Pflanzenbau | 10. Dezember 2020

Schädlinge nehmen zu trotz Insektensterben

Von Julius Kühn-Institut
Seit 1985 werden in der Region Quedlinburg-Aschersleben vom Julius Kühn-Institut (JKI) und seinen Vorgängerorganisationen vom Frühjahr bis in den Spätherbst fliegende Insekten gefangen. Dafür wird eine 12,2 Meter hohe Saugfalle verwendet.
Ein Marienkäfer (oben links) und eine Marienkäferlarve (unten rechts) tun sich gütlich an Getreideblattläusen.
Die Anlage wurde ursprünglich errichtet, um den Einflug relevanter landwirtschaftlicher Schadinsekten zu überwachen. Neben den Schädlingen landen jedoch auch verschiedene Nützlinge wie Schlupfwespen, Fliegen, Käfer und Spinnen in der Falle. Dieser sogenannte Beifang wird nun zusammen mit den erhobenen Daten erstmalig ausgewertet.
Der Datensatz sei deshalb so interessant, weil er über einen Zeitraum von 35 Jahren zurückreicht und somit ein Langzeitmonitoring zum Auftreten von Schädlingen und Nützlingen mit standardisierter Methode in einer Region erlaubt, betont das JKI. Eine Vorabauswertung ist jetzt in den Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie (DGaaE) erschienen.
Weltweit gehen die Insekten zurück. „Auch in unserer Falle hat sich die täglich gewogene Fangmenge über die Jahrzehnte verringert. Ein Hinweis darauf, dass die Zahl der flugfähigen Insekten auch in der Region Quedlinburg-Aschersleben seit Mitte der Neunzigerjahre abnimmt”, erklärt Dr. Tim Ziesche, der am JKI die Auswertung der Daten koordiniert. „Dieser Trend lässt sich jedoch nicht bei allen Insektengruppen gleichermaßen beobachten. Einige Schadinsekten scheinen Nutznießer des Klimawandels zu sein. So treten zum Beispiel Blattläuse früher im Jahr auf und zeigen insgesamt höhere Dichten in den Fallen über einen längeren Zeitraum in der Vegetationsperiode”, berichtet Ziesche weiter. Insgesamt seien in den vergangenen 15 Jahren deutlich mehr Blattläuse in die Falle gegangen als in den vorherigen Jahrzehnten.
Diese Beobachtungen sind jedoch nur ein Anfang. Die Auswertungsarbeiten an dem umfangreichen Datensatz gehen weiter. Künftig sollen auch die Fänge aus einer zweiten Saugfalle des gleichen Typs am Standort Groß-Lüsewitz in Mecklenburg-Vorpommern einfließen. Diese größer angelegte Studie, in die ebenfalls weitere europäische Saugfallen einbezogen werden, soll dazu beitragen, Muster in den Langzeitänderungen der Artenvielfalt zu erkennen, um die Komplexität der Wechselwirkungen besser zu verstehen.
Insektensaugfalle am JKI in Quedlinburg für Langzeitmonitoring.