Die baden-württembergische Landesregierung hat vergangene Woche den Entwurf für ein neues Naturschutz- sowie ein neues Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz freigegeben.
„Wir freuen uns darüber, dass die Gesetzesnovelle einen weiteren wichtigen Schritt genommen hat”, sagten Umweltminister Franz Untersteller und Landwirtschaftsminister Peter Hauk am 19. Juni in Stuttgart. Sie sprachen vom „ehrgeizigsten” Gesetzesvorhaben zur Stärkung der Biodiversität in Deutschland. „Wir schützen damit nicht nur die Artenvielfalt, sondern stärken auch die bäuerliche Landwirtschaft. Auf diese Weise werden Naturschutz und Landwirtschaft miteinander versöhnt”, betonten Untersteller und Hauk.
Aufgabe der gesamten Gesellschaft
Die Gesetzesnovelle sei die Weiterentwicklung des
Volksbegehrens „Rettet die Bienen”. Sie greife außerdem viele der Punkte
auf, die sowohl dem Trägerkreis des Volksbegehrens als auch den
Bauernverbänden mit ihrem im März eingereichten Volksantrag wichtig
gewesen seien. „Der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe”, unterstrichen die beiden Minister
unisono. Daher sehe der Entwurf nicht nur Regelungen für die
Landwirtschaft, sondern auch das Land selbst, die Städte und Kommunen
sowie Privatpersonen vor.
Einschneidende Anpassungen
Die Landwirte müssen sich indes auf einschneidende
Anpassungen einstellen: Der Gesetzesvorlage zufolge soll bis zum Jahr
2030 die Gesamtaufwandmenge an chemisch-synthetischen
Pflanzenschutzmitteln um 40 bis 50 Prozent reduziert und der Anteil der
ökologischen Landwirtschaft auf 30 bis 40 Prozent erhöht werden.
Außerdem sind der Erhalt von Streuobstwiesen, ein Verbot von
Schottergärten auf Privatgrundstücken und die Minimierung der
Lichtverschmutzung zentrale Elemente der Novelle.
Refugialflächen auf zehn Prozent
Des Weiteren sieht der Gesetzentwurf der Landesregierung
die Umsetzung eines Verbots von chemischen Pflanzenschutzmitteln in
ausgewiesenen Naturschutzgebieten sowie die Einhaltung der
landesspezifischen Vorgaben des integrierten Pflanzenschutzes in den
übrigen Schutzgebieten vor. Bis zum Ende des Jahrzehnts soll zudem ein
landesweiter Biotopverbund auf 15 Prozent der Landesfläche aufgebaut
werden. Schließlich ist auch die Schaffung von Refugialflächen auf zehn
Prozent der landwirtschaftlichen Flächen geplant. Der Landtag sollte
sich bereits in dieser Woche mit dem
Gesetzentwurf in erster Lesung befassen.
In der vergangenen Woche hatten sich die Abgeordneten bei einer
öffentlichen Anhörung über den Volksantrag „Gemeinsam unsere Umwelt
schützen in Baden-Württemberg” informiert, den Landwirtschaftsvertreter
eingereicht hatten.
Bekenntnis zum Artenschutz
Dabei bekräftigten der Präsident des Landesbauernverbandes in
Baden-Württemberg (LBV), Joachim Rukwied, und der Präsident des BLHV,
Werner Räpple, das Bekenntnis der Landwirtschaft zum Artenschutz.
Darüber hinaus sollte mit dem Antrag auch die gesamtgesellschaftliche
Verantwortung für den Schutz von Flora und Fauna hervorgehoben werden.
Eine Schlüsselrolle bei der Stärkung der Artenvielfalt nehme der
kooperative Naturschutz ein, betonten Rukwied und Räpple. Laut
Einschätzung des Vorsitzenden vom Ausschuss für ländliche Räume, Martin
Hahn, wurde in der Anhörung deutlich, dass die Ursachen für den
Artenrückgang vielfältig sind.
Einkommen sichern
Räpple betonte, dass man landwirtschaftliche Existenzen
sichern müsse, um die Artenvielfalt zu fördern. Deshalb müsse auch der
Lebensmittelhandel in die Bemühungen einbezogen werden. Heimische Ware
stehe schließlich im Wettbewerb mit Importware aus Drittstaaten, die
unter anderen Standards erzeugt werde. Rukwied hob die Wichtigkeit des
Pflanzenschutzes für die landwirtschaftliche Produktion hervor.
Kulturpflanzen müssten weiterhin vor Krankheiten und Schädlingen
geschützt werden können.
NABU: „Recht unkonkret und allgemein”
Der baden-württembergische
Landesverband vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) begrüßte den
Volksantrag, kritisierte ihn allerdings als „recht unkonkret und
allgemein”. Die im Antrag genannten Punkte seien im Entwurf des
Biodiversitätsstärkungsgesetzes bereits aufgegriffen und konkretisiert worden.