Tierhaltung | 02. November 2017

Mehr Möglichkeiten als bislang

Von Dr. Katja Mathiak, RBW
CowShip – das neue Anpaarungsprogramm der Rinderunion Baden-Württemberg (RBW) – verbindet die bisherigen Erfahrungen mit den neuesten Erkenntnissen der Rinderzucht und kann bei seinen Berechnungen eine Vielzahl von betriebsindividuellen Aspekten berücksichtigen.
Teilnehmer am Anpaarungsprogramm CowShip werden von den RBW-Mitarbeitern mehrmals im Jahr besucht und beraten.
Seit nun fast 20 Jahren bietet die RBW   ihren Mitgliedern den kostenlosen Service der computergestützten Anpaarungsberatung. So wurden in den vergangenen zehn Jahren mehr als  3,5 Millionen Anpaarungsempfehlungen in 2712 RBW- und 115 OHG-Herden ausgesprochen. Diese umfassenden Erfahrungen bilden die Grundlage für das neue Programm CowShip, das seit Sommer verwendet wird. Grund für diese Neuentwicklung war zum einen der Umstieg auf aktuelle Servertechnik, die dem RBW-Team eine deutlich höhere Effizienz ermöglicht. Zum anderen kann in diesem Programm die maximale Datenqualität berücksichtigt  und es können die neuesten Erkenntnisse der Rinderzucht verwendet werden. So können problemlos die genomischen Zuchtwerte aus KuhVision mit in die Anpaarungsberatung eingebunden werden. 
Selektionsmerkmale und Herdenkategorien
Organisatorisch ändert sich für die bereits von der RBW betreuten Herden wenig,  auch  Neueinsteiger sind  willkommen. Die Betriebe werden von den RBW-Mitarbeitern mehrmals im Jahr besucht und beraten.  So wie bisher können für die verschiedensten Selektionsmerkmale Grenzwerte betriebsindividuell definiert werden. Neben den schon bisher  verwendeten Zuchtwerten Kalbeverlauf, Zellzahl, Melkbarkeit,  Eiweiß- und Fett-Prozent sowie der Farbvererbung bei Holstein stehen nun im CowShip zusätzlich Persistenz, Fitness, Nutzungsdauer, Robotereignung, Beta-Kaseine, Hornlosigkeit und der Ökologische Gesamtzuchtwert (ÖZW/ für Fleckvieh und  Braunvieh) zur Verfügung.
Jeder Betrieb kann sich  individuell über die Herdenkategorien definieren. Die drei bekannten Herdenkategorien „Kommerzieller Milchproduzent”, „Kommerzieller Züchter” und „Schautyp” werden durch die beiden neuen Betriebsziele „Roboterbetrieb”  und „Bio-/Graslandbetrieb” ergänzt. In den „Roboterherden”  wird eine hohe Gewichtung im Euterbereich angesetzt. Das Ziel der „Bio-/Graslandbetriebe” liegt bei mittelrahmigen Kühen mit hoher Nutzungsdauer und Grundfutteraufnahme. Selbstverständlich können auch wie bisher innerhalb einer Herdenkategorie Einzelmerkmale betriebsindividuell eingestellt werden.
Erbkrankheiten und Inzucht vermeiden
Die Analyse der Erbkrankheiten beinhaltet alle derzeit bekannten Erbkrankheiten und genetische Besonderheiten. Standardmäßig aktiviert sind bei der Rasse Fleckvieh: Arachnomelie, BH2, FH2, FH4, FH5, TP, ZDL, DW; für Braunvieh: Arachnomelie, BH2, SDM, SMA und Weaver; und bei Holstein: BLAD, Brachyspina, CVM, CDH, HH1, HH2, HH3, HH4 & HH5. Sollten die ausgewählten Bullen die Berücksichtigung weiterer Erkrankungen erfordern, ist dies jederzeit möglich.
Die Vermeidung von Inzuchtproblemen ist eines der wichtigsten Standbeine der computergestützten Anpaarungsberatung. So werden im neuen System auch weiterhin zehn Generationen verarbeitet. Während bisher ein sogenannter Dam-File die mütterliche Seite in den höheren Generationen auf Bullenmutterebene abprüfte, erstellt CowShip ein komplettes Zehn-Generationen-Pedigree, auch auf der mütterlichen Seite. Das bedeutet, dass für jede einzelne Anpaarung 500000 Inzuchtkontrollen durchgeführt werden. Um diese Analyse komplett zu machen,  wird zusätzlich noch der eigene Inzuchtgrad des angepaarten Bullen berücksichtigt.
Optimaler Anpaarungswert
Bei der Exterieuruntersuchung setzt die RBW, wie bisher, auf das geschulte Auge des Außendienstteams. Auch im CowShip-System werden die Tiere für ihre ganz individuell wichtigsten Merkmale linear beschrieben. Unter Berücksichtigung eines 30-prozentigen Pedigreeeinflusses fließt diese Bewertung in den Komplex der Produktions- und Exterieuranalyse ein. Hat ein Anpaarungsbulle alle Hürden hinsichtlich der Selektionsmerkmale und der Inzucht- und Erbkrankheitenanalyse genommen, wird nun in diesem Komplex der „Optimale Anpaarungswert” (OAW) ermittelt und somit festgelegt, welcher Bulle der optimale Partner für jede einzelne Kuh ist.
Für jede Kuh erfolgt nun eine Rangierung der Bullen, bevor in der abschließenden Restriktionsanalyse ganz nach betriebsindividuellen Wünschen die Verteilung der Bullen vorgenommen wird. So können Spermarestbestände und geplante Spermaeinkäufe optimal berücksichtigt werden.  Neu ist, dass solche Restportionen gezielt in erster und zweiter Wahl verarbeitet werden, um die Spermabestandsverwaltung möglichst einfach und effektiv für die  Kunden zu gestalten.
Abschließender Ergebnisbericht
Der abschließende Ergebnisbericht beruht wiederum auf den Erfahrungen der letzten  Jahre. Auf der Titelseite werden alle Daten zum Betrieb aufgeführt, selbstverständlich auch mit allen zuständigen Ansprechpartnern bei der RBW. In der Anpaarungsübersicht werden alle Tiere der Herde mit ihren drei Anpaarungsempfehlungen dargestellt, gefolgt von der Spermaübersicht, die die Verteilung der angepaarten Bullen berücksichtigt. Neu für die Rassen Fleckvieh und Braunvieh ist das abschließende Herdenprofil. Hier kann der Landwirt  übersichtlich dargestellt erkennen, wo seine Herde zum aktuellen Zeitpunkt steht und wo der Weg beim Einsatz der Bullen der ersten Wahl rein rechnerisch hinführt.