Pflanzenbau | 07. Mai 2015

PFC: Damoklesschwert für Bauern

Von von Kobylinski
Im Landkreis Rastatt und bei Baden-Baden sind Böden mit PFC belastet. Die Schadstoffe stammen vermutlich aus kontaminiertem Kompostdünger. Inzwischen steht fest, dass Ackerpflanzen kurzkettige PFC aus dem Boden aufnehmen und die Schadstoffe auf diesem Weg in Lebensmittel gelangen.
Auf bestimmten Flächen kann der Spargel mehr PFC enthalten, als die Landesregierung zulässt.
Die Problematik um die PFC-belasteten Böden ist in eine neue Phase getreten. Die Annahme, dass die Schadstoffe nicht von Pflanzen aufgenommen werden können, hat sich nicht bestätigt. Jetzt steht fest, dass Pflanzen, die auf  kontaminierten Flächen gewachsen sind, bestimmte, kurzkettige PFC-Verbindungen enthalten können. Das wurde auf einer Informationsveranstaltung des Regierungspräsidiums Karlsruhe deutlich. 
Vorerntemonitoring
Vorstellung des Vorerntemonitorings in Rastatt am 4. Mai (v.l.): Andrea Stief, Leiterin des Landwirtschaftsamtes Bühl-Rastatt; Dr. Armin Trenkle, LTZ Karlsruhe-Augustenberg; Ministerialdirigent Joachim Hauck, MLR Stuttgart; Dr. Ulrich Rosswag, Abteilungsleiter Landwirtschaft am RP Karlsruhe; Konrad Weber und Klaus Schäfer, beide Referatsleiter am RP Karlsruhe.
Am 4. Mai erläuterten Behördenvertreter in Rastatt ihre Vorgehensweise beim Vorerntemonitoring, mit dessen Hilfe die pflanzlichen Erzeugnisse von PFC-belasteten Feldern auf ihren Schadstoffgehalt überwacht werden. Davon sind Landwirte stark betroffen, da sie möglicherweise ihre Erzeugnisse nicht mehr vermarkten können und große finanzielle Einbußen erleiden könnten.
Die bisherigen Untersuchungen der Lebensmittelüberwachungsbehörden zeigen zwar, dass die Pflanzen von den langkettigen PFC-Verbindungen so gut wie frei bleiben. Aber es gibt auch noch die kurzkettigen Varianten, die ebenfalls dauerhaft, wasserlöslich und beweglich im Boden sind. Sie werden teilweise über die Wurzeln  aufgenommen.
Dem Ministerium Ländlicher Raum Baden-Württemberg (MLR) und auch der örtlichen Verwaltung geht es vor allem um den vorsorgenden Schutz der Verbraucher vor belasteten Lebensmitteln und belastetem Wasser. Bei der Veranstaltung im Landratsamt Rastatt wurde deshalb ein Untersuchungsprogramm vorgestellt. Es soll unter dem Begriff Vorerntemonitoring drei Jahre lang mittels umfangreicher Proben weitere Produktsicherheit liefern. Außerdem soll für die Zukunft Klarheit geschaffen werden, ob und wie die Flächen weiter bewirtschaftet werden können.
Man geht davon aus, dass 700 Proben aus Pflanzen gezogen werden. Bis Anfang Mai lagen von kontaminierten Standorten die Ergebnisse aus sieben Erdbeerkulturen und 32 Spargelflächen vor. Damit steht aber auch fest, dass die PFC-Messwerte von drei Spargelparzellen  nicht mehr toleriert werden können. Die bisher vorliegenden Werte von den Erdbeeren bleiben hingegen unauffällig. Die beanstandeten Spargelpartien hingegen dürfen nicht in die Vermarktung gelangen.
Maßstab dafür sind die erstmals angewendeten Beurteilungswerte (BUWs), die vom MLR Baden-Württemberg festgelegt worden sind. Damit wurde Neuland beschritten und eine vorsichtige Vorgehensweise gewählt. Weder die EU noch das Bundesinstitut für Risikobewertung haben bisher für kurzkettige PFC-Verbindungen Pflanzenhöchstwerte festgelegt. Bei der Bemessung ging man im Stuttgarter Ministerium davon aus, dass pro Person und Tag zwei Liter Wasser und 500 g Obst und Gemüse verbraucht werden. Daraus wurden dann für sechs der geläufigsten kurzkettigen PFC-Verbindungen die höchstzulässigen Werte abgeleitet, die in den Pflanzenproben enthalten sein dürfen. 
Bei Werten knapp unterhalb der Schwellenwerte (BUW)  muss die Ware vermutlich ein zweites Mal beprobt werden, um ein zweifelsfreies Ergebnis zu erhalten. Nach Angaben von Dr. Armin Trenkle vom LTZ Karlsruhe-Augustenberg wird die Pflanzenprobe je Untersuchung 250 Euro plus Mehrwertsteuer kosten. Bodenproben kosten rund 300 Euro.
Befindet sich der Standort innerhalb des PFC-belasteten Gebietes, bleibt die Untersuchung für den Grundstücksbewirtschafter kostenlos und ist Bestandteil des staatlichen Vorerntemonitorings, das mit einem Budget von 523000 Euro ausgestattet ist. Gleichzeitig hat das MLR über drei Jahre hinweg für seine BUWs ein sogenanntes dynamisches Minderungskonzept festgelegt: Mit Hinweis auf die EU-Verordnung Nr. 178/2002 werden die zulässigen Höchstwerte der BUWs jedes Jahr halbiert. 2017 wird beispielsweise für Perfluorbutansäure als kurzkettige PFC der erlaubte BUW-Höchstwert nur noch 3,3 Mikrogramm/kg betragen und nicht mehr 13,2 Mikrogramm/kg wie im Jahr 2015.  
Verbraucherschutz ist vorrangig
Ministerialdirigent Joachim Hauck vom MLR Baden-Württemberg betonte vor allem den hohen Stellenwert des Verbraucherschutzes und die Verantwortung der Landwirte. Sollte die mit der Beprobung verbundene Wartezeit zu einem Wertverlust der Ware führen, müsse der Landwirt für den davongetragenen Schaden selbst aufkommen. Ein Ausgleich aus Mitteln der Öffentlichen Hand sei nicht zu erwarten.
Das gelte erst recht, wenn es zu einer Überschreitung der BUWs kommen sollte. Hauck erläuterte zur Schadensursache, dass kontaminierter Kompost auf den Flächen ausgebracht worden war. Für den Fall, dass der Verursacher (rechtlich: Handlungsstörer) weiterhin unbestimmbar bleibt, müsse der Grundstückseigentümer (rechtlich: Zustandsstörer) juristisch haften, weil er neben den Rechten auch die Pflichten der Nutzung wahrzunehmen habe.