Pflanzenbau | 10. Dezember 2015

Naturland-Betrieb gibt Gas mit Leguminosen

Von Heinrich von Kobylinski
Dass auch im ökologischen Landbau eine energieintensive Biogasanlage, Ackerbau und Grünlandwirtschaft nachhaltig zusammengehen können, zeigt ein Betrieb in Löffingen. Landwirt Wolfram Wiggert stellte kürzlich bei der Offenburger Biogasmesse sein unternehmerisches Konzept vor.
Mischungen mit Luzerne fungieren auf dem Naturland-Betrieb als „Futter” für die Biogasanlage.
Die ackerbaulichen Produktionsbedingungen auf dem hochgelegenen Haslachhof in Löffingen sind nicht ideal: Seine Flächen befinden sich im westlichen Teil der Baar und in der Nähe des Hochschwarzwaldes auf 800 bis 900 Metern über Meereshöhe. Die Krume ist an vielen Stellen kaum mächtiger als 10 cm. Darunter folgt plattiger Kalkstein, was bedeutet, dass eine Nachlieferung von Nährstoffen aus dem Unterboden so gut wie nicht zu erwarten ist. Die jährlichen Niederschläge pendeln um 900 mm.
Der Boden ist tätig, von Haus aus kalkreich und durchlässig. Er ist aber auch anfällig gegenüber Bearbeitungsfehlern und Erosion. Seine Behandlung erfordert viel Fingerspitzengefühl. Trotzdem ist es ein festes Ziel des Betriebsleiters, die organische Substanz im Boden dauerhaft zu erhöhen.
2003 hat Wolfram Wiggert den Betrieb auf ökologische Wirtschaftsweise gemäß Naturland umgestellt. Damit entfällt die Stickstoffzufuhr per Handelsdünger. Zur Stärkung des Bodengefüges und der Nährstoffverfügbarkeit werden regelmäßige Erhaltungskalkungen durchgeführt.
Achtgliedrige Fruchtfolge
Der umfangreiche Anbau von Zwischenfrüchten fördert die Struktur des Bodens. Das Bild wurde nach einem Starkregen aufgenommen. Links: Regenstabile Krume durch Anbau von Zwischenfrüchten, rechts Bodenverschlämmung bei "Standard"-Fruchtfolge.
Die sonstige Nährstoffversorgung wird über eine ausgeklügelte, achtgliedrige Fruchtfolge gesichert. Deren Aufwuchs dient überwiegend der Substratversorgung einer Biogasanlage mit der Leistung von 530 kW (elektrisch). Seit 2008 wird warmes Wasser ins Nahwärmenetz Löffingen eingespeist. Außerdem wird eine 40-köpfige Hinterwälder-Mutterkuhherde gehalten und auch Getreide angebaut, das verkauft wird. Hierzu gehören Dinkel und das historische Einkorn, eine Vorläuferart der Emmer- und Dinkelsorten. Zum Betrieb gehören 270 ha Ackerland und 90 ha absolutes Grünland. In der gleichen Größenordnung wie der Grünlandumfang ist auch der Anteil derjenigen Flächen, der von anderen ökologischen Betrieben zur Bewirtschaftung noch hinzugepachtet wurde.
Zwei Fünftel der bewirtschafteten Ackerfläche dienen der Erzeugung von Druschfrüchten, drei Fünftel dem NaWaRo-Anbau. Das Anbaugemisch aus Klee, Luzerne und Gras hat mit 36 Prozent den größten Anteil bei den Ackerkulturen. „Die stickstoffsammelnden Leguminosen sind gleichzeitig auch unsere Energiefabrik”, erklärte Wiggert. Sie kommen in der Fruchtfolge in mehreren Gliedern vor.
Leguminosen als Kraftwerke
Landwirt Wolfram Wiggert setzt auf ökologischen Landbau, kombiniert mit einer großen Biogasanlage.
Die große Gemengekultur ist überjährig angelegt über einen Zeitraum von über zweieinhalb Jahren. Der jährlich mindestens dreimalige Häckselschnitt dient als Substrat für die Biogasanlage. Nach der langen Phase des Leguminosenanbaus folgen nacheinander die einjährigen Kulturen mit jeweils rund 15 Prozent Flächenanteil: Dazu gehören die Früchte Winterdinkel, Sommerdinkel-Hafer und Grünroggen-Silomais. Der Mais wird Ende Mai nach der Grünroggenernte gesät.
 Der gute Vorfruchtwert des vorausgegangenen, überjährigen Leguminosengemisches ermöglicht hohe Dinkelerträge von 50 dt/ha, die damit zwei Drittel des Wertes eines konventionell gedüngten Dinkelaufwuchses erreichen. Nach den drei einjährigen Früchten folgt „Schweidel” als sechste Fruchtart, eine Mischung aus Wiesenschwingel und Weidelgrasarten. Davon geht der erste Schnitt an das Vieh, die beiden folgenden in die Biogasanlage.
Im Spätherbst folgt – als siebte Frucht – wiederum die Einsaat eines Gemenges mit Leguminosenanteilen. Für den stickstoffbedürftigen Boden wirkt es wie eine Zwischenenergiequelle durch die Komponenten Wintererbsen und Wicken, hinzu kommen Roggen und Triticale. Der Aufwuchs geht in die Biogasanlage. Dieses Fruchtfolgeglied schafft günstige Voraussetzungen für die nachfolgende Getreideart: Wiggert hat dafür das Einkorn gewählt, das damit  gleichzeitig auch am Ende der Fruchtfolge steht. Mit dieser Kultur sind zwar kaum mehr als 30 dt/ha an Ertrag zu erwarten. Nach Darstellung des Betriebsleiters sind die erzielbaren Verkaufspreise aber hoch genug, um einen Deckungsbeitrag zu erzielen, der anderen Früchten gegenüber vergleichbar ist. Insgesamt können auf dem Haslachhof 1000 t Getreide eingelagert werden.
Die Beschickung des Fermenters der Biogasanlage bildet dennoch das Zentrum des Betriebsgeschehens. Neben den Ackerfrüchten kommt auch Rindermist und Grünlandaufwuchs in den Fermenter. Die Substratmischung ist durch die verwendeten Anteile rohfaserreich und dickflüssig. Deshalb wurde für seine Durchmischung ein robustes Paddelrührwerk gewählt, das sich mit seiner Laufleistung von 15 Umdrehungen pro Minute als zuverlässig und belastbar erwiesen hat. Zwei kleinere Rührwerke sorgen parallel dazu für die Kreisbewegung der Flüssigkeit im Behälter.
Nach seiner Ausgasung wird das Substrat in eine Separierungsanlage geleitet. Die Trennung in eine festere und eine flüssigere Phase (Fugat) hat sich laut Wiggert bewährt. Die Ausbringung des flüssigen Fugats ist technisch einfach. Die hohen Anteile an schnell wirkendem Stickstoff können auf dem Acker leicht umgesetzt werden. Bei der festen Phase wiederum baut sich der Stickstoff langsamer ab, weshalb die Masse auf Wiesen und Luzerneflächen per Miststreuer ausgebracht wird. Entscheidend sind für Wiggert die Verwirklichung einer Kreislaufwirtschaft, die optimale Inwertsetzung der Ackerfutter- und Grünlandflächen und die nachhaltige und bodenverbessernde Verwendung des Aufwuchses.