Minderung von Stickstoffeinträgen sieht das UBA in einer Begrenzung des Stickstoffüberschusses. Die Behörde verweist auf den Vorschlag ihrer Kommission Landwirtschaft (KLU), den Grenzwert für den Stickstoffbilanzsaldo im Rahmen der anstehenden Novelle der Düngeverordnung auf 50 kg N/ha zu senken. Als weitere sinnvolle Maßnahmen nennt das UBA unter anderem Einschränkungen bei der Ausbringung von Wirtschaftsdünger, Vorgaben für deren unverzügliche Einarbeitung und die Einbeziehung aller organischen Düngemittel einschließlich des Stickstoffanteils aus Gärresten in die Ausbringungsobergrenze von 170 kg N/ha. In der Tierhaltung gebe es Minderungspotentiale durch besseres Management, bessere technische Ausstattung der Ställe sowie durch Abluftreinigung.
Hohe Minderungspotentiale ergäben sich außerdem durch Abdecken von Güllelagern und eine emissionsarme Ausbringung mit modernen Geräten. Handlungsoptionen zur Vermeidung von Phosphoreinträgen in Böden und Gewässer bieten laut UBA der Verzicht auf Phosphatdünger bei Phosphatüberversorgung agrarisch genutzter Böden und reduzierte Düngung bei hoher Versorgung.
Zur Vermeidung schädlicher Umweltauswirkungen von Pflanzenschutzmitteln verweist das Umweltbundesamt auf Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zur Sachkundeverbesserung der Anwender, aber auch zur Gewährleistung einer konsequenten landesbehördlichen Kontrolle der Umweltauflagen. Für notwendig erachtet die Behörde Grenzwerte für Arzneimittel im Boden- sowie im Grund-, Trink- und Oberflächenwasser. Analog zum Vorgehen bei Pflanzenschutzmitteln sei für Tierarzneimittel ein Grenzwert im Grundwasser von 0,1 Mikrogramm/l festzulegen.
Nach UBA-Auffassung kann die Umstellung auf den ökologischen Landbau einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung umweltbelastender Stoffeinträge aus der Landwirtschaft in die Umwelt leisten. Dafür müsse die Umstellungsförderung fortgeführt und verstärkt werden. Zudem sei die Agrarforschung in diesem Bereich zu intensivieren.