Tierhaltung | 28. Juni 2021

Methan aus der Rinderhaltung reduzieren

Von Maria Wehrle
Bei einer virtuellen Veranstaltung im Rahmen des Projektes Bovine gingen vier internationale Referentinnen darauf ein, welche Ansätze es gibt, um die Methanproduktion im Pansen zu verringern. Sie konzentrierten sich auf die Fütterung von Fetten und Zusatzstoffen sowie auf das Jungviehmanagement.
Mit einem besseren Jungviehmanagement lässt sich nicht nur die Produktivität steigern, sondern auch der Methanausstoß senken. Zum Beispiel können die Tiere mit 18 statt 22 Monaten geschlachtet werden.
Eine Kuh stößt täglich zwischen 200 und 500 g Methan aus. Mastrinder bewegen sich eher im unteren Bereich, Milchkühe im oberen. Aber wie entsteht überhaupt Methan im Pansen? Nur wer das versteht, kann Lösungsansätze entwickeln, um diese Emissionen zu verringern. Das Projekt Bovine veranstaltete zu diesem Thema kürzlich eine Online-Veranstaltung. Die Abkürzung steht für „Beef Innovation Network Europe”, was ins Deutsche übersetzt so viel bedeutet wie Netzwerk für Innovationen in der europäischen Fleischrinderbranche – siehe Kasten unten.
Riet Desmet vom belgischen Forschungsinstitut ILVO beantwortete die Frage so: Die Pansenflora zersetzt das Futter zu flüchtigen Fettsäuren, CO2 und Wasserstoff. Daraus machen manche Mikroorganismen Methan. Die flüchtigen Fettsäuren können diesen Prozess fördern oder hemmen. Propionsäure zum Beispiel nimmt Wasserstoffmoleküle auf, die dann nicht mehr für die Methanbildung zur Verfügung stehen. Sie entsteht vor allem bei der Verdauung von leicht verdaulichem Futter wie Getreide. Die Fettsäuren, die in Gras enthalten sind, fördern die Methanproduktion.
Fett in der Ration erhöhen
Die Prozesse im Pansen lassen sich zum Beispiel beeinflussen, indem man den Fettgehalt in der Ration erhöht. Joni Van Mullen – ebenfalls vom ILVO – stellte diesen Ansatz vor: Fette werden vorwiegend im Darm verdaut, sodass der Futteranteil, den die Mikroorganismen im Pansen verarbeiten, sinkt. Sie können auch wie eine Art Schleuse funktionieren, indem sie das faserreiche Material umhüllen und es für die Mikroorganismen im Pansen weniger gut verfügbar machen. Zudem fördern auch Fette die Bildung von Propionsäure und hemmen zusätzlich methanproduzierende Mikroorganismen. Ungesättigte Fettsäuren wirken noch stärker: Sie können selbst Wasserstoffmoleküle aufnehmen, aus denen dann kein Methan mehr werden kann.
Aber: Fett sollte nicht mehr als 6 bis 7 % der Trockensubstanz in der Ration ausmachen. Laut Van Mullen reduziert zu viel Fett die Verdaulichkeit und senkt die Futteraufnahme. Sie wies auch darauf hin, dass es wichtig ist, in welcher Form das Fett gefüttert wird. Raps hat beispielsweise einen viel geringeren CO2-Fußabdruck als Soja. Und auch die Verarbeitungsstufe ist wichtig: Eine Studie zeigte, dass unbehandelte Leinsamen die Methanemissionen im Vergleich zur Kontrolle um 12 % senken, extrudierte Leinsamen um fast 40 % und reines Öl um mehr als 60 %. Dabei ist aber zu beachten, dass der Effekt von Fett in Rationen mit einem hohen Getreideanteil höher ist als in grasbasierten Rationen.
 
Ätherische Öle und andere Zusatzstoffe
Laut Van Mullen beschäftigt sich die Forschung derzeit auch intensiv mit der Wirkung von ätherischen Ölen wie Oregano, Zitronengras oder Knoblauch. Laborversuche zeigten vielversprechende Ergebnisse. Versuche am lebenden Tier fielen aber noch sehr unterschiedlich aus. Es ist also noch Forschung nötig, um zu verstehen, wie die ätherischen Öle genau wirken.
Gemma Miller von der schottischen Hochschule SRUC ging auf die Futterzusatzstoffe ein. Auch dort spielen ätherische Öle eine Rolle. Andere Möglichkeiten sind Nitrat oder Bromoform, das zum Beispiel in Meeresalgen vorkommt. Viele Fragen zur Tiergesundheit oder Umweltverträglichkeit seien aber noch ungeklärt. Zudem hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bislang keine offiziell methanreduzierenden Zusätze zugelassen.
Stellschraube Management
Betrachtet man das Thema vom Management aus, fällt auf, dass die Steigerung der Produktivität oft mit einer Reduktion der Emissionen einhergeht. So schlägt Karen Goossens vom ILVO drei Möglichkeiten vor:  Erstens: Das Erstkalbealter senken. Physiologisch möglich und bei intensiver Haltung machbar seien 24 Monate. Zweitens: Früher schlachten. Laut Goossens nimmt die Wachstumsrate bei Bullen im Alter von 20 Monaten ab. In einem Versuch waren die Methanemissionen um mehr als 20 % geringer, wenn die Tiere mit 18 statt 22 Monaten zum Schlachter gegangen sind. Eine dritte Möglichkeit ist die Verkürzung der Zwischenkalbezeit.
Gesamte Wertschöpfungskette betrachten
Die Expertinnen waren sich jedoch alle einig, dass man bei allen Ansätzen die gesamte Wertschöpfungskette betrachten muss. Wo kommen die Futtermittel her und wie wurden sie produziert, sind zum Beispiel zentrale Fragen. 
Europäisches Netzwerk Bovine
Im Projekt Bovine vernetzt sich die europäische Fleischrinderbranche. Ziel ist es, die Bedürfnisse von Mutterkuhhalterinnen und Rindfleischerzeugern zu identifizieren und Lösungen aus Praxis und Wissenschaft zu sammeln. Daraus können auch Forschungsprojekte entstehen. In Deutschland sind der Bundesverband Rind und Schwein (BRS) sowie das Friedrich-Loeffler-Institut beteiligt. Weitere Informationen gibt es unter www.bovine-eu.net/about/germany.