Ein Austausch, der dringend nötig ist
Nach der Erfahrung von Schwarz werden neue Ställe sehr tiergerecht gebaut: „Da bewegt sich was”, sagte der Bauberater. „Der staatliche Zuschuss ist da ein Anreiz und ein He-
bel, den wir ganz bewusst nutzen.” Es gebe mittlerweile auch im strukturell benachteiligten Schwarzwald ein tolles Kontingent an Boxenlaufställen, berichtete Schwarz. Dennoch betonte er auch, dass nicht alle Betriebe investieren können. Milchviehhalter Andreas Deyer ergänzte, dass es nicht immer ein neuer Stall sein muss, um die Zustände für die Tiere zu verbessern: „Man kann mit kleinen Dingen viel bewirken.”
Wieso aber kommt das Bemühen der Tierhalter, ihren Tieren ein angenehmes Leben zu ermöglichen, nicht bei der Bevölkerung an? Dazu erklärte Roger Fechler vom Deutschen Bauernverband (DBV): „Wir haben bisher zu wenig informiert, wie wir Tiere halten. Die Verbraucher sind heute geschockt, wenn sie das Wort ‚Vollspaltenboden‘ hören.” In der Gesellschaft finde ein Wertewandel statt, mit dem Bauern mitgehen müssten. Die Tierschutzbeauftragte Jäger betonte: „Wir brauchen dringend vertrauensbildende Maßnahmen, und dafür braucht es Transparenz.” Die beiden Landwirte in der Runde leben das vor: „Es kann jeder auf meinen Hof kommen, ich habe nichts zu verbergen”, sagt Deyer. Auch Legehennenhalter Martin Zapf hat regelmäßig Besuchergruppen auf dem Hof. „Ich kann es nicht jedem recht machen, aber die Verbraucher, die den Hof anschauen und alles erklärt bekommen, gehen mit einem positiven Gefühl”, so seine Erfahrung.
Zur Transparenz gehört nach Einschätzung von Zapf, Schwarz und Jäger auch die eindeutige Kennzeichnung von Lebensmitteln. „An der Ladentheke muss der Verbraucher differenzieren können”, findet Zapf. Jäger ist überzeugt: „Die Legehennenhalter machen mit der Eier-Kennzeichnung vor, wie es überall laufen sollte mit der Kennzeichnung.” Studien zeigten, dass gerade die jüngere Bevölkerung nach und nach bewusster und konsequenter einkaufe. „Diesen Konsumenten muss die Entscheidungsfreiheit gegeben werden und auch etwas zwischen konventionell und bio angeboten werden”, bekräftigte
die Tierschutzbeauftragte. Ihr schwebt ein mehrstufiges Modell wie bei der Eierkennzeichnung vor.
Nach der Ansicht von Roger Fechler hingegen haben alle bisherigen Markenfleischprogramme nicht funktioniert. Er stellte das gegensätzliche Konzept der „Initiative Tierwohl” vor: Der Verbraucher sieht an der Ladentheke nicht, ob das Fleisch aus dieser Initiative kommt. Der Landwirt aber bekommt für verschiedene Maßnahmen zur Tierwohl-Verbesserung Prämien. Er kann dabei selbst entscheiden, welche der Maßnahmen aus dem Katalog er umsetzen will oder kann. „Das Programm geht in die Breite”, erklärte Fechler. „Wir wollten alle Landwirte mitnehmen. Entscheidend ist, dass ein neuer Weg gegangen wird.”
In der anderen Gruppe beschäftigten sich die Diskussionspartner mit umstrittenen Maßnahmen im Nutztierbereich: Dem Anbringen von Ohrmarken, dem Kupieren von Ringelschwänzen, dem Enthornen von Rindern und dem betäubungslosen Kastrieren von Ferkeln. In dieser Runde erfuhren die Verbraucher, warum die Landwirte welche Maßnahmen ausführen. So manchem wird der Kopf geraucht haben, als Begriffe wie Improvac, Inhalationsnarkose und genetisch hornlos fielen. Dabei wurde klar, dass die Verbraucher, auch solche, die sich als Tierschützer bezeichnen, oft schlecht oder falsch informiert sind. Einig waren sich die Teilnehmer der Runde, dass jeder Eingriff eine Anpassung des Tiers an die Situation im Stall bleibt, aber dass die für Tier und Mensch schonendste Methode gewählt werden sollte.
Fazit des Abends: Tierschützer und Landwirte müssen mehr miteinander reden. „Ich finde es schön, dass diese Diskussion stattfindet”, brachte es ein Bauer auf den Punkt.