Land und Leute | 17. Februar 2016

Mut zu eigenen Grenzen haben

Von Christa Rinklin
Zwischen der (Land-)Frau als Institution in der Gesellschaft, die allzeit für Problemlösungen bereit steht, und der Frau, die ihre persönlichen Grenzen ziehen und auf ihr Wohlergehen achten soll, pendelte der Landfrauentag des Bezirks Freiburg in der Festhalle Ihringen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald).
Gestärkt mit Schwarzwälder Kirschtorte, Himbeer-Windbeutel-Kuchen und anderen süßen Träumen, vernahmen die Landfrauen vom beschwingt singenden Mengener Frauenchor Max Raabes Botschaft: „Für Frauen ist das kein Problem.” In der Tat leisteten die Landfrauen des Bezirks Freiburg im vergangenen Jahr viel, so zum Beispiel die ehrenamtliche Mitarbeit bei der Integration von Flüchtlingen, auf die die Bezirksvorsitzende Luise Blattmann ausführlich einging. Gelungen war auch der Aktionstag in Auggen, bei dem fast dreitausend Besucherinnen und Besucher für die Qualität regionaler, saisonaler Produkte begeistert werden konnten. Als neues, starkes Motto verkündete Luise Blattmann den Slogan „Ich bin Landfrau”, der die Kommunikation in den nächsten drei Jahren unterstreichen soll. Förmlich an den Lippen von Referentin Beate Weingardt hingen sodann die anwesenden Landfrauen, aber auch die männlichen Gäste. Die Theologin und Psychologin sprach mit schwäbischem Elan über den Zusammenhang von Körper und Seele und wie psychosomatische Signale zu verstehen sind. „Wenn uns etwas sehr belastet, hat das Auswirkungen auf unseren Körper und die Gesundheit”, betonte die Mittfünfzigerin gleich zu Beginn. Gedanken und Gefühle, die länger anhaltend mit Ohnmacht und Überforderung zu tun hätten, seien eine besonders große Gefahr für die Gesundheit. „Tanzen Sie!”An sechs Punkten machte die Referentin fest, wo im Leben der Frauen häufig Mangel und Nachholbedarf existierten. Zum einen sei dies eine gleichförmige, wohltuende Bewegung.
 
„Tanzen Sie! "
Fröhlicher Gesang
Da brauchen Sie nicht einmal Ihre Männer dazu”, rief sie den Landfrauen entgegen. Des Weiteren diene der Schlaf der Heilung und Regeneration, doch sei dieser oft durch innere Anspannung gestört. Auch der Berührung, den „Streicheleinheiten”, misst Weingardt einen hohen Stellenwert bei. Wichtig für Körper und Seele seien darüber hinaus Licht und Natur. Im Freien bilde der Körper ein Hormon, das für positive Gefühle sorge. „Gang au mol naus!”, hätte man vor 50 Jahren zu niemandem sagen müssen, meinte die Referentin scherzend. Früher sei dies selbstverständlich gewesen. Ein Tor zur Seele und zu guter Stimmung seien ebenso angenehme Gerüche und beruhigende Musik. Letztere stärke zudem das Immunsystem und bremse Angsthormone aus.
„Entscheidend ist nicht, was passiert, sondern wie wir darüber denken”, betonte Weingardt. Hart ins Gericht ging die Referentin mit dem so gerne verwendeten Begriff „Herausforderung”, der aus ihrer Sicht allzu oft der „Überforderung” gleichkäme. „Wir leben in einer Gesellschaft, die innere Grenzen nicht wahrhaben will”, kritisierte sie den heutigen Zwang, ein Problem nach dem anderen bewältigen zu müssen. Ihr Vorbild sei ihre Mutter, die sieben Kinder großgezogen habe und bis heute deutlich ihre Grenzen setze, wenn ihr etwas zu viel werde.
Nicht ohne Tipps für den Alltag ließ Weingardt die Versammlung aufbrechen. Dazu gehöre, Dankbarkeit untereinander zu zeigen und sich gegenseitig zu loben, ein friedliches Zusammenleben unter dem heimischen Dach und immer eine Portion Humor. Achtsamkeit gegenüber sich selbst und das Pflegen von Freundschaften dürften auch nie vergessen werden. Und eben sehr wichtig sei der Mut zum Grenzen ziehen. „Wer immer nur gibt, gibt irgendwann auf”, ist sich die muntere Schwäbin sicher.