Tierhaltung | 09. April 2015

Wie soll man mit dem Pferdemist umgehen?

Von Gisela Ehret
Für Kontroversen sorgte kürzlich eine Infoveranstaltung des Landratsamts (LRA) Lörrach zur Pferdemistkompostierung. Eigentlich taugt nur kompostierter Mist als Dünger für Pferdeweiden – doch einer fachgerechten Kompostierung stehen gesetzliche Regeln zur Mistlagerung entgegen.
Die Lagerung von Pferdemist auf freiem Feld ist nur in Ausnahmefällen erlaubt.
„Pferdemist wird oft als Abfallprodukt gesehen, ist aber ein wertvoller Dünger, wenn er richtig aufbereitet wird”, so Diethild Wanke vom Fachbereich Landwirtschaft am LRA Lörrach. Gemeinsam mit dem Fachbereich Umwelt und Naturschutz hatte die Behörde Pferdehalter zu diesem Vortragsabend geladen. Klar ist, dass frischer Pferdemist aufgrund der Parasitenproblematik nicht auf Wiesen und Weiden zur Futtergewinnung für Pferde ausgebracht werden sollte. Gleichzeitig kommen Pferdebetriebe oft an die Grenzen ihrer Mistlager: Sechs Monate Lagerkapazität sind vorgeschrieben, doch diese reichen für die Kompostierung bei weitem nicht aus. Außerdem sollte der Mist auf gewachsenem Boden lagern, damit die Kompostierung reibungslos verläuft. Das jedoch erlaubt der Gesetzgeber nicht.
Betonboden und Jauchegrube
Robert Nothstein vom Fachbereich Umwelt erläuterte die gesetzlichen Grundlagen für Mistlager. So müssen Festmistlager mit einem Betonboden und einer Jauchegrube oder einem Dach versehen sein. Zwischenlager auf freiem Feld sind nur in Ausnahmesituationen erlaubt: Etwa, wenn absehbar ist, dass ein größeres Festmistlager gebaut wird, oder wenn das Festmistlager überquillt, aber die Witterungsverhältnisse das Ausfahren von Mist nicht erlauben. Für diese Ausnahmelager gelten strenge Regeln, zum Beispiel muss der Gewässerabstand mindestens 50 m betragen, und der Mist darf nicht länger als sechs Monate − bei strohreichem Mist neun Monate − lagern. Ausschlaggebend sind die Angaben im JGS-Merkblatt Baden-Württemberg vom August 2008 und der Düngeverordnung 2014. Nothstein zufolge bekommt seine Behörde häufig Anzeigen wegen Misthaufen auf freiem Feld. „Diesen Anzeigen müssen wir nachgehen”, erklärte er. Und er sagte ganz deutlich: „Eine Kompostierung darf auf gewachsenem Boden nicht stattfinden.” Landwirten, die etwas derartiges planen, empfahl er, auf die Umweltbehörde zuzugehen und sich zu erkundigen.
Unmut unter Bauern
Markus Kienlin ist überzeugter Kompostierer von Pferdemist.
Die Auflagen zur Mistlagerung bewegten die anwesenden Teilnehmer sehr. Markus Kienlin, Inhaber der Firma Equihum aus Esslingen, versuchte zu vermitteln und Kompromisse zu finden. Der studierte Agraringenieur betreibt selbst eine Pensionspferdehaltung und kompostiert seit vielen Jahren Mist. Um auch bei der Lagerung auf dem Hof möglichst naturnahe Bedingungen herzustellen, empfahl er beispielsweise, auf die Beton-Mistplatte eine 30 cm dicke Lehmschicht aufzubringen und darauf Rasengitter oder Holzplatten zu legen. Mistlager sollten großzügiger geplant werden, als es das Gesetz vorschreibt, um länger am Hof kompostieren zu können. Der Unternehmer plädierte für mehr Bewusstsein im Umgang mit Pferdemist: „Er ist eine nicht gehobene Goldquelle”, betonte Kienlin. Man sollte nicht warten, bis der Mist „zur Stallgasse hereinkommt”, sondern ihn pfleglich behandeln. Pro Pferd und Jahr könne man so 120 Euro geldwerten Dünger herstellen.
Den Prozess der Kompostierung teilte er in vier Phasen ein. In der Heißphase erreicht der Mist Temperaturen bis zu 70 Grad Celsius – in dieser Phase müsse man ihn bewässern, so Kienlin. Die Temperatur kann mit einem Komposttemperaturmesser überprüft werden. Diese Phase ist für die Hygienisierung wichtig – je länger sie andauert, desto besser. Der Kompost sollte zur Belüftung mehrmals umgesetzt werden. Wirft man immer nur frischen Mist obenauf, bekommt der untere Bereich keinen Sauerstoff. Dann entsteht Gärung und es riecht unangenehm. In der ersten Phase sind vor allem Bakterien aktiv. Später, in der Abbauphase, treten Algen, Pilze und Urtierchen ins Erscheinungsbild.
„Man tut nichts Gutes, wenn man den Mist vor der Abbauphase ausbringt”, so Kienlin. Auch in der anschließenden Humusumbauphase ist die Belüftung wichtig. Der Mist sollte flach gelagert werden, maximal 1,5 Meter hoch und 2 Meter breit. Nun kommen Springschwänze und Milben ins Spiel. „Der König der Umbauphase ist der Kompostwurm”, erklärte der Experte. Diese Würmer bilden ab Ende der Umbauphase die strukturstabilen Ton-Humus-Komplexe. Die Würmer kommen von alleine, wenn die Nahrungsbedingungen stimmen. Diese kann man zum Beispiel mit Zuschlagstoffen wie Tonmineralien (Bentonit 1−2 kg/m²) oder Algenkalk (2−3 kg/m²) verbessern.  Die Zuschlagstoffe sollten schon zu Beginn, in der Heißphase, eingebracht werden. Auch Erdanteile können zugesetzt werden,  zum Beispiel in Form von Lehmboden. „Wenn es im Mist von Würmern wimmelt, ist er noch nicht endgültig reif”, beschreibt Kienlin einen wichtigen Indikator. Denn die Würmer verlassen den Haufen, wenn sie alles umgesetzt haben. In der letzten Phase, der Humusaufbauphase, sollte man den Kompost nicht mehr umsetzen. Die Würmer vertragen das nicht. „In der Umbauphase kann der Mist schon auf Ackerflächen ausgebracht werden”, sagte Kienlin. „Aber auf Grünland ist es Geldverschwendung.” Für eine vollständige Kompostierung veranschlagt der Referent zwei Jahre. Er rät aber, zumindest die Vorrotte abzuschließen, also bis die ersten Würmer im Mist auftauchen.
Ab wann Kompost?
Offen blieb die Frage, ab welchem Stadium der Kompostierung ein Misthaufen nicht mehr als Misthaufen, sondern als Erdhaufen gilt. Diese Frage ist gesetzlich nicht definiert und bleibt daher Auslegungssache. Referenten und Anwesende waren sich schließlich einig, dass hier klarer unterschieden werden müsste. Wanke versprach, die Problematik in die Arbeitsgruppen weiterzutragen, rief die Landwirte aber auch auf, die Berufsvertretung anzusprechen, hier aktiv zu werden. Für diesen Abend konnte nur die vage Empfehlung gegeben werden, so viel des Verrottungsprozesses wie möglich schon am Hof abzuschließen.