Politik | 18. November 2021

Mitgliedstaaten sehen Kommission auf dem Holzweg

Von AgE
Die von der Europäischen Kommission vorgelegte EU-Forststrategie stößt bei den Mitgliedsländern auf wenig Gegenliebe. Vielmehr drängen deren Forst- und Landwirtschaftsminister auf mehr Subsidiarität bei der Waldbewirtschaftung.
Die Mitgliedstaaten wollen stärker mitbestimmen über die Zukunft der Wälder in der Europäischen Union. Wichtig sei, ein Gleichgewicht zwischen den ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung herzustellen.
Die Vielfalt der Wälder und der Waldbewirtschaftungspraktiken in den Mitgliedstaaten und ihren untergeordneten regionaleren Ebenen müssten stärker in die Brüsseler Vorgaben miteinbezogen werden, heißt es in den Schlussfolgerungen des Agrarrates zu der EU-Forststrategie. Wichtig sei zudem, ein Gleichgewicht zwischen den ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung herzustellen. Die Schlussfolgerungen des Agrarrrates wurden am Montag  unter slowenischer Ratspräsidentschaft in Brüssel  ausgehandelt.
Zweifel am Wert nationaler Strategiepläne
Die Mitgliedstaaten äußerten zudem Zweifel am Wert nationaler Strategiepläne für die Forstwirtschaft, wie dies in der Mitteilung der Kommission vorgesehen ist. Stattdessen fordern sie eine bessere Nutzung der bestehenden internationalen Überwachungs- und Berichterstattungsverfahren. Schließlich plädieren die Minister auch dafür, dass die EU-Forststrategie eine internationale Dimension beinhalten sollte, die darauf abziele, die globale Entwaldung einzudämmen.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner untermauerte die in den Ratsschlussfolgerungen formulierte Kritik an der EU-Kommission. Neben einer hinreichenden Mitbestimmung der Mitgliedstaaten sei es vor allem von großer Bedeutung, eine aktivere Waldbewirtschaftung zuzulassen und damit zugleich Verlagerungseffekte in Drittstaaten zu vermeiden. Auch Frankreichs Landwirtschaftsminister Julien Denormandie gab zu bedenken, dass es nicht zielführend sei, wenn Klimaemissionen durch eine Verschiebung der Produktion in Drittländer mit deutlich niedrigeren Standards erfolgten.
EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius bemühte sich, den Landwirtschaftsministern die Sorgen vor der  EU-Forststrategie zu nehmen. Das Vorhaben stütze sich sehr wohl auf eine enge Kooperation mit den Mitgliedstaaten, ihren lokalen Ebenen sowie den Waldbewirtschaftern, erklärte der Litauer, der den am Coronavirus erkrankten Agrarkommissar Janusz Wojciechowski  vertrat. Zugleich unterstrich Sinkevicius die Bedeutung der Wälder für das Erreichen der Klimaneutralität, den Erhalt der Biodiversität sowie für die Kreislaufwirtschaft.
Rückenwind erhielt der Rat für seine Schlussfolgerungen durch die „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) - Die Waldeigentümer”. Hauptgeschäftsführerin Dr. Irene Seling betonte, dass die AGDW den einseitigen Ansatz, den die EU-Kommission den Waldbewirtschaftern in den einzelnen Mitgliedstaaten zentral aufdrücken wolle, ablehne. „Dieser ist engstirnig und realitätsfern, da er die Multifunktionalität unserer Wälder ignoriert, den Waldumbau in Zeiten des Klimawandels gefährdet und die Zurverfügungstellung des Rohstoffes Holz blockiert”, so Seling.
Die Vielfalt anerkennen und stärken
Auch der Vorsitzende der Familienbetriebe Land und Forst, Max von Elverfeldt, monierte, dass die EU-Kommission einen einheitlichen Ansatz für Europas Wälder entwickelt habe, anstatt deren Vielfalt anzuerkennen und zu stärken. Mit ihrem „One-size-fits-all”-Ansatz greife die Brüsseler Behörde in die Kompetenz der Mitgliedstaaten ein. Sie vernachlässige, dass ein bewirtschafteter, produktiver Wald unerlässlich für den Klimaschutz sei, erklärte er.