Pflanzenbau | 12. November 2015

Mut zur Vielfalt bei Zwischenfrüchten

Von Angelika Sontheimer
Rund 50 Fachleute aus den Beratungsringen, der Offizialberatung und verschiedenen Landwirtschaftskammern waren kürzlich zu einer Besichtigung der Saatzuchtstation in Asendorf und zum Gesprächsaustausch „Bodenfruchtbarkeit” der Deutschen Saatveredelung, DSV, in Bücken eingeladen.
Zwischenfrüchte sollen mehrere Zwecke erfüllen. Wichtig sind Unkrautunterdrückung und Stickstoffbindung. Aber auch die Regenwürmer sollen sich von abgestorbenen Blättern ernähren können.
„So viel Biodiversität wie möglich und so viele Regenwürmer wie möglich, das ist mein Landwirtschaftsbild der Zukunft”, führte DSV-Produktmanager Christoph Felgentreu die Zuhörerinnen und Zuhörer in die Fachtagung für Berater in Bücken bei Hoya ein. Leitthema waren die Bodengesundheit und optimale Bodenpflege, „passend zum Jahr des Bodens 2015”, wie Felgentreu vermerkte.
Verbündete in Sachen Bodenfruchtbarkeit
Differenziert beurteilte er die komplizierten Greening-Auflagen, die aus fachlicher Sicht nicht immer nachzuvollziehen seien. „Im Zwischenfrucht-Bereich hätten wir das Greening-Regelwerk nicht gebraucht”, erklärte er und erläuterte die Aussage an zwei praktischen Beispielen. Wenn die Zwischenfrüchte nur mit organischer Düngung gedüngt werden dürfen, kämen sie nur langsam in Gang, was insbesondere für Marktfruchtbetriebe schlecht sei. Als zweites Beispiel nannte Felgentreu das Verbot von Maisuntersaaten mit Klee, das entgegen der Bodenfruchtbarkeit gehe. Kritisch äußerte er sich auch zum neuen Strip-Till-Verfahren und hinterfragte, ob es dabei zu einem „Blumentopf-Effekt” komme, bei dem die Pflanze in eine Richtung gezogen wird. „Dabei ist es doch gerade das Wichtige an Zwischenfruchtmischungen, dass sie unterschiedliches Wurzelwerk mit unterschiedlichen Horizonten haben, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen”, konstatierte der Fachmann.
Nicht die Bodenpunkte seien wichtig, sondern der Umgang mit dem Boden. Wenn sich auch der Landwirt über die oberirdische Biomasse freue, so brauche der Regenwurm dagegen das braune, verwelkte Blatt an der Oberfläche, um es zu Humus zu verarbeiten, erläuterte Felgentreu. „Wir brauchen Verbündete, die den Boden verstehen und in die Fragestellung Bodengesundheit einsteigen”, appellierte er an die Berater.
Vielfalt bringt Vorteile
Die DSV hatte Referenten aus allen Teilen Deutschlands zum Erfahrungsaustausch mit den Pflanzenbau-Beratern zusammengebracht.
Rolf Kern, Mitarbeiter des Dezernats Ackerbau-Wasserschutz am Landwirtschaftsamt Karlsruhe, stellte die Erfahrungen mit Zwischenfrüchten vor. Mitte der 1980er-Jahre sei es im Dienstbezirk vermehrt zu Problemen mit Erosion und Nitratbelastung im Grundwasser gekommen. Mitte der 1990er-Jahre wurden bereits 80 Prozent der Flächen im Landkreis mit Mulchsaat-Systemen in Verbindung mit Zwischenfrüchten bewirtschaftet. Der Offizialberater plädierte dafür, dass die Zwischenfrüchte inklusive der Leguminosen über den Winter stehen bleiben und nicht gemulcht oder eingearbeitet werden, damit es nicht zu einer Mineralisation komme. „Dann gelingt es uns, den Stickstoff über den Winter zu retten”, erklärte er. Eine Zuhörerin berichtete dagegen von erhöhten Nmin-Werten in ihren Versuchen mit höheren Leguminosenanteilen, die sich mit dem Überschuss aus der Vorfrucht erklären ließen. Das gemeinsame Fazit war, dass die Zwischenfruchtmischung an den Standort, das Klima und die Fruchtfolge angepasst sein müsse.
Schlüsselkulturen im modernen Ackerbau
In Sachsen wird der Anbau von Zwischenfrüchten mit 85 €/ha gefördert. „Der Zwischenfruchtanbau ist eine Agrarumweltmaßnahme mit vielfältigem Nutzen”, erklärte Anja Schmidt vom sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.
Zwischenfrüchte sollten wie Hauptkulturen angebaut werden, sie sind keine Zwischenkultur, sondern stehen als Schlüsselkultur in heutigen Ackerbausystemen zwischen den Früchten, zitierte sie den Pflanzenbauberater Dietmar Näser. Bei der Aussaat der Zwischenfrüchte müsse die verbleibende Vegetationszeit optimal genutzt werden, ein Tag im Juli sei wie eine Woche im August oder der ganze September.
Sie ging auch auf die phytosanitären Aspekte ein, die von einem Zuhörer kritisch angemerkt wurden. Senf und Phacelia können beispielsweise das bodenbürtige Rattlevirus übertragen, Kreuzblütler bergen in Rapsfruchtfolgen immer eine Kohlherniegefahr, Haferarten begünstigen Haferkronenrost und Haferröte und das BYDV-Verzwergungsvirus kann Gerste, Weizen und Roggen befallen. Doch über gesunde Fruchtfolgen mit Winterungen, Sommerungen und Mischungen könnten die Schaderreger minimiert werden.
Schlechte Erfahrungen habe man, so Schmidt, mit der Vorerntesaat gemacht, bei der die Mäuse überhandgenommen hätten. Woran dies gelegen habe, sei nicht zu ersehen gewesen. Nicht abzustreiten seien aber auch die Vorteile der Vorerntesaat, nämlich Kostenersparnis, Vegetationsvorsprung und die gute Unterdrückung von Ausfallgetreide und Unkräutern. Als letzten Punkt  hob sie den Wasserverbrauch hervor. „Zwischenfrüchte gelten oft als Wasserkonkurrenten der Hauptfrüchte, das hat sich in unseren Versuchen aber nicht bestätigt, die Bodenfeuchte auf den Zwischenfruchtflächen war immer höher als die der Schwarzbrache”, schloss Schmidt ihren Vortrag.
Generationsaufgabe Bodenfruchtbarkeit
Den Praktiker-Vortrag hielt Bernd Starick von der Bauern AG in Neißetal in der Niederlausitz. „Landwirtschaft zwischen Tagebau und Grenzverlauf” lautete der Titel. Als Grundlage für eine solide Produktion bezeichnete er die Kreislauf-Philosophie des Unternehmens, in dem die Feldbestellung in der Pflanzenproduktion auf die Futteranforderungen der Tierproduktion abgestimmt sei und die Tierproduktion (1200 Rinder und etwa 16000 Schweine) auf die Flächenausstattung (2500 ha LN) ausgerichtet sei. Ausgeglichene Fruchtfolgen, eine bilanzierte Nährstoffversorgung mit einem passenden pH-Wert, die Humusversorgung der Böden und eine bodenschonende Technik nannte Bernd Starick als Maßnahmen auf dem Weg zu einer guten Bodenfruchtbarkeit der aus dem Tagebau wieder zu rekultivierenden Flächen.
So werden beispielsweise Raupenschlepper zur Verminderung des Bodendruckes eingesetzt und Zwischenfrüchte und Luzerne neben Getreide und Mais angebaut. Auf die Kosten des Zwischenfruchtanbaus angesprochen, antwortete Starick: „Die Steigerung der Bodenfruchtbarkeit ist eine Generationsaufgabe und große Herausforderung. Jeder Landwirt entscheidet für sich, was sie ihm wert ist.”
Untersaaten intelligent einbauen
„Grasuntersaaten mit nur einer Gräserart können als ökologische Vorrangfläche gemäß den Greening-Vorgaben angemeldet werden, wenn sie bis zum 15. Februar des Folgejahres stehen bleiben.”
DSV-Berater Dieter Hübner ging in seinem Vortrag zunächst auf die Gräser ein und nannte die klimatische Adaption, die Ausnutzung von Wachstumspotenzial, die gute Nutzung von Wirtschaftsdüngern und Gärresten und die ganzjährige Begrünung als deren Vorteile. Gräseruntersaaten im Getreide können beispielsweise als Herbstuntersaat mit dem Getreide ausgesät oder als Winteruntersaat bis Dezember mit dem Pneumatik-Streuer ausgebracht werden. Mit einigen Gräsern könnten auch Ungräser wie Windhalm und Ackerfuchsschwanz eingedämmt werden, so Hübner. Bei der richtigen Wahl der Gräserarten in Verbindung mit einem geeigneten Aussaattermin und passender Saatstärke werde der Ertrag der Deckfrucht nicht beeinflusst, Lichtmangel für die Untersaat, beispielsweise durch Lager in der Deckfrucht, müsse allerdings unbedingt vermieden werden. Getreide-GPS mit Gräser-Untersaaten können vielfältig in der Rinderfütterung oder Biogasanlage genutzt werden und tragen zur Bodenschonung, Stickstoffbindung und Erosionsminderung bei, erklärte der Berater.