In Deutschland sind die Brüsseler Legislativvorschläge zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 in Politik und Verbänden überwiegend kritisch aufgenommen worden. Zu den wenigen Ausnahmen gehört die Reaktion aus dem Stuttgarter Landwirtschaftsministerium: „Der Vorschlag der Kommission zu den Eckpunkten und der Ausgestaltung der GAP nach 2020 enthält eine Reihe von guten Ansätzen, die auch auf Baden-Württemberg passen”, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, am 1. Juni in einer ersten Stellungnahme. Die mit einem individuellen Lohnkostenfaktor gewichtete Kappung der Direktzahlungen pro Betrieb sei eine angemessene Reaktion auf die im Mehrjährigen Finanzrahmen vorgesehene Kürzung der GAP-Mittel im EU-Haushalt. Hauk kündigte eine intensive Prüfung des Entwurfs unter enger Einbeziehung der Partner des ländlichen Raums an.
Der BLHV wird die Vorstandssitzung am 8. Juni nutzen, um sich mit den Vorschlägen der EU-Kommission zu befassen, kündigte Präsident Werner Räpple an. Grundsätzlich kritisch sieht Räpple die angekündigte Kürzung des EU-Agrarbudgets. „Die Aufgaben werden mehr und die Fördermittel sind eine wichtige Einkommensstütze”, begründete er seine Sichtweise. Positiv bewertet er, dass die EU-Kommission einen Förderschwerpunkt auf kleinere und mittlere Betriebe legen wolle. Dass die Regionen mehr Verantwortung und eigenen Spielraum bekommen sollen, begrüßt Räpple ebenso. Wichtig sei, dass angekündigte Vereinfachungen auch bei den Landwirten ankommen, so der Präsident.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sprach von „Licht und Schatten”. Während die CDU-Politikerin ein Festhalten an den Direktzahlungen im Grundsatz begrüßte, sprach sie sich gegen eine verpflichtende Kappung der Direktzahlungen bei 100000 Euro je Betrieb aus. Enttäuscht zeigte sich Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Die Vorschläge der EU-Kommission hielten nicht, „was in den bisherigen Verlautbarungen aus Brüssel zu mehr Umwelt in der Landwirtschaft versprochen wurde”, bedauerte die SPD-Politikerin. Unterschiedliche Signale sendeten die Bundestagsfraktionen. Die Union räumte ein, dass wichtige Anliegen wie die Beibehaltung der Zwei-Säulen-Struktur berücksichtigt worden seien, machte aber erheblichen Nachbesserungsbedarf geltend. Die SPD zeigte sich weitgehend zufrieden. Harsche Kritik kam aus den Reihen der Opposition.
Kritisch äußerte sich auch der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied. Nach seiner Auffassung gehen die Vorschläge der Kommission „in wichtigen Punkten in eine falsche Richtung”. Die Umweltverbände hielten der Brüsseler Administration eine vertane Chance und eine rückwärtsgewandte Politik vor.
Sein Unverständnis äußerte Rukwied zu den Plänen, die Umweltauflagen für die Direktzahlungen deutlich zu erhöhen und zugleich das Agrarbudget spürbar zu kürzen. „Insgesamt sollen die Direktzahlungen ihre bisherige Funktion der Unterstützung landwirtschaftlicher Einkommen weitgehend verlieren”, monierte der Bauernpräsident. Durch die vorgesehenen größeren Freiräume für die Mitgliedstaaten bei der Gestaltung ihrer Agrarförderung drohten neue Verzerrungen innerhalb der EU. Einen „falschen Weg” nannte Rukwied die vorgesehene verpflichtende betriebliche Kappung von Direktzahlungen. Schließlich sei kein durchgreifender Bürokratieabbau erkennbar. Hohe Erwartungen hat der DBV-Präsident in den weiteren politischen Verhandlungen. Ziel müsse es sein, noch wichtige Veränderungen zu erreichen. Die Direktzahlungen müssten weiter einkommensstützend wirken.
Die Erste Säule dürfe nicht umweltpolitisch überfrachtet werden. „Wir erwarten zumindest ein stabiles Agrarbudget, eine behutsame Weiterentwicklung der Fördermaßnahmen und eine wirkliche Vereinfachung”, betonte Rukwied. Statt Kappung und Degression sei aus DBV-Sicht einzig der Zuschlag für die ersten Hektare bis zur durchschnittlichen Betriebsgröße geeignet, die unterschiedlichen Strukturen der Betriebe zu berücksichtigen.
Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) gaben sich kritisch zu dem GAP-Entwurf der Kommission. Sie fordern deutliche Verbesserungen am Entwurf der Kommission. Andernfalls drohe eine Verschlechterung der landwirtschaftlichen Einkommen, warnten die beiden Dachverbände. Zudem vermissen sie in dem Entwurf „echte” Vereinfachungen der GAP-Regelungen. Von zentraler Bedeutung sei es, dass jegliche Renationalisierung der GAP verhindert werde und diese auch nach 2020 auf einem stärkeren Haushalt fuße.