Mehr Tage einsetzbar
Bundeslandwirtschaftministerin Julia Klöckner, die sich mit Arbeitsminister Hubertus Heil auf den Kompromiss verständigt hatte, begrüßte die vorgesehene Neuregelung. Die Maßnahme sei einerseits ein Beitrag zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit heimischen Lebensmitteln, weil insbesondere im Bereich des Obst- und Gemüseanbaus die Landwirte auf Arbeitskräfte angewiesen seien, erklärte Klöckner. Andererseits werde durch die mit der längeren Aufenthaltsdauer einhergehende geringere Personalfluktuation das Infektionsrisiko verringert.
Unionsagrarsprecher Albert Stegemann kündigte an, man werde die Neuregelung unmittelbar nach Ostern im Bundestag in Gesetzesform gießen. Dies sei dringend notwendig, weil ohne die Unterstützung durch ausländische Saisonarbeitskräfte zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland in Existenznot geraten würden. „Grundsätzlich ist eine kurzzeitige Beschäftigung auch eine kurzzeitige Angelegenheit”, erklärte der sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Peter Weiß. Die Pandemie zeige jedoch, „dass wir im Interesse der Menschen und der Betriebe hier neu denken müssen”. Es gehe vor allem darum, unnötigen Reiseverkehr für ausländische Saisonarbeitskräfte in Risikogebiete zu vermeiden. Gleichzeitig werde der soziale Schutz der Betroffenen gestärkt, indem künftig ein Krankenversicherungsschutz nachgewiesen werden müsse.
Harsche Kritik kam von den Grünen. Die Ausweitung der sozialversicherungsfreien Beschäftigung sei „ein Schlag ins Gesicht aller Saisonarbeitskräfte”, so die Sprecher für Agrar- und Sozialpolitik, Friedrich Ostendorff und Beate Müller-Gemmeke. Sie warfen Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner vor, sie betreibe „wieder einmal Klientelpolitik für profitgierige Betriebe”. Demgegenüber begrüßte der agrarpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Protschka, die Entscheidung, mahnte aber weitere Anreize für inländische Saisonarbeitskräfte an.
Zustimmung zum Kabinettsbeschuss kam auch aus den Ländern. Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk bezeichnete die Ausweitung der sozialabgabenfreien Beschäftigung als wichtige Voraussetzung, den regionalen Sonderkulturanbau unter Corona-Bedingungen sicherzustellen. Für Baden-Württemberg als Land der Sonderkulturen seien Saisonarbeitskräfte essenziell.