„Mehr als nur gegen Pestizide wettern”
In der Öffentlichkeit würden meist Pflanzenschutzmittel für das Sterben von Bienen verantwortlich gemacht, sagt Wallner. Er leitet an der Landesanstalt für Bienenkunde, Uni Hohenheim, den Fachbereich Rückstandsanalyse Bienenschutz. Doch, unterstreicht er, zur Lösung der Problematik gehöre mehr, als nur „gegen Pestizide zu wettern”. Er lenkt den Blick verstärkt auf das mangelnde Futterangebot für Bienen aller Art, das fatale Folgen hat: „Die Bestäuber verschwinden aus der Kulturlandschaft”, sagt Wallner. Es gebe in der fast vollständig vom Menschen geschaffenen Umwelt kaum noch Ödland. Zudem verdränge der bei Silierung übliche frühe Grünlandschnitt blühende Pflanzen. Dies sowie die Monokulturen im Ackerbau sind für Wildbienen keine optimalen Bedingungen. Entsprechend wichtig ist es Wallner, Balancen zu schaffen. So setzt er beispielsweise auf ausreichend zusätzliche Blühstreifen im Ackerbau und auf artenreiche Pflanzengesellschaften bei der Heubewirtschaftung in Verbindung mit Förderprogrammen wie bei Heumilch-Produkten. Sinnvoll seien zudem Feldfutterbau verstärkt mit Pflanzen wie Luzerne oder Kleearten sowie blühende Bäume und Sträucher am Feldrand und auf Höfen. Bei Biogas wirbt er für die Anpflanzung von Blütenpflanzen wie Silphie statt Mais, und er setzt auf Greening, also Landbewirtschaftungsmethoden, die den Klima- und Umweltschutz fördern. Auch Zuschüsse für landwirtschaftliche Betriebe, die bienenfreundliche Spritzverfahren wie Dropleg beim Raps (siehe unten) anwenden, und Ökolandbau beziehungsweise pestizidfreie konventionelle Landwirtschaft zählt er zu seinen Lösungsansätzen. Damit soll Sorge getragen werden, dass dem Landbau die für ihn überlebenswichtigen bestäubenden Insekten nicht abhanden kommen und das Ökosystem nicht dauerhaft geschädigt wird.
Ebenso wichtig findet Wallner verstärkte Verbraucheraufklärung. Denn umweltgerechte Landwirtschaft hat ihren Preis. Es müsse klar werden, welche „verheerende Wirkung die Geiz-ist-geil-Mentalität auf das Landschaftsbild, die Pflanzengesellschaften, die Nahrungskette und mehr” habe. Schon in den Bildungsplänen müsse diese Aufklärungsarbeit verankert werden, fordert er. Weitere Themen der Veranstaltung waren Grundwasser und Landwirtschaft sowie Superfood.
Beim Rapsanbau gibt es eine Möglichkeit, die offenen Blüten vor Spritzbrühe zu schützen. Beim sogenannten Dropleg-System sind an einem herunterhängenden Rohr am unteren Ende Düsen montiert, sodass nur der untere Teil der Pflanzen gegen Pilzsporen, die vom Boden aus die Pflanze angreifen, behandelt wird. Durch diese „Tieferlegung” bleiben die Blüten im Gegensatz zur Überkopfbehandlung vom Spritzmittel verschont, was Bienen und einer geringeren Honigbelastung zugute kommt.
Klaus Wallner verweist auf die Versandgärtnerei Jaesch, spezialisiert auf insektenfreundliche Pflanzen: www. immengarten-jaesch.de. Auch berichtet er vom Projekt Blütenkorn der BG Neuhof in Schöntal (Hohenlohekreis). Dort werden in den Fahrgassen zwischen Getreidefeldern Blühpflanzen gesät und das Getreide seltener oder nicht mehr gespritzt. Die Ernte wird in Zusammenarbeit mit einer Mühle unter dem Namen Blütenkorn verarbeitet und vermarktet. „Über Blütenbänder vernetzte Landschaften und Bauernhöfe als Bienenbiotope, so stellen wir uns die Zukunft vor”, sagt Wallner. www.bluetenkorn.de