Land und Leute | 25. Juli 2019

Medizinische Grundversorgung im ländlichen Raum muss gesichert sein

Von Birgitta Klemmer
Die Landfrauenverbände Südbaden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern fordern eine gesicherte Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum und tauschten sich dazu in einem Gespräch mit Staatssekretärin Bärbl Mielich aus.
Die Vertreterinnen der Landfrauenverbände aus Baden und Württemberg diskutierten mit Staatssekretärin Bärbl Mielich.
Die Sicherstellung einer bedarfsgerechten, hochwertigen und gut erreichbaren Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum war Thema des Gesprächs der Arbeitsgemeinschaft der drei Landfrauenverbände mit Bärbl Mielich, Staatssekretärin im Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg.
Forderungen der Landfrauen
Die Menschen im ländlichen Raum dürfen nicht von der medizinischen Versorgung abgehängt werden. „Immer mehr Landarztpraxen finden keine Nachfolger mehr und Krankenhäuser in der Fläche werden geschlossen, diese Entwicklung beunruhigt die Menschen im ländlichen Raum”, sagte Rosa Karcher, Präsidentin des Landfrauenverbandes Südbaden, im Gespräch mit der Staatssekretärin. „Die medizinische Grundversorgung und auch die schnelle Hilfe im Notfall müssen gewährleistet sein, das setzt schon der Grundsatz gleichwertiger Lebensverhältnisse voraus.” Wenn der Rettungswagen vom nächsten Krankenhaus bis zum Einsatzort 40 Kilometer und mehr fahren müsse, sei fraglich, ob die gesetzlich vorgeschriebene Hilfsfrist von 15 Minuten noch eingehalten werden könne. Bärbl Mielich erläuterte, dass das Sozialministerium den ländlichen Raum stark im Blick habe und sich der genannten Problematik bewusst sei: Um die ambulante hausärztliche Versorgung sicherzustellen, gebe es daher seit 2012 das Landärzteprogramm. 
Genossenschaftliche Arztpraxen
Angedacht seien zudem genossenschaftlich geführte Arztpraxen. Derzeit laufen, laut Mielich, an sieben Standorten Machbarkeitsstudien. Diese könnten gegebenenfalls auch die Notfallversorgung gewährleisten. Ferner sollen sogenannte lokale Primärversorgungszentren entstehen, in denen unterschiedliche Professionen und Fachgebiete eng miteinander zusammenarbeiten. Das Ministerium habe kürzlich einen Förderaufruf zum Aufbau solcher Gesundheitszentren gestartet.
Die Landfrauen thematisierten auch die unbefriedigende Situation in der Geburtshilfe. „Viele junge Frauen treten an uns heran und sind besorgt, weil in ländlichen Regionen Geburtsstationen geschlossen werden und es immer schwieriger wird, eine Hebamme zu finden”, berichtete Marie-Luise Linckh, Präsidentin des Landfrauenverbandes Württemberg-Baden. Sie unterstrich:  „Die Arbeitsbedingungen für Hebammen müssen verbessert werden, um eine optimale Betreuung von Mutter und Kind rund um die Geburt zu gewährleisten.”
Hebammenversorgung sicherstellen
Die Staatssekretärin skizzierte, dass das Ministerium angesichts der Problematik im Januar 2017 einen runden Tisch ins Leben gerufen habe, um die flächendeckende Hebammenversorgung sicherzustellen. Zum Jahresende werde das aus Akteuren der Geburtshilfe bestehende Gremium Empfehlungen und Maßnahmen zur Weiterentwicklung einer bedarfsgerechten und qualitätsgesicherten Versorgung in der Geburtshilfe sowie der Vor- und Nachsorge unterbreiten. Mit Blick auf die immer älter werdende Bevölkerung kritisierten die Landfrauen auch den Mangel an Betreuungsangeboten für pflegebedürftige Angehörige im ländlichen Raum. „Gerade auf dem Land werden viele Menschen von Angehörigen gepflegt, fast immer von den Töchtern oder Schwiegertöchtern”, so Juliane Vees, Präsidentin des Landfrauenverbandes Württemberg-Hohenzollern. „Es braucht dringend Kurzzeitpflegeplätze in erreichbarer Nähe, wenn pflegende Angehörige zum Beispiel krankheitsbedingt plötzlich ausfallen und Pflegebedürftige kurzfristig untergebracht und betreut werden müssen.”
Solitäre Kurzzeitpflege
Die Staatssekretärin legte dar, dass das Ministerium mit dem Sonderförderprogramm „solitäre Kurzzeitpflege” erste Impulse zum Ausbau von entsprechenden Betreuungsangeboten geschaffen habe, erklärtes Ziel sei aber die weitere Stärkung der bedarfsgerechten Kurzzeitpflegeangebote. Die Landfrauen begrüßten die Initiative des Sozialministeriums, betonten aber, dass die Zeit dränge und großer Handlungsbedarf bestehe.