Betrieb und Wirtschaft | 07. Mai 2015

Regionales Bio-Rindfleisch ist sehr gesucht

Von Hans-Martin Schwarz
Vermarktungswege für Bio-Rindfleisch in der Region wurden bei einer Veranstaltung des Landwirtschaftsamtes in Donaueschingen vorgestellt. Drei Vermarkter und eine Betriebsleiterin berichteten von ihren Erfahrungen.
Anhand einer Vollkostenrechnung aus den Kalkulationsdaten Mutterkuhhaltung zeigte  Hans-Martin Schwarz vom Landwirtschaftsamt Donaueschingen auf,  dass bei einer angestrebten Stundenentlohnung von 13 Euro  fast 50Prozent mehr als derzeit  als Ertrag einer Mutterkuh mit anteiliger Nachzucht erlöst werden müssten. Trotz teilweiser Direktvermarktung belief sich das Betriebsergebnis pro Kuh bei Deckung aller variablen, aber auch Stallplatz- und Arbeitskosten auf  ein Minus von fast 600 Euro.
 Da bei den Kosten schon vieles ausgereizt  und viele Vorgaben bei Haltung und Fütterung zwingend zu beachten seien, muss  man sich laut Schwarz nun auch um die Erlösseite kümmern.
Wer seine Bio-Rinder als konventionelle Tiere vermarktet, verschenkt bares Geld.
Referent Daniel Weiß, der zusammen mit Einkäufer Hubert Klöpf  das Konzept der Kemptener Firma Feneberg vorstellte, wies auf die Bedeutung der Grünlandverwertung durch den Rindermagen hin. Als letzter familiengeführter Einzelhändler in der Nahrungsmittelbranche werde die komplette Wirtschaftskette von der Firma realisiert. Auch Edeka werde beliefert. Man kaufe Bio-Färsen oder Bio-Ochsen, aber keine Bullen, da mindestens 100 Tage Weidegang vorgeschrieben seien.
Es sei auch möglich, dass in auslaufenden Milchviehbetrieben künftig Ammenkühe gehalten würden, um Biorinder auszumästen und so  Wertschöpfung im Betrieb zu generieren, anstatt alle männlichen und einen Teil der weiblichen Kälber nur zu konventionellen Preisen zu verkaufen. Die Schlachtgewichte sollten bei Ochsen 370 kg und bei Färsen 330 kg betragen, das Alter der Schlachttiere weniger als 34 Monate.
Es gebe Dreijahresverträge mit  Liefer- und Abnahmepflicht. Der Preis pro kg Schlachtgewicht liege bei 4,50 Euro. Die Firma werbe mit dem Slogan „Bio mit Gesicht”, daher würden auch Tage der Offenen Tür  auf Höfen für die Verbraucher angeboten. Hubert Klöpf erläuterte, dass die Kunden beim Fleischkauf immer sensibler werden.   Feneberg sei  aufgeschlossen, bei genügend Interesse auch einen Schlachthof in der Region für die Schlachtung ihrer Biorinder zu gewinnen, um die Wege zu verkürzen.  Feneberg sucht dafür  Betriebe, die in der Region Biorinder vermarkten möchten.
Kurze Wege
Landwirt Markus Kaiser aus Bernau stellte  das Konzept der Erzeugergemeinschaft „Junges Weiderind” aus dem Kreis Waldshut vor. Die Tiere müssen biologisch erzeugt  werden, außerdem sind kurze Transportwege und die Kontrolle nach der Öko-Verordnung Voraussetzung. Das ideale Alter der weiblichen oder männlichen Absetzer von Mutterkühen beträgt 12 Monate mit einem Schlachtgewicht von 220 bis 230 kg. Neun Monate werden die Absetzer von der Mutterkuh mit Milch versorgt.Je nach Qualität beträgt der Auszahlungspreis für den landwirtschaftlichen Betrieb zwischen 3,80 Euro und 4,60 Euro pro kg Schlachtgewicht. 70 Lieferbetriebe, größtenteils im Kreis Waldshut, liefern jährlich 700 Tiere, darunter auch 120 Schlachtkühe.  
Es gebe keine Andienungs- und keine Abnahmepflicht, eine kleine Geschäftsstelle mit schmalen Strukturen organisiert die Vermarktung und Auszahlung. Unter anderem wird das Fleisch in 40 Edeka-Filialen vermarktet.
Die Erzeugergemeinschaft „rebio GmbH” stellte deren Vertreter Gerd Nehk aus Rottenburg vor. 60 Landwirte gehören dieser Gemeinschaft an, die pro Jahr 2000 Rinder und 8000 Schweine vermarktet. Eine Mitgliedschaft für die vermarktenden Betriebe ist nicht zwingend vorgeschrieben.
Die Lieferbetriebe müssen den Bioverbänden Bioland, Demeter oder Naturland angehören. 50% der Ware gehen zu Edeka-Filialen, 25% an  Metzgereien und weitere 25 % werden über den Verband Demeter vermarktet. Das Verkaufsgebiet beschränkt sich auf Baden-Württemberg, da Verkaufsgebiet und Erzeugergebiet identisch sein sollen.
Grundsätzlich gibt es Festpreise für die Erzeuger, die derzeit bei Biorindern 4,60 Euro pro kg Schlachtgewicht betragen. Ochsen werden bis zu einem Alter von 30 Monaten akzeptiert, einen Zuschlag gibt es bis zum Alter von 24 Monaten. Rebio sucht derzeit neue Lieferbetriebe, wie  Nehk betonte.  
Anliefern muss man selbst
Geschlachtet wird in zehn  Schlachthöfen in ganz Baden-Württemberg. Wie auch bei den anderen Organisationen muss der Landwirt dafür sorgen, dass die Tiere an den Schlachthof gelangen. Erzeuger- und Kundenbetreuung übernehmen Berater der Firma rebio.  Nehk bedauerte ausdrücklich, dass immer weitere kleinere Metzgereien und Schlachthöfe ihre Pforten schließen und so eine Tendenz zur Konzentration gegeben ist.
Das Landwirtschaftsamt ist sich wegen der vielen Anregungen aus dem Publikum und der großen Resonanz sicher, dass der Abend viele Impulse für  Erzeuger gesetzt hat, und hofft auf eine verbesserte künftige Erlössituation. 
"Kraftfutter verdrängt nur Grundfutter"
Martina Braun aus Furtwangen-Linach erläuterte ihre Art der Direktvermarktung von Weidemastochsen. Sie bewirtschaftet einen Bioland-Betrieb  mit Milchkühen der Rasse Vorderwälder. Da Familie Braun die Herbstkalbung favorisiert, kommen die jungen Mastochsen schon ab der 15. Lebenswoche auf die frische Weide.
 Weitere Kraftfuttergaben werden nicht verabreicht. Die Ausmast auf  280 bis 300 kg Schlachtgewicht erfolgt  rein über Grundfutter, vorwiegend auf der Weide, aber auch mit Grassilage und Heu. „Kraftfutter verdrängt nur Grundfutter”,  stellte sie   fest.
 Wichtig sei  der Ablauf des Schlachtprozesses, daher schlachte man im nahe gelegenen Schlachthaus im Urachtal, das ein Förderverein von der Gemeinde übernommen hat.  Am besten sei, wenn ein Mitglied der Familie  bei Verladung und Transport der Ochsen dabei sei.
 Laut Martina Braun ist die Fleischqualität nach dem Weideabtrieb im Herbst am besten. Würden die Tiere noch einen Winter im Stall gehalten, bestehe Verfettungsgefahr. Eine angemessene Reifezeit durch Abhängen der Hälften ist ein weiteres Qualitätskriterium. Jeder Erzeuger müsse die Kosten der Aufzucht im Blick haben und den nötigen Aufschlag für das Biofleisch kalkulieren, sagte Braun.
 Den Namen Bioland nutze sie natürlich auch für die Vermarktung an die Einzelkunden. Von der Aktion „Bio mit Gesicht” hält sie viel,  Transparenz sei wichtig. Angesprochen auf ihre Vermarktung
in Vierteln antwortet sie,
dass dies funktioniere, obwohl die Haushalte kleiner  würden: „Dann müssen sich eben ein paar Familien ein Viertel teilen und sich zusammentun, das geht doch auch.”