Land und Leute | 07. Juni 2018

Die flinke Franzi vom Hochrhein

Von Thomas Güntert
Franziska Merkt aus Hohentengen macht ihr Hobby „Landwirtschaft” zum Beruf. Dass sie darin topfit ist, hat sie jüngst mit dem Sieg am Kombimelkstand beim DLG-Bundeswettbewerb „Melken” bewiesen.
Der Tag beginnt für Franzi Merkt auf dem Hupfer-Hof mit zwei Stunden Arbeit im Melkstand. Rund 150 Kühe werden zweimal täglich gemolken.
„Nach dem Realschulabschluss habe ich mich noch nicht getraut, eine Landwirtschaftslehre zu machen, und mich für die dreijährige Ausbildung in ländlicher Hauswirtschaft entschieden”, erzählt die 21-jährige Franziska Merkt.  Ihre Freunde  ermutigten sie schließlich  dazu, eine zweite Lehre als Landwirtin anzuschließen. Das erste Lehrjahr mit Vollzeitschule hat sie nun bereits hinter sich und sie absolviert zurzeit das zweite Lehrjahr auf dem Milchviehbetrieb Hupfer im Hohentengener Ortsteil Stetten. Auf dem 150 Hektar großen Milchviehbetrieb mit 150 Kühen werden auch die weiblichen Kälber nachgezogen, das Futter für das Vieh selbst angebaut sowie die Gülle und Futterreste in einer kleinen Biogasanlage verwertet. Die Arbeit mache ihr sehr viel Spaß, obwohl der Arbeitstag schon um 6.30 Uhr beginnt und erst um 19 Uhr endet, betont sie. „Jeder Tag ist für eine Überraschung gut”, sagt die junge Frau. Morgens beginnt der Tag mit zwei Stunden Arbeit im Melkstand, danach  wird mit der Ausbilderfamilie gefrühstückt. Franziska schätzt das familiäre Arbeitsumfeld, das keineswegs mit den heutigen Arbeitsbedingungen im Büro oder in der Industrie vergleichbar ist.
Das dritte Lehrjahr wird sie ebenfalls auf einem Milchviehbetrieb, dem Hof Fischerkeller in Bad Dürrheim, absolvieren. Die junge Frau empfindet den Bezug zu den Tieren in einer Milchviehhaltung viel intensiver als in einem Mastbetrieb. „Man kennt sich, wenn man jeden Tag zweimal miteinander zu tun hat”, bemerkt Franziska, die noch bei ihren Eltern im Ortsteil Günzgen wohnt. Obwohl die Familie Merkt keine eigene Landwirtschaft betreibt, ist Franziska diesen Weg gegangen. „Ich habe mich für diese beiden Berufe entschieden, damit ich später im Leben gut zurechtkomme.” Nach dem zweiten Ausbildungsweg stehen ihr einige weitere Türen offen: Sie kann beispielsweise den Landwirtschaftsmeister oder den Techniker machen. Franziska geht davon aus, dass durch den Wandel in der Landwirtschaft künftig auch in kleinstrukturierten Betrieben professionelle Betriebsleiter benötigt werden. 
Beste Melkerin im Bundesgebiet
Beim diesjährigen DLG-Bundeswettbewerb „Melken” am Landwirtschaftlichen Bildungszentrum im niedersächsischen Echem war Franziska Merkt im Kombimelkstand die Beste. Im 24-köpfigen Teilnehmerfeld der Spitzenmelkerinnen und -melker aus dem gesamten Bundesgebiet setzte sich Franziska an die erste Stelle. Sie überzeugte die Juroren durch ihre Fachkenntnisse der Agrarwirtschaft und hat im Fischräten- und
im Side-by-Side-Melkstand in zwölfeinhalb Minuten zwölf Kühe gemolken. Die Woche Urlaub, die Franzi für den Wettbewerb genommen hatte, lohnten sich. Neben der Goldmedaille des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft konnte sie auch einen Reisegutschein für einen längeren Abenteuerurlaub und vor allem viele positive Erfahrungen und Erkenntnisse mit nach Hause nehmen. In der Milchwirtschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten einiges verändert. Heute gibt eine Kuh rund 50 Prozent mehr Milch, weil die Bauern ein größeres Wissen über die Fütterung haben und die Kühe sich  in den großzügigen, lichtdurchfluteten Ställen wohler fühlen. Die Zeiten, als der Bauer noch den typischen Melkstuhl umgeschnallt hatte und zum Melken neben der angebundenen Kuh saß, sind vorüber. Franziska macht sich jedoch Sorgen wegen des Milchpreises, der seit der Abschaffung der Milchquote stetig schwankt und seit Februar kontinuierlich fällt. Der Erzeuger bekommt für den Liter Milch mittlerweile nur noch rund 30 Cent, während dieser beim Discounter bereits für 65 Cent zu haben ist.
Und wie stellt sich Franziska einen Zukunftsbetrieb vor? Würde sie auf die Masse, Spezialprodukte oder Selbstvermarktung setzen? Die angehende Landwirtin  hat gelernt, dass man bei einem gewissen Abnahmepreis nicht einmal mehr bei der Massenproduktion etwas verdient und dass für einen Ab-Hof-Verkauf sehr viele Vorschriften zu beachten sind. Kostengünstig sei hingegen Personal aus der eigenen Familie. „Für welches Betriebsmodell ich mich entscheiden würde, ist ganz abhängig von der Lage und der Personalstruktur eines Betriebes”, so die künftige Bäuerin. „Auf jeden Fall muss man die Arbeit mit Freude und aus voller Überzeugung machen”, fügt Franzi noch hinzu.