Politik | 20. Dezember 2018

Nischenprojekte für Bauern und Natur

Von Walter Eberenz
Wie jedes Jahr nutzte der BLHV bei der gemeinsamen Weihnachts-Pressefahrt mit ForstBW die Gelegenheit, mit Journalisten die jüngste Einkommensentwicklung der Bauern und weitere Themen zu erörtern, die Südbadens Landwirtschaft derzeit beschäftigen.
Ziegenhalter gesucht: Martin Buhl (links), Gründer und Geschäftsführer von Monte Ziego, erläuterte am Teninger Firmensitz den Teilnehmern der Pressefahrt die weiteren Ausbaupläne für Ziegenmilchprodukte.
Exkursionsziele für die wiederrum zahlreich im Bus mitgereisten Journalisten waren diesmal von Seiten der ForstBW das Naturschutzprojekt Wilde Wald-Weide in Kappel-Grafenhausen und von Seiten des BLHV die Demeter-Ziegenkäserei Monte Ziego in Teningen. Zusammen mit dem Schweizer Unternehmen Holle baby food entsteht dort gerade der Neubau einer Sprühtrocknungsanlage; Investitionsvolumen 26 Millionen Euro. Die Investoren sehen bei Ziegenmilch für Babynahrung einen sehr aufnahmefähigen Markt (die BBZ berichtete).
Große Ziele mit Ziegenmilch
Die Rohstoffversorgung für die Milchpulverproduktion soll über Zukauf unterschiedlicher Herkunft gesichert werden, wie Udo Fischer, Geschäftsleitung Holle baby food, und Martin Buhl, Geschäftsführer von Monte Ziego, erläuterten.
Lena Pfefferle aus Münstertal informierte bei Monte Ziego in Teningen aus Sicht einer Milchziegenhalterin. Ihr Fazit seit dem Start 2013: „Es war eine harte, schwere Zeit, aber wir haben es geschafft.”
Martin Buhl bekundete, dass er seit Jahren um noch mehr regionale Milchziegenhalter werbe, aber nicht genügend finde, obwohl er seine Konditionen als attraktiv bezeichnet. Es gibt wohl noch reichlich emotionale Vorbehalte, sich auf Ziegenhaltung einzulassen, zu diesem Schluss kam man in einer Diskussionsrunde. Ebenfalls zur Sprache kam: Die Ziege ist ein Tier mit anderen Verhaltensweisen als eine Kuh. Und Ziege ist nicht gleich Ziege: Für die Milchproduktion steht die Leistung im Vordergrund und es besteht Bedarf an hochwertigem Grundfutter.
BLHV-Präsident Werner Räpple betrachtete Ziegenhaltung in seinem Fazit „als eine Alternative für den Schwarzwald, aber nicht als die eine Alternative”.
Von ähnlich interessantem Nischencharakter mit Bedeutung für die Landwirtschaft ist das Wald-Weide-Projekt in Kappel-Grafenhausen. 2015 wurde es auf Initiative von Bürgermeister Jochen Paleit gestartet. Die Tiere im Wald hält der ortsansässige Landwirt Tilman Windecker, bei dem so der Betriebszweig „Naturschutz” hinzugekommen ist. „Wald-Weiden waren bis 1830 hier typisch”, informierte Paleit darüber, dass er nicht Erfinder dieser Haltungsform sei.
 
Fläche schonen
lm Auwald und angrenzenden Offenland von Kappel-Grafenhausen leben seit 2015 auf einer Fläche von knapp 100 Hektar rund 40 urwüchsige Robustrinder der französischen Rasse Salers und eine kleine Herde Konik-Pferde. Sie sollen helfen, für einen lichten Wald mit Eichen und Ulmen zu sorgen. Das Naturschutzprojekt generiert Öko-Punkte und vermindert so für die Landwirtschaft Druck auf Ackerflächen wegen Ausgleichsmaßnahmen. Die Rinder sind für Waldbesucher frei zugänglich. Hinweisschilder an selbstschließenden Toren weisen auf Verhaltensregeln hin.
Naturschutz-Ziel der Beweidung des Auwaldes ist ein lichter Wald mit Eichen und Ulmen. Der Landwirtschaft ist gedient, weil die Maßnahme mit reichlich Ökopunkten verbunden ist. Das heißt, man kann damit Naturschutzausgleich für Baumaßnahmen betreiben. „Solche Maßnahmen eignen sich, Landwirtschaftsfläche zu schonen”, hob BLHV-Präsident Werner Räpple anerkennend hervor. Für den ganzen Wald sei das aber keine Lösung, es müsse auch Wald aus wirtschaftlichen Gründen geben.
Die Einkommensentwicklung im vergangenen Wirtschaftsjahr 2017/2018 (Stichtag 30. Juni 2018) und weitere aktuelle Herausforderungen und Probleme für die regionale Landwirtschaft wurden vom BLHV beim abschließenden Pressegespräch thematisiert.
Räpple machte angesichts des Dürrejahres 2018 grundlegende Schwierigkeiten mit dem Zahlenwerk deutlich, das von Juli 2017 bis Juni 2018 (Wirtschaftsjahr) reicht. Im konkreten Fall sind die wirtschaftlichen Folgen der Dürre noch gar nicht eingerechnet.
Durchwachsenes Wirtschaftsjahr
BLHV-Präsident Werner Räpple bilanzierte das Wirtschaftsjahr 2017/2018 für die landwirtschaftlichen Betriebe in Südbaden insgesamt als „durchwachsen”. Zwar seien die Milchviehbetriebe vorerst noch auf dem Weg der wirtschaftlichen Erholung, demgegenüber hätten die Veredlungsbetriebe ihren Aufschwung nicht fortsetzen können. Die Ackerbaubetriebe verharren weiterhin auf niedrigem Niveau.
Im Obst- und Sonderkulturbereich zeige sich ein geteiltes Bild: Nicht vom Frost geschädigte Betriebe konnten demnach dank guter Preise ihre Unternehmensergebnisse steigern, bei denjenigen mit größeren Schäden konnte nur die staatliche Frosthilfe Verluste verhindern.
Baden-Württemberg ist im bundesweiten Einkommensvergleich erneut Schlusslicht. Auch aus diesem Grund hält Räpple die Direktzahlungen der EU zur Existenzsicherung der Betriebe weiterhin für unerlässlich. Ausführliche Informationen zur Bilanz der landwirtschaftlichen Betriebe 2017/2018 mit Zahlen in der Ausgabe 1/2019 der BBZ.
Grünes Band in Gold für Meinrad Joos
BLHV-Präsident Werner Räpple zeichnet Forstpräsident Meinrad Joos mit dem Grünen Band in Gold des BLHV aus.
Sichtlich überrascht, aber erfreut reagierte Forstpräsident Meinrad Joos von der Abteilung Forstdirektion im Regierungspräsidium Freiburg, als ihn BLHV-Präsident Werner Räpple zum Abschluss der gemeinsamen Weihnachtspressefahrt mit dem Grünen Band in Gold des BLHV auszeichnete. Für Meinrad Joos war es die 16. und letzte Pressefahrt, an der er gemeinsam mit Räpple teilnahm. Im März 2019 geht er in Ruhestand. Werner Räpple würdigte die „vielen Jahre der gemeinsamen Arbeit in Forstfragen”.
Meinrad Joos habe  ein Herz für den gesamten Forst gehabt und seinen Blick immer wieder auf die Landwirtschaft gerichtet. Der BLHV-Präsident lobte Joos als „Führungspersönlichkeit mit großer Menschlichkeit”. Bauen mit Holz und die Weißtanne seien ihm Herzensanliegen. Der BLHV habe auf ihn gehört und beides mit dem neuen Haus der Bauern umgesetzt, betonte Räpple augenzwinkernd.
„Ich bin total geblendet”, reagierte Meinrad Joos spontan auf die Ehrung. Er bestätigte, dass er sich nicht nur dem Staatswald verpflichet sah, sondern stets die Anliegen des Körperschafts- und Privatwaldes mit einbezog. Die Abteilung Forstdirektion ForstBW informierte bei der Pressefahrt über aktuelle forstwirtschaftliche Fragen und führte die Journalisten zum Wald-Weideprojekt in Kappel-Grafenhausen. Mehr zum Thema Forst auf der Pressefahrt in der BBZ-Ausgabe 1/2019.