Politik | 11. September 2014

Nachhaltige Waldwirtschaft im Fokus

Von Dr. Björn Uerpmann, MLR
Im Entwurf des Maßnahmen- und Entwicklungsplans Ländlicher Raum Baden-Württemberg 2014 bis 2020 (MEPL III) ist die Forstwirtschaft mit den Förderprogrammen Umweltzulage Wald und Nachhaltige Waldwirtschaft vertreten. Darum geht es im sechsten Teil der Serie zu MEPL III.
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) erläutert  die wichtigsten Punkte der beiden forstwirtschaftlichen Programme und beschreibt die Änderungen im Vergleich zu den bisherigen Waldprogrammen.
Umweltzulage Wald
Bei der Erstaufforstung können Saat und Pflanzung sowie die mechanische Pflege der aufgeforsteten Kulturen gefördert werden. Nicht zuwendungsfähig sind Kurzumtriebsplantagen, Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen.
Bei der Umweltzulage Wald (UZW) wird es weiterhin unmittelbar flächenbezogene Maßnahmen geben, die über den Gemeinsamen Antrag bei den Unteren Landwirtschaftsbehörden beantragt werden. Die Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung des Erholungs- und Bodenschutzwaldes „Umweltzulage B” und „Umweltzulage E” können aufgrund der EU-Vorgaben nicht mehr als flächenbezogene Zulagen des Gemeinsamen Antrags angeboten werden.  Daher bietet sie das Land als Investitionsmaßnahmen an. Sie werden künftig über das Förderprogramm Nachhaltige Waldwirtschaft in Form von Anteilsfinanzierungen gefördert.  Die UZW-W (Wasserschutz) wird zukünftig entfallen. Sie hat auch in der vergangenen Förderperiode nur eine marginale Rolle gespielt.
 
a) Umweltzulage Wald – Natura 2000 (UZW-N)
 
In Baden-Württemberg liegen über 60 Prozent der Natura-2000-Gebiete im Wald. Die Bewirtschaftung dieser Wälder ist weiterhin möglich. Es kann allerdings zum Beispiel bei der Baumartenwahl zu Einschränkungen kommen, da die Waldlebensraumtypen in einem günstigen Zustand  erhalten werden müssen. Die UZW-N gleicht diesen Verzicht der privaten  Waldeigentümer auf waldbauliche Freiheiten aus und fördert die Ausstattung mit lebensraumtypischen Baumarten und Habitatstrukturen zum Erhalt der Natura-2000-Gebiete. Neu ist, dass die UZW-N unabhängig von der Rechtsform für alle Eigentümer von Privatwald angeboten werden soll. Weiterhin ist vorgesehen, dass forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse antragsberechtigt sind und für ihre Mitgliedsbetriebe einen Sammelantrag stellen können.
 
b) NEU: Umweltzulage Wald – Habitatbaumgruppe (UZW-HBG)

Ein wesentliches Ziel der Forstwirtschaft ist es, den erneuerbaren Rohstoff Holz zu nutzen, bevor die technische Entwertung einsetzt und die Holzverwendung eingeschränkt ist. Im Vergleich zu langfristig unbewirtschafteten Wäldern sind im Wirtschaftswald deutlich weniger Altholz, Habitatbäume und Totholz vorhanden. Die Mehrzahl der Bäume wird geerntet, bevor Verfärbung, Fäule, Pilz- und Käferbefall einsetzen und der Zersetzungsprozess eintritt.
Der Erhalt von Alt- und Totholz trägt jedoch maßgeblich zum Erhalt und zur Stärkung der Biodiversität unserer Wälder bei (vgl. Alt- und Totholzkonzept Baden-Württemberg). Die neue Maßnahme UZW-HBG fördert im Privatwald den Erhalt von Habitatbaumgruppen auf Basis freiwilliger Verträge: Die Privatwaldbewirtschafter vereinbaren vertraglich mit den zuständigen Unteren Forstbehörden, dass sie in alten Beständen, welche eigentlich zur Nutzung anstehen, für die nächsten sieben Jahre darauf verzichten, Bäume zu nutzen, die einen Habitatbaum umgeben. Dadurch bleibt die Habitatqualität erhalten.
Entsprechende Verträge mit den Unteren Forstbehörden können voraussichtlich ab Mitte 2015 geschlossen werden. Die Auszahlung der Fördermittel erfolgt als Einmalzahlung über den Gemeinsamen Antrag. Der Fördersatz für den Nutzungsverzicht der jeweiligen Habitatbaumgruppe errechnet sich aus Durchmesser, Anzahl und Baumart der Bäume, die den Habitatbaum als Gruppe umgeben. Der Fördersatz ist abhängig von der Bonität des Standorts und der naturschutzfachlichen Wertigkeit der jeweiligen Habitatbaumgruppe und variiert beim siebenjährigen Nutzungsverzicht zwischen 50 Euro und 400 Euro je Habitatbaumgruppe.
Nachhaltige Waldwirtschaft
Die nachhaltige Entwicklung der Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion der Wälder Baden-Württembergs ist ein wesentliches Ziel der forstlichen Förderung des Landes. Ein besonderer Schwerpunkt ist daher die Förderung der nachhaltigen Bewirtschaftung naturnaher Wälder zur Steigerung der Stabilität und der ökologischen Leistungsfähigkeit. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Maßnahmen, die der Verbesserung der  in Baden-Württemberg vielerorts kleinteiligen  Besitzstrukturen dienen. Die Förderrichtlinie Nachhaltige Waldwirtschaft gliedert sich in folgende Teile:
  • Teil A – Förderung der Erstaufforstung
  • Teil B – Förderung einer naturnahen Waldwirtschaft
  • Teil C – Förderung von Gemeinschaftswäldern und forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen
  • Teil D – Förderung der forstwirtschaftlichen Infrastruktur
  • Teil E – Förderung von Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Schutz- und Erholungsfunktion der Wälder sowie Maßnahmen des integrierten Waldschutzes nach Schadereignissen
 
Teil A – Förderung der Erstaufforstung und Teil B –  Förderung einer natur-
nahen Waldwirtschaft

Die Teile A und B enthalten auch in der neuen Förderperiode wieder die klassischen Fördermaßnahmen zur erstmaligen Begründung standortgerechter Laub- und Mischwälder sowie die Förderung von Investitionen zur Wiederherstellung oder Erhaltung naturnaher Wälder. Im Einzelnen sind das:
Erstaufforstung:
Für die Neuanlage von Wald muss eine Aufforstungsgenehmigung nach Paragraph 25 Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz (LLG) vorliegen, sofern es sich nicht um ein Aufforstungsgebiet nach Paragraph 25a LLG handelt. Zuwendungsfähig sind Saat und Pflanzung. Privatwaldbesitzer mit einer Betriebsgröße bis maximal 200 ha Forstbetriebsfläche erhalten in der neuen Förderperiode zusätzlich eine Förderung zur mechanischen Pflege der aufgeforsteten Kulturen. Nicht zuwendungsfähig sind Kurzumtriebsplantagen, Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen.
Umbau, Wiederherstellung und Weiterentwicklung naturnaher Wälder durch künst-
liche und natürliche Verjüngung:
Der Umbau von nicht standortgerechten oder nicht klimatoleranten Beständen in stabile Wälder beziehungsweise die Wiederherstellung (ausschließlich im Zusammenhang mit einem Schadereignis) und – im Falle von Eichen- und Bodenschutzwäldern – die Weiterentwicklung von stabilen Wäldern durch Saat, Pflanzung oder Naturverjüngung wird gezielt gefördert.
Privatwaldbesitzer mit einer Betriebsgröße bis maximal 200 Hektar Forstbetriebsfläche erhalten in der neuen Förderperiode ebenfalls zusätzlich eine Förderung zur mechanischen Pflege der Kulturen.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt in der Förderung von Eichenwäldern. Hier erhalten alle Kommunal- und Privatwald bewirtschaftenden Betriebe eine Förderung zur Begründung und zur mechanischen Pflege der Eichenkulturen sowie eine Anteilsfinanzierung bei der Verwendung von Wuchshüllen (Verbissschutz). Weiterhin ist in der neuen Förderperiode eine Verjüngung von Eichenwäldern oder von stabilen Bodenschutzwäldern auch dann förderfähig, wenn es sich beim Ausgangsbestand bereits um einen stabilen Laub- oder Laubmischbestand gehandelt hat.
Jungbestandspflege:
Gefördert werden waldbauliche Maßnahmen in Jungbeständen mit dem Ziel, diese an den Standort und an das Bestockungsziel anzupassen. Die zulässige maximale Oberhöhe beträgt bei Nadelbäumen 10 Meter und bei Laubbäumen 13 Meter. Bei der Pflege von Mischbeständen richtet sich die Oberhöhe nach der Hauptbaumart. Je Fläche sind maximal zwei Pflegedurchgänge zuwendungsfähig. Der Kreis der Zuwendungsempfänger für die Förderung der Jungbestandspflege wird in der neuen Förderperiode auf Privatwaldbesitzer mit einer Betriebsgröße bis maximal 200 ha Forstbetriebsfläche begrenzt.
Bodenschutzkalkung:
Die Bodenschutzkalkung wird gefördert, wenn dadurch eine strukturelle Verbesserung der Bodenstreu, des Bodens und des Nährstoffhaushalts erzielt wird und eine Verbesserung der Widerstandskraft der Bestände erwartet werden kann.
Die Bodenschutzkalkung wird gefördert, wenn dadurch eine strukturelle Verbesserung der Bodenstreu, des Bodens oder des Nährstoffhaushalts erzielt wird und eine Verbesserung der Widerstandskraft der Bestände erwartet werden kann. Voraussetzung für die Förderung ist, dass eine gutachterliche Stellungnahme die Notwendigkeit der geplanten Kalkungsmaßnahme bestätigt. Gegebenenfalls muss eine Boden- oder eine Blatt- beziehungsweise Nadelanalyse durchgeführt werden.
Privatwaldbesitzer mit einer Betriebsgröße bis maximal 30 ha Forstbetriebsfläche bekommen auch in der neuen Förderperiode wieder sämtliche förderfähigen Nettokosten zu 100 Prozent erstattet. Eine Förderung der Umsatzsteuer wird in der kommenden Förderperiode dagegen für keine Maßnahme mehr möglich sein.
Auch in der neuen Förderperiode werden Forstbetriebe darin unterstützt, periodische Betriebspläne zu erstellen sowie Daten zu erheben und zu analysieren, die als Grundlage für eine naturnahe Waldwirtschaft benötigt werden. Neu hinzugekommen ist die Förderung der Datenerhebung und -auswertung, die notwendig ist, um Gemeinschaftswälder zu gründen oder bestehende Gemeinschaftswälder zu erweitern.

Teil C – Förderung von Gemeinschaftswäldern und forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen

Teil C wendet sich an forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse und an Waldbesitzer, die einen Gemeinschaftswald gründen oder mit ihren Flächen einem Gemeinschaftswald beitreten wollen. Ziel ist die Überwindung struktureller Nachteile, die insbesondere aus Kleinflächigkeit und Besitzzersplitterung entstehen. Dies erfolgt durch die Förderung der überbetrieblichen Zusammenarbeit im Rahmen forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse und durch die Förderung gemeinschaftlicher Waldbewirtschaftungsmodelle.
In der neuen Förderperiode werden forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse zudem verstärkt unterstützt, den Schritt in die Eigenständigkeit mit eigenem professionellen Geschäftsführer zu gehen. Die Zusammenschlüsse erhalten hierfür eine Förderung zur Professionalisierung, zur Zusammenfassung des Holzes der Mitgliedsbetriebe für den Verkauf und zur Koordinierung von Waldpflegeverträgen mit den Mitgliedsbetrieben.
In der neuen Förderperiode werden auch Zusammenschlüsse gefördert, die den Schritt zur eigenständigen professionellen Holzvermarktung noch nicht getätigt haben. Sie erhalten künftig eine Förderung dafür, dass sie ihre Mitglieder zum Beispiel über aktuelle Themen der Forstwirtschaft und des Holzmarktes informieren. Neu ist auch die Förderung zur Erstellung und Umsetzung von Plänen zur Neugründung oder Erweiterung von Gemeinschaftswäldern.

Teil D – Förderung der forstwirtschaftlichen Infrastruktur

Eine weitere wichtige Komponente zur Verbesserung der Struktur bildet die Förderung der forstwirtschaftlichen Infrastruktur, die über den Teil D der Richtlinie angeboten wird. Darunter fallen sowohl der Wegeneubau, Wegeausbau und -umbau als auch die Wegegrundinstandsetzung nach Naturkatastrophen, ebenso die Grundinstandsetzung von Brücken und Wasserableitungssystemen von Forstwegen.

Teil E – Förderung von Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Schutz- und Erholungsfunktion der Wälder sowie Maßnahmen des integrierten Waldschutzes nach Schadereignissen

Bodenschonende Holzerntemaßnahmen und -techniken sind Bestandteil der Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft (Teil E).
Teil E dient der Förderung von Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Schutz- und Erholungsfunktion der Wälder und der Förderung von Maßnahmen des integrierten Waldschutzes als Folge von Schadereignissen. Mit der Projektförderung zur Anteilsfinanzierung der Neuanlage, Entwicklung und flächige Erweiterung – beispielsweise von Biotopen und Artenlebensstätten im Wald – stellt die NWW ergänzend zur UZW die zweite wesentliche Komponente für einen erfolgreichen Naturschutz im Wald dar.
Um die vielfältigen, teilweise unterschiedlichen Interessen bei der Nutzung der Wälder auszugleichen und mit den Schutzfunktionen in Einklang zu bringen, soll in der neuen Periode die Planung und Umsetzung der Neuanlage von naturverträglichen und unbeschränkt zugänglichen Single Trails im Erholungswald gefördert werden.
Durch die Koordinierung der Erholungsnutzung erhalten Mountainbiker die Möglichkeit, den Wald als erlebnisreichen Ort für ihren Sport zu nutzen, ohne mit den Nutzungsinteressen der Waldbewirtschafter und anderer Erholungsuchender in Konflikt zu geraten beziehungsweise die Schutzfunktionen der Wälder zu gefährden.
Erstmals werden in der neuen Periode bodenschonende Holzerntemaßnahmen und
-techniken gefördert. Gefördert wird sowohl die bodenschonende Holzernte mittels Seilkran und Rückepferden als auch die Beschaffung bodenschonender Holzerntetechnik wie Moorbänder, Traktionshilfswinden für Forstschlepper und Raupen-Vorliefersysteme.
Den vierten Schwerpunkt in Teil E bilden die Soforthilfemaßnahmen für die Bewältigung von außergewöhnlichen Naturereignissen durch die Förderung von Maßnahmen eines integrierten Waldschutzes. Mit diesen „Schubladenplänen” ist die forstliche Förderung für den Fall gerüstet, dass erneut Störereignisse wie Orkane oder sonstige Witterungsextreme Baden-Württemberg heimsuchen sollten.
Eine Förderung nach NWW kann bei den Unteren Forstbehörden beantragt werden.
Für die forstwirtschaftlichen Maßnahmen sind in der siebenjährigen Finanzplanung des MEPL III insgesamt rund 57 Millionen Euro vorgesehen. Davon sind rund 12,5 Millionen Euro ELER-Mittel. Pro Jahr stehen für die forstwirtschaftlichen Maßnahmen in Baden-Württemberg 6,35 Millionen Euro nationale Mittel und 1,775 Millionen Euro ELER-Mittel zur Kofinanzierung zur Verfügung.

Einkommensverlustprämie:
 
Der Fördertatbestand der Einkommensverlustprämie wurde im Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes” (GAK) auf Bundesebene nicht mehr verlängert. Dementsprechend wird auch das Förderprogramm über die Gewährung einer Einkommensverlustprämie (RL-EVP) in der Förderperiode 2014−2020 nicht fortgeführt. Die Einkommensverlustprämien für bewilligte Maßnahmen, die mitunter noch eine Laufzeit bis 2025 haben können, werden bis zum Ende des Prämienzeitraumes ausgezahlt. Die jährliche Beantragung der Auszahlung erfolgt über den Gemeinsamen Antrag.