Von Dr. Peter Knuth, Regierungspräsidium Tübingen
Eine ideale Vorwinterentwicklung für Winterraps besteht dann, wenn im Feld bis Vegetationsende kräftige Einzelpflanzen mit flach sitzenden Vegetationskegeln stehen, die bereits eine tiefgehende, gesunde Pfahlwurzel ausgebildet haben.
So sollte ein Rapsbestand in den Winter gehen: nicht zu schwach, aber auch nicht zu stark entwickelt.
Auf einem Quadratmeter sollten nicht mehr als 30 bis 45 Pflanzen mit acht bis zwölf Laubblättern vorhanden sein. Eine wichtige vorbeugende Maßnahme für einen gesunden Rapsbestand vor Vegetationsende ist der Saatzeitpunkt und damit auch die Wahl der geeigneten Sorte.
Mit der Sortenwahl können bereits viele für die Vorwinterentwicklung wichtige Eigenschaften berücksichtigt werden, wie zum Beispiel die Winterfestigkeit, Schoßneigung, Wüchsigkeit und Widerstandfestigkeit gegenüber der Wurzelhals- und Stängelfäule.
Warum Fungizide im Herbst spritzen?
Um den Raps vor Krankheiten und mangelnder Winterfestigkeit zu schützen, sollten die Rapsbestände rechtzeitig kontrolliert und gegebenenfalls mit geeigneten Pflanzenschutzmaßnahmen auf den kommenden Winter vorbereitet werden. Die Herbstanwendung ist für den Winterraps in fast jedem Jahr eine wichtige und notwendige Maßnahme. Mit ihr werden zwei Ziele verfolgt:
1. Die Bekämpfung der Wurzelhals- und Stängelfäule (Phoma lingam). Diese Pilzkrankheit hat im Herbst seit einigen Jahren an Bedeutung verloren, da zunehmend Sorten mit einer geringen Anfälligkeit auf den Markt gekommen sind. Bei regenreicher und warmer Witterung im August und September muss aber mit dem Auftreten einer Infektion gerechnet werden.
Die ersten Symptome sind relativ leicht zu erkennen. Auf den Blättern erscheinen zunächst gelbliche Flecken, die sich im Zentrum weißgrau verfärben und viele winzig kleine schwarze Pünktchen haben, die sogenannten Pyknidien. Bei stärkerem Infektionsdruck, wenn auf Keimblättern oder ersten Laubblättern bereits Symptome auftreten, kann es bereits im Herbst zu einem Durchwachsen des Pilzes vom infizierten Blatt über den Blattstiel auf den Stängel oder den Wurzelhals kommen
Den Wurzelhals gesund halten
Phoma lingam an Raps. Auf den Blättern erscheinen zunächst gelbliche Flecken, die sich im Zentrum weißgrau verfärben und viele winzig kleine schwarze Pünktchen haben, die sogenannten Pyknidien.
Beim Anfangsbefall auf den Blättern ist die Schadwirkung noch als gering einzustufen, die Stängel- und Wurzelhalsinfektionen können aber zu einer Vermorschung und Einschnürung des Wurzelhalses bis hin zum Absterben der Pflanze führen. Ein Übergreifen der Infektion vom Blatt auf die Stängel gilt es also auf jeden Fall zu verhindern. Bei späten Blattinfektionen im Oktober/November wächst der Pilz in der Regel deutlich langsamer als das Blatt altert und letztlich abfällt, sodass Blattinfektionen im Spätherbst eher selten zu Wurzelhalsinfektionen führen und nicht ertragsrelevant sind.
2. Auch wenn sich das Risiko einer ertragsrelevanten Phoma-Infektion in den vergangenen Jahren deutlich verringert hat, gehört die Verbesserung der Winterfestigkeit fast immer zu den Standardmaßnahmen. Die im Herbst eingesetzten Azolfungizide haben neben der fungiziden Wirkung gegen Phoma-Infektionen noch eine wuchsregulierende Komponente, indem sie in den Hormonhaushalt der Pflanzen eingreifen. Ein Rapsbestand soll sich vor dem Winter zwar gut entwickeln, darf aber noch nicht ins Längenwachstum übergehen, da es sonst in strengen Wintern mit Kahlfrösten zu einem Abfrieren des Vegetationskegels kommen kann. Je höher die Rapspflanzen vor Wintereinbruch wachsen, desto größer wird das Auswinterungsrisiko.
Für die Behandlung im Herbst stehen mehrere Fungizide zur Verfügung, die aufgrund ihrer Wirkstoffzusammensetzungen den Raps sowohl vor Infektionen durch die Wurzelhals- und Stängelfäule schützen, als auch wachstumsregulierende Eigenschaften haben. Eine Übersicht gibt die
Tabelle.
Entscheidend für den Erfolg einer Behandlung ist der richtige Zeitpunkt der Anwendung. Bei guten Wachstumsbedingungen sollten die Bestände genau beobachtet werden und die Behandlungen möglichst sehr früh, bereits zum Vier- bis Sechsblattstadium, durchgeführt werden, allerspätestens bei Bestandsschluss. Bei schwach entwickelten Beständen ist eine wachstumsregulatorische Behandlung nicht notwendig, ebenso sollte eine Behandlung unterbleiben, wenn die Bestände unter Trockenheitsstress leiden oder durch Herbizidmaßnahmen noch geschwächt sind
Die Mittel sind nur vorbeugend wirksam
Von Bedeutung ist, dass die Fungizide zu einem frühen Zeitpunkt angewendet werden müssen, also wenn der Verlauf der Herbstwitterung, die Entwicklung des Bestands und das Vegetationsende noch gar nicht abgeschätzt werden können. Ein einmal zu weit entwickelter Bestand, der sich womöglich sogar bereits im Streckenwachstum befindet, kann im Nachhinein nicht wieder „geschrumpft” werden. Daher ist die Herbstanwendung der Fungizide zur Wuchsregulierung eine Vorsichtsmaßnahme, die sich insbesondere im Hinblick auf wärmere Herbstmonate ohne deutliches Vegetationsende fast immer lohnt. Zu beachten wäre auch, dass bei üppigen Beständen, die entweder zu früh gesät wurden oder aus anderen Gründen zu hoch gewachsen sind, unter Umständen eine zweite Fungizidbehandlung notwendig werden kann. Diese Maßnahme sollte dann nicht länger als drei Wochen nach der ersten Behandlung erfolgen.
Der Schutz der Rapspflanzen vor Infektionen der Wurzelhals- und Stängelfäule bewirkt zudem, dass gesunde Pflanzen mit kräftigen Wurzeln in den Winter kommen. Gesunde Pflanzen sind gegen Frosteinwirkungen besser geschützt, sodass auch dadurch Auswinterungen vermieden werden
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
In den vergangenen Jahren trat die Wurzelhals- und Stängelfäule nur in geringer Stärke auf. Dagegen war die Sicherung der Winterfestigkeit des Rapses durch die Herbstbehandlung eine wichtige Pflanzenschutzmaßnahme. Aufgrund der Versuchsergebnisse des amtlichen Pflanzenschutzdienstes kann daher eine Fungizidbehandlung im Herbst empfohlen werden. Gut entwickelte Bestände, die ausreichend mit Wasser versorgt sind, sollten daher ab dem Vier- bis Sechsblattstadium mit dem Ziel der Wuchsregulierung behandelt werden. Auf Standorten, auf denen ein frühes und starkes Auftreten der Wurzelhals- und Stängelfäule beobachtet wird, darf die Aufwandmenge für eine gute Wirkung auf keinen Fall reduziert werden. In diesen Fällen sollte immer die maximal zugelassene Aufwandmenge genommen werde.
Gefahren für Bienen sind zu vermeiden
Zur Rapserdflohbekämpfung sind aufgrund des Wegfalls der insektiziden Beizmittel derzeit nur Pflanzenschutzmittel aus der Wirkstoffgruppe der Pyrethroide zugelassen. Dabei können unter anderem die als bienenungefährlich eingestuften Insektizide Karate Zeon, Kaiso Sorbie, Hunter, Mavrik, Fastac SC Super Contact, Trafo WG oder Lambda WG eingesetzt werden.
Die genannten Insektizide haben allerdings die zusätzliche Bienenschutzauflage NB6623, die vorschreibt, dass diese Mittel in Tankmischungen mit Azolfungiziden an blühenden Pflanzen und an Pflanzen, die von Bienen beflogen werden, nur abends nach dem täglichen Bienenflug bis 23 Uhr (B2-Auflage) angewendet werden dürfen. Das betrifft die in der Tabelle genannten Azolfungizide. Sie sind in Soloanwendung zwar alle als bienenungefährlich (B4) eingestuft, bei Anwendung in Tankmischungen mit diesen Pyrethroiden zur gleichzeitigen Bekämpfung von Rapserdfloh und der Wurzelhals- und Stängelfäule bzw. zur Wuchsregulierung ist unbedingt die NB6623-Auflage zu beachten. Da diese Auflage auch für blühende Unkräuter gilt, müssen die Bestände vor dem Einsatz solcher Tankmischungen auf blühende Pflanzen kontrolliert werden. Soll Nexide zur Erdflohbekämpfung mit der Fungizidbehandlung kombiniert werden, muss beachtet werden, dass diese Tankmischung sogar als bienengefährlich (B1) eingestuft ist, also in blühenden Beständen überhaupt nicht angewendet werden darf. Informationen zu den Pflanzenschutzmitteln sowie die Hinweise zum Schutz des Anwenders und zur Einhaltung von Abstandsauflagen bei der Anwendung müssen in der Gebrauchsanleitung für das jeweilige Mittel nachgelesen und beachtet werden