Betrieb und Wirtschaft | 18. Januar 2019

Omira-Erzeuger wollen nicht einknicken

Von René Bossert
Die in der Omira Oberland-Milchverwertung GmbH (OOM) zusammengeschlossenen Milcherzeuger sehen den größten Teil der von Lactalis eingeklagten Schadensersatz-Summe in Höhe von 23,4 Millionen Euro als vollkommen unbegründet an. Sie wollen sich wehren und scheuen auch eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht.
Rückenwind für eine entschlossene Haltung gegenüber dem französischen Molkerei-Konzern bekamen die Verantwortlichen der OOM am Mittwoch bei einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung in Horgenzell. „Wir werden nicht einknicken”, sagte OOM-Geschäftsführer Erich Härle im Anschluss an die Versammlung gegenüber der BBZ. Härle hatte bei der Versammlung die Meinung der Gesellschafter zu der Lactalis-Klage eingeholt und dabei große Einigkeit erfahren: Nahezu 100 % der rund 80 Anwesenden – Vertreter der in zahlreichen kleinen Liefergruppen und fünf  Milcherzeuger-Genossenschaften organisierten knapp 1800 Omira-Erzeuger – plädierten für ein entschlossenes Dagegenhalten.
Das Gebaren von Lactalis schweiße die Omira-Milchlieferanten zusammen, berichteten (von links) OOM-Aufsichtsratsvorsitzender Ewald Kostanzer, OOM-Geschäftsführer Erich Härle und der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Konrad Kling nach der außer- ordentlichen Gesellschafterversammlung am Mittwoch in Horgenzell.
Lactalis hat 2017 die Genossenschaftsmolkerei Omira für rund 27 Mio. Euro gekauft. 17 Mio. erhielt die OOM, die Nachfolgegesellschaft der früheren Genossenschaft. Die restlichen 10 Mio. Euro davon liegen als eine Art Pfand auf einem Sicherungskonto.
In die OOM wurde das Grundkapital von rund 25 Mio. Euro überführt. Sie kümmert sich um die Beschaffung der Rohmilch und verkauft sie an Lactalis. Dafür gibt es einen Milchliefervertrag, der ebenfalls Bestandteil des Verkaufs war.
Er sichert den Erzeugern bis 2027 einen Milchpreis in Höhe des AMI-Preises für Bayern in der Mengenklasse 150 Tonnen/Jahreinschließlich durchschnittlicher Nachzahlungen. Aus den Erlösen des Verkaufs sollten die Geschäftsanteile der ehemaligen Omira-Genossen zu einem möglichst hohen Anteil ausbezahlt werden.
Absolut nicht nachvollziehbar
Nun liegt allerdings seit Ende November eine Schadensersatz-Klage von Lactalis auf dem Tisch. 23,4 Mio. Euro will der Konzern haben. Rund 19,4 Mio. Euro – entfällt auf die aus Sicht von Lactalis für die Molkerei finaziell negativen Auswirkungen einer in Deutschland mittlerweile angekündigten Änderung des Milchumrechnungsfaktors von 1,02 auf 1,03. Die übrigen rund 4 Mio. Euro setzen sich aus einer Reihe von Posten zusammen, darunter unter anderem  mangelnden Brandschutz beim Verwaltungsgebäude in Ravensburg (1 Mio. Euro), Rechtsanwaltskosten (765.000 Euro) und Mehraufwand für Entsorgungskosten (1,2 Mio. Euro). 
Absolut nicht nachvollziehbar seien die geforderten 19,4 Mio. Euro wegen der eventuellen Änderung des Umrechnungsfaktors sowie die 1 Mio. Euro wegen des Brandschutzes. Mit Blick auf die restlichen Forderungen in einer Gesamthöhe von rund 3 Mio. Euro sei man dagegen durchaus verhandlungsbereit, erklärte Härle. Was den Umrechnungsfaktor angeht, argumentiert Lactalis von der möglichen Änderung in Deutschland nichts gewußt zu haben. Bei den Verhandlungen sei man von den Verkäufern darüber nicht informiert worden. 
Aus Sicht der OOM ist aber eine etwaige Änderung des Faktors ohne Bedeutung, weil der Auszahlungspreis an den AMI-Bayernpreis gekoppelt ist. Auf den aber bleibe eine Änderung des Umrechnungsfaktors nicht ohne Auswirkung: Wenn sich der Faktor erhöhe, werde der Auszahlungspreis entsprechend sinken, schließlich könne mit dem Produkt nicht mehr erlöst werden.
Nicht festgeschrieben
Außerdem sei im Vertrag der Faktor 1,02 nicht festgeschrieben, sondern es heißt: „Die Umrechnung der in Litern gemessenen Milch in Kilogramm erfolgt nach den jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen.” Dass Lactalis mit seiner Sicht falsch liege, hätten ihnen mehrere Fachleute aus der Branche bestätigt, erklärten Härle und der OOM-Aufsichtsratsvorsitzende Ewald Kostanzer.
Daraus leite die OOM ab, dass man in diesem Punkt auch eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht scheuen müsse. Die OOM sei nach wie vor gesprächsbereit, aber in diesem Punkt sei aus seiner Sicht keine gütliche Einigug möglich, stellte Härle klar. Er handle nach der Devise „Tue recht und scheue niemand.” 
Die Auszahlung der Geschäftsanteile – übrigens in der Höhe auf 25.000 Euro gedeckelt – für die verbliebenen Erzeuger liegt nun angesichts der Streitigkeiten auf Eis. Erzeuger, die per 31.12.2016 bzw. 31.12.2017 gekündigt hatten, bekommen aber bald ihre Anteile zu 100 % ausbezahlt. Für die Erzeuger, die zum 31.12.2018 gekündigt haben, sei ebenfalls eine Auszahlung zu 100 % geplant, die nach der nächsten ordentlichen Gesellschafterversammlung im Sommer erfolgen soll.
Was geschieht nun? Beide Seiten haben ihre Gesprächsbereitschaft bekundet. Lactalis erklärte in einer Pressemitteilung am Tag nach der Gesellschafterversammlung an einem langjährigen und für beide Parteien mit hohen Risiken behafteten Rechtsstreit kein Interesse zu haben.  Man wolle rasch die Gespräche wiederaufnehmen und sich außergerichtlich einigen.  Schließlich heißt es: „Lactalis möchte weiterhin eine langfristige und gegenseitig wohlwollende Partnerschaft mit seinen Milchbauern pflegen.”