Politik | 09. November 2017

Neuer Vorschlag für die Stoffstrombilanz

Von AgE
Bund und Länder unternehmen einen erneuten Anlauf, im Streit um die Stoffstrombilanzverordnung einen Kompromiss zu finden. Im Raum steht, den Betriebsinhabern eine Wahlmöglichkeit zwischen zwei Berechnungsverfahren zu lassen.
Um die Ausgestaltung der Stoffstrombilanz wird politisch nach wie vor gerungen.
Für die Sitzungen der  Bundesratsausschüsse  in dieser Woche (kurz vor und nach Redaktionsschluss dieser BBZ) lagen Anträge des Landes Mecklenburg-Vorpommern vor. Sie basieren auf den bisherigen Abstimmungsgesprächen zwischen dem Bundeslandwirtschaftsministerium und den Agrarressorts der Länder.  Rechnung tragen will man der von Länderseite vorgetragenen Kritik an den komplizierten Bewertungsvorschriften mit ihren  zu weitgehenden Abzugsmöglichkeiten.
Nach dem vorliegenden Antrag soll den Betriebsinhabern eine Wahlmöglichkeit eingeräumt werden, die erstellte Bilanz auf der Grundlage eines bundesweit einheitlichen Bilanzwertes von 175 kg Stickstoff je Hektar zu bewerten oder auf der Grundlage eines Bilanzwertes nach den Vorgaben  der Verordnung (Anlage 4), der die konkreten betrieblichen Verhältnisse berücksichtigt. Um Besonderheiten gerecht zu werden, sollen die Betriebe in Absprache mit den jeweiligen Behörden unvermeidliche Stickstoffverluste und erforderliche Zuschläge berücksichtigen können. Darüber hinaus sieht der Kompromissvorschlag vor, den bislang geforderten räumlichen Zusammenhang zwischen Betrieb und Biogasanlage zu streichen. Damit soll es bereits reichen, dass ein Betrieb und eine von ihm betriebene Biogasanlage in einem funktionalen Zusammenhang stehen, um unter den Geltungsbereich der Verordnung zu fallen. Schließlich soll sichergestellt werden, dass auch Betriebe, die Wirtschaftsdünger aus dem Ausland aufnehmen, der Verpflichtung zur Erstellung einer Stoffstrombilanz unterliegen.
Laut Düngegesetz ist ein Großteil der tierhaltenden Betriebe zum 1. Januar 2018 zur Erstellung einer Stoffstrombilanz verpflichtet. Betroffen sind zunächst Betriebe mit mehr als 50 Großvieheinheiten (GVE) oder mit mehr als 30 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche bei einer Tierbesatzdichte von jeweils mehr als 2,5 GVE/ha. Mit der „Verordnung über den Umgang mit Nährstoffen im Betrieb und zur Änderung weiterer Vorschriften” sollen bundeseinheitliche Vorgaben für die Bilanzierung der betrieblichen Nährstoffzu- und -abfuhren gemacht werden.
Kommt diese Verordnung nicht zustande, droht ein Flickenteppich unterschiedlicher Anwendungsvorgaben im Bundesgebiet. Nach dem vorliegenden Zeitplan könnte die Verordnung in der letzten Bundesratssitzung dieses Jahres am 15. Dezember beschlossen werden. Nach den Diskussionen der vergangenen Wochen scheint dies jedoch keineswegs sicher.
Eine Hürde genommen – Kritik von Professor
Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz des Bundesrates hat am Mon-tag den Kompromissvorschlag (siehe oben) von Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus zur Stoffstrombilanz angenommen. Mit Blick auf die  Abstimmung im Umweltausschuss des Bundesrates am 9. November und im Ratsplenum am 24. November appellierte der Minister, „im Sinne der Landwirte” zu entscheiden. Indessen hat der  Direktor des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Universität Kiel, Professor Friedhelm Taube, den Kompromissvorschlag auf einer Tagung  scharf kritisiert. Taube nannte die geplanten Abzugsmöglichkeiten von bis zu 55 Prozent bei den Überschüssen (Anlage 4) „geradezu dreist”. Das habe nichts mehr mit dem zu tun, was an Universitäten, Fachhochschulen und Fachschulen vermittelt werde. Der Begriff der guten fachlichen Praxis sei damit nicht in Einklang zu bringen. Taube gehört  dem Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik des Bundeslandwirtschaftsministeriums an.