Betrieb und Wirtschaft | 19. Februar 2015

Noch Baustellen bei der Beratungsreform

Von René Bossert
Der Start in die neue Beratungswelt für die Landwirtschaft in Baden-Württemberg verläuft nicht ohne Schwierigkeiten. Es gibt Verzögerungen und organisatorische Hürden zu überwinden, bevor die EU-geförderte Modulberatung voraussichtlich im zweiten Halbjahr in der Praxis starten kann.
Ungeachtet der Startschwierigkeiten hält Dieter Blaeß vom Regierungspräsidium Freiburg die Beratungsreform für eine gute Sache. Daran ließ der Leiter der Abteilung Landwirtschaft  vergangene Woche bei seinem Vortrag im Rahmen der Generalversammlung des Ehemaligenvereins Titisee-Neustadt keinen Zweifel. In den zurückliegenden Jahren seien  Beratungskapazitäten an den Ämtern immer mehr zurückgefahren worden. Zu Recht wolle man nun mit der EU-geförderten Beratung das Angebot wieder ausweiten. „Es hat für das Land hohe Priorität, in den Köpfen etwas zu bewegen. Das bringt oft mehr, als mit der Gießkanne zu fördern”, erklärte Blaeß und fügte hinzu: „Man sollte der Reform nicht negativ gegenüberstehen, sondern schauen, dass sie ins Laufen kommt und dann wo nötig nachsteuern.”
Viele Fragen aus Brüssel
Bevor der Maßnahmen- und Entwicklungsplan Ländlicher Raum (MEPL) in Brüssel genehmigt wird, geht allerdings nichts. Das Ministerium hoffe, dass dies noch vor der Sommerpause geschieht. „Gerade vor 14 Tagen kamen wieder viele Fragen aus Brüssel bezüglich der 2. Säule im Ministerium an”, sagte Blaeß. Im Rahmen der 2. Säule wird auch die neue Modul-Beratung gefördert. Drei Millionen Euro wolle das Land dafür einsetzen, die gleiche Summe kommt von der EU. „Wenn die Nachfrage hoch ist, muss aufgestockt werden”, meinte Blaeß. Er hofft, dass es im Laufe der zweiten Jahreshälfte mit der Beratungsreform losgeht, sprich dass Beratungsorganisationen anerkannt werden und dann im Anschluss die kostenpflichtigen, aber von Brüssel geförderten Beratungsmodule angeboten werden können. Die über 40 bestehenden Beratungsdienste im Land kommen durch die Verzögerungen bei der Reform in Finanzierungsschwierigkeiten. Ihre bestehende Förderung soll zunächst bis zum 31. März, dann wohl aber auch darüber hinaus weitergeführt werden, erklärte Blaeß.
Was geschieht bei den Ämtern?
Die Landwirtschaftsämter dürfen nach wie vor kostenfrei in der Beratung tätig sein. Sie dürfen aber keine Beratungsthemen anbieten, für die es auch eine Modul-Beratung gibt. In der Praxis werde das bedeuten, dass Themenfelder von öffentlichem Interesse wie Wasserschutz oder Naturschutz von den Ämtern abgedeckt werden. Ein weiteres Feld für die Ämter sei nach wie vor die Beratung bei der Agrarinvestitionsförderung (AFP). Die Bewilligung, sprich der Verwaltungsvorgang, soll beim AFP aber künftig beim Regierungspräsidium geschehen. Verknüpft mit der Beratungsreform ist ein organisatorisches Problem in der gesamten Agrarverwaltung des Landes. Künftig sei eine bessere personelle Trennung nötig zwischen Beschäftigten, die mit der Auszahlung von EU-Geldern zu tun haben, und anderen Beschäftigten. „Das muss für die EU transparenter werden, es betrifft sowohl die Landratsämter wie auch die Regierungspräsidien”, stellte Blaeß fest.
Der Betriebs-Check ist das wichtigste Einstiegs-Modul. Der Fördersatz liegt bei 100 % (siehe Kasten). Dabei geht es um eine betriebliche Standortbestimmung mit Stärken- und Schwächenanalyse. Mögliche Entwicklungsschritte sollen aufgezeigt werden. Bei rund 100 Betrieben sei ein solcher Betriebs-Check pilotweise schon durchgeführt worden, um  Erfahrungen über den Aufwand und die Zufriedenheit mit der Beratung zu sammeln. Der Betriebs-Check soll von der vor Kurzem gegründeten Agri BW GmbH – einer Tochtergesellschaft der Landsiedlung –  angeboten werden. „Hier will sich das Land ein Stück weit das Monopol behalten”, berichtete Blaeß.
Konkurrenz
Ansonsten gilt: Jeder Anbieter, der die fachlichen Kriterien erfüllt und zugelassen wird, kann seine EU-geförderte Beratungsdienstleistung anbieten. Es gebe dann auch eine Konkurrenz zwischen Anbietern, unterstrich Blaeß. Wer freilich beispielsweise Pflanzenschutzmittel verkauft, könne nicht als Beratungsorganisation zugelassen werden, weil Interessenkonflikte drohen. Auch die Schwarzwaldmilch könne sich nicht an einem Beratungsangebot beteiligen, wie das bisher beim Milchprojekt Schwarzwald der Fall war, meinte Blaeß. Gleichzeitig hat ihm zufolge die erfolgreiche Beratungsarbeit bei diesem Beratungsprojekt der jetzigen Beratungsreform einige Impulse gegeben.
Die Welt der Module
Die EU-geförderte Beratung wird in sogenannten Modulen angeboten. Bislang enthält der Katalog sechs Einstiegs-Module, 24 Grund-Module und 34 Spezial-Module. Betriebe, die bisher bei einem Milchvieh-Beratungsdienst Mitglied sind, können beispielsweise das Grundmodul Milchvieh mit einem Förderhöchstbetrag von 1500 Euro und einem Fördersatz von 80 % in Anspruch nehmen. Die Förderhöchstbeträge für ein Modul liegen zwischen 350 und 1500 Euro, wobei die Fördersätze zwischen 50 und 100 % liegen. Grundmodule sollen einheitlich mit 80 % gefördert werden. Auch bei den zu 100 % geförderten Modulen muss der Landwirt die Mehrwertsteuer von 19 % bezahlen. Ob wirklich 1500 Euro pro Modul als Förderhöchstbetrag von der EU genehmigt werden, ist noch offen. Möglicherweise müsse die Summe auch auf 1200 Euro angepasst werden, je nachdem, was die EU genehmige, so Blaeß. Den Antrag auf die Förderung stellt der Beratungsanbieter, nicht der Landwirt. Weitere Informationen zu den Modulen und der Beratungsreform gibt es im Internet unter www.beratung.bw.de.