Tierhaltung | 09. April 2015

Prüfen, ob man drüber oder drunter liegt

Von Beate Meinzer, LKV Baden-Württemberg
Zum 31. März wurden im Bundesanzeiger erstmals die bundesweiten Kennzahlen zur Antibiotika-Therapiehäufigkeit bei Masttieren veröffentlicht. Ihre einzelbetrieblichen Daten erhalten die Mäster zugeschickt. Nun gilt es, die Zahlen zu vergleichen und im Bedarfsfall Therapiepläne zu entwickeln.
Werden auf dem einzelnen Betrieb mehr Antibiotika eingesetzt als bei 75 Prozent der deutschen Betriebe, so muss künftig ein Maßnahmenplan zur Verringerung des Antibiotikaeinsatzes erstellt und dem Veterinäramt vorgelegt werden.
Gemäß dem  Arzneimittelgesetz (AMG) veröffentlicht das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) halbjährlich im Bundesanzeiger die  bundesweiten Kennzahlen zur Therapiehäufigkeit bei Masttieren. Als Kennzahl 1 wird dabei der  Median angegeben (Wert, unter dem 50 Prozent aller erfassten Therapiehäufigkeiten liegen)  und als Kennzahl 2 das dritte Quartil (Wert, unter dem 75 Prozent aller erfassten Therapiehäufigkeiten liegen).
Nach Abschluss der Halbjahresmeldungen werden die  Tierhalter in Baden-Württemberg vom LKV im Auftrag der  Kreisveterinärämter angeschrieben. Mitgeteilt werden ihnen die für den Betrieb – getrennt nach Registriernummern – errechnete Therapiehäufigkeit je Nutzungsart und die bundesweiten Kennzahlen. 30 Kreisveterinärämter haben den LKV hiermit beauftragt,  die   Tierhalter der anderen Kreise werden vermutlich von den Veterinärämtern selbst angeschrieben. Generell wurde per Erlass vom Stuttgarter Landwirtschaftsministerium verfügt, dass alle  mitteilungspflichtigen Tierhalter informiert  werden müssen. Zudem werden jedem als mitteilungspflichtig in der Datenbank erfassten  Tierhalter die betrieblichen Therapiehäufigkeiten in www.Hi-Tier.de angezeigt. Des Weiteren soll dort auch (ohne amtlichen Charakter) ein Vergleich mit den bundesweiten  Kennzahlen möglich sein.
Jeder nach AMG mitteilungspflichtige Tierhalter muss innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntmachung der bundesweiten Kennzahlen  prüfen, ob die eigene betriebliche Therapiehäu- figkeit  höher liegt als die Kennzahl 1 (Median) oder die Kennzahl 2 (drittes Quartil). Gemäß § 58 d (1) 2 AMG muss   diese Feststellung unverzüglich in den betrieblichen Unterlagen aufgezeichnet werden. Hierzu kann man gegebenenfalls  das LKV-Anschreiben zur betrieblichen Therapiehäufigkeit  verwenden. In die dort aufgeführte Tabelle mit den vergleichenden Therapiehäufigkeiten   trägt man nach der Überprüfung  das Tagesdatum als „Datum der Feststellung”  ein und bewahrt das Schreiben dann bei den betrieblichen Unterlagen auf. Eventuell notwendige Maßnahmen zur Minderung des Antibiotikaeinsatzes sind  entsprechend den aufgeführten Hinweisen einzuleiten, ohne dabei die für die Tiergesundheit  notwendigen Anwendungen zu vernachlässigen.
So kommen die Daten zustande
Gemäß Arzneimittelgesetz sind  Tierhalter, die Rinder, Schweine, Hühner oder Puten mästen und bestimmte Bestandsuntergrenzen (beziehen sich auf die  durchschnittlich im Halbjahr gehaltenen Tiere) überschreiten,  seit dem 1. Juli 2014 meldepflichtig. Sie müssen halbjährlich die  angewendeten Antibiotika, die Anzahl und Art der  behandelten Masttiere, die Anzahl der Behandlungs- und Wirktage, die insgesamt angewendete Menge von Antibiotika sowie den Anfangstierbestand und eventuelle Bestandsveränderungen selbst oder durch einen Dritten (z. B. QS) ihrer zuständigen Überwachungsbehörde melden. Die Meldung erfolgt an das Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (www.hi-tier.de). Aus diesen  Meldungen werden zum einen die einzelbetrieblichen und zum anderen die bundesweiten Kennzahlen  ermittelt. 
Hinweise zeigen auf, was zu tun ist
Um klarzustellen, was konkret zu tun ist, hier ein Praxisbeispiel. In der unten stehenden Tabelle sind die  betrieblichen Therapiehäufigkeiten des fiktiven Tierhalters „Fritz Musterbauer” aufgeführt sowie  die  am 31. März  im Bundesanzeiger veröffentlichten Kennzahlen. „Fritz Musterbauer” muss sich je nach den ermittelten Kennzahlen an den im Folgenden aufgeführten vier Hinweisen orientieren.
Hinweis 1: Ihre betriebliche Therapiehäufigkeit liegt unterhalb der Kennzahlen, keine Aktion erforderlich.
Hinweis 2: Die betriebliche Therapiehäufigkeit Ihres Betriebes liegt über der Kennzahl 1 (höher als die Hälfte der Therapiehäufigkeiten in Deutschland). Sie müssen in Zusammenarbeit mit einem Tierarzt prüfen, welche Gründe zu der Überschreitung geführt haben können und wie die Behandlung Ihrer Tiere mit Antibiotika verringert werden kann.
Hinweis 3: Die betriebliche Therapiehäufigkeit Ihres Betriebes liegt über der Kennzahl 2 (höher als drei Viertel der Therapiehäufigkeiten in Deutschland). Deshalb ist innerhalb von vier Monaten nach der Bekanntmachung der bundesweiten Kennzahlen (31. 3. 2015) auf der Grundlage einer tierärztlichen Beratung ein Maßnahmenplan zur Verringerung des Antibiotikaeinsatzes schriftlich festzulegen. Dauert die Umsetzung der Maßnahmen länger als sechs  Monate, muss zusätzlich ein Zeitplan eingereicht werden. Der Maßnahmenplan (ggf. mit Zeitplan) ist der zuständigen Behörde (Veterinäramt) spätestens bis zum Ende der viermonatigen Frist – also bis spätestens 31. Juli 2015 – unaufgefordert zuzusenden. Die zuständige Behörde prüft den Plan und kann in bestimmten Fällen Änderungen und gegebenenfalls  weitere Maßnahmen anordnen.
Hinweis 4: Es wurde keine Therapiehäufigkeit ausgewiesen, obwohl Mitteilungen zum AMG
zu Ihrem Betrieb gemeldet sind. Bitte überprüfen Sie die TAM-Vorgänge in der Tierarzneimittel-/Antibiotikadatenbank, möglicherweise gibt es Fehler zwischen den einzelnen Meldearten (zum Beispiel  Antibiotikaverwendung gemeldet, aber keine Tierbestand und/oder Bestandsveränderungen in dieser Nutzungsart angegeben).
Maßnahmenplan erstellen
Muss ein Maßnahmenplan erstellt werden, so ist zu empfehlen, dies zusammen mit dem Tierarzt zu machen. Der Maßnahmenplan sollte  laut den Hinweisen des Stuttgarter Landwirtschaftsministeriums zumindest folgende Angaben enthalten:
  •  Angaben zum Betrieb, z. B. Bestandsgröße, gehaltene Tierarten/Nutzungsarten;
  • Angaben zum Managementsystem (z. B. rein/raus oder kontinuierlich);
  • Angaben zum hinzugezogenen Tierarzt und gegebenenfalls  weiteren Beratern;
  • Angaben zur Analyse der Erkrankungen, deren Therapie im betreffenden Halbjahr zur Überschreitung der Kennzahl führte;
  • Angaben zum Krankheitsgeschehen, einschließlich Befunden zur Diagnostik einschließlich Resistogrammen und bestehenden Prophylaxeprogrammen;
  • Angaben zu den Maßnahmen, die dazu führen sollen, das Krankheitsgeschehen nachhaltig zu verbessern, um den Antibiotikaeinsatz langfristig zu reduzieren.
  • Ein Zeitplan, falls die Umsetzung des Maßnahmenplanes länger als sechs Monate dauert (z. B. wegen notwendiger Umbaumaßnahmen)
Noch Fragen?
Bei Fragen rund um das Thema „Antibiotikaeinsatz bei Masttieren”  können sich die Tierhalter  an die Veterinärämter der jeweiligen Land- und Stadtkreise oder  an den LKV Baden-Württemberg wenden (am besten per Fax oder per E-Mail mit Nennung der Registriernummer des Betriebs, der  Telefonnummer und der gewünschten Rückruf-Uhrzeit).
Vordruck im Internet
Laut AMG mitteilungspflichtige Tierhalter, die ihre Daten  über  Meldekarten weiterleiten wollen,  können diese  unter www.lkvbw.de beantragen. Dazu  unter  der  Rubrik „Tierkennzeichnung”  den  Download-Bereich anklicken. Hier können unter dem Punkt „Arzneimittelgesetz” sowohl ein Vordruck für die Beantragung von Meldekarten abgerufen werden als auch ein Infoblatt, das die Gebühren für den Kartenversand und die Verarbeitung von Meldekarten zum AMG auflistet.