Schwarzwälder Waldbauern haben Forstminister Peter Hauk Wortbruch vorgeworfen. Mehr als 700 Besucher waren zu einer Veranstaltung des BLHV nach Hausach gekommen, um gegen den Entwurf des Baden-Württembergischen Forstreformgesetzes zu protestieren.
Klare Meinungsäußerung: „Wer der Meinung ist, dass der Entwurf des Forstreformgesetzes geändert werden muss, der soll aufstehen”, lautete die zuvor geäußerte Aufforderung an das Publikum im Saal. Mehr als 700 waren zu der Veranstaltung des BLHV nach Hausach gekommen.
„Ich habe mein Wort noch nie gebrochen und will das auch in Zukunft nicht tun”, entgegnete der Minister für den Ländlichen Raum. In der leidenschaftlich geführten Hausacher Diskussion ging es um Ökologie und Naturnähe, auch um Natura 2000, die FFH-Flächen und um deren Managementpläne.
Der Entwurf des Forstreformgesetzes hatte mit seinem ausführlichen Bezug zur naturschutzbezogenen Thematik überrascht, zumal der Minister bisher öffentlich wissen ließ, dass sich für die Waldbauern und deren Wirtschaftsweise nichts ändern werde. Anders als das bisherige Landeswaldgesetz enthält der Reformentwurf bereits in § 1 eine bemerkenswerte Anfügung: „Leitbild ist die nachhaltige, naturnahe Waldbewirtschaftung.” Es folgt wiederkehrender Bezug zur „Naturnähe” und zur „Natürlichkeit”, im weiteren Verlauf des Gesetzesentwurfs: In § 14 Abs. 1 etwa, wo es darum geht, den Boden durch „... Anwendung von Maßnahmen der natürlichen Waldwirtschaft zu verbessern ...” Auf besondere Weise erscheint der Bezug zur Natur im Entwurf von § 22, Abs. 2, wonach auf „naturschutzrechtliche Anforderungen auch in Natura 2000 besonders zu achten ist”. Das gilt sowohl für FFH-Flächen innerhalb als auch und außerhalb von FFH-Gebieten. Im selben Absatz heißt es weiter unten, dass „die Waldnaturschutzstrategie eine wichtige Handlungsgrundlage darstellt”; auch bei der Erstellung der Betriebspläne solle das berücksichtigt werden.
Müller warnt vor Ökologisierung
Für die Beratung von Privat- und Körperschaftswald wird
eigens auf die Gültigkeit von § 1 zurückverwiesen, obendrein auf „das
Hinwirken auf eine nachhaltige, multifunktionale und naturnahe
Waldwirtschaft” in Verbindung mit Grundpflichten des Bewirtschafters zu
Natur- und Artenschutz.
Minister Peter Hauk (ganz rechts) war bei der Diskussion um das kommende Forstreformgesetz gut beschäftigter Gesprächspartner. Zudem auf dem Bild (von links): Roland Abele, Vorstandsmitglied der Forstlichen Vereinigung Mittlerer Schwarzwald (FVS); Ulrich Müller, Vorsitzender des BLHV-Kreisverbandes Wolfach; Diplom-Forstwirt Thomas Schneider, Bürgermeister Fischerbach und FVS-Vorstandsmitglied; Martin Tritschler, Vizepräsident der Forstkammer Baden-Württemberg; Max Reger, Landesforstpräsident Baden-Württemberg; Martin Strittmatter, Abteilungsleiter der Forstdirektion am Regierungspräsidium Tübingen.
Für Ulrich Müller, den Vorsitzenden des BLHV-Kreisverbandes Wolfach,
waren das genug Hinweise, um in Hausach schon bei der Einführungsrede
ausdrücklich vor einer Ökologisierung des Landeswaldgesetzes zu warnen. Minister Peter Hauk wies das zurück: „Es gibt für Sie keine
Verpflichtung im Reformgesetz, die über die bisherige Bewirtschaftung
hinausgeht”, entgegnete er, und: „Wir haben das privatwaldfreundlichste
System in ganz Deutschland.” Er fügte allerdings auch hinzu, dass
Vorgaben von anderen Gesetzen beim Abfassen der Reformvorlage
einzuhalten waren. Im Übrigen sorge die Praxis bereits jetzt mit ihrer
Wirtschaftsweise dafür, dass biologisch und klimatisch beständige Wälder
geschaffen würden, beispielsweise durch Mischbestände und saat- und
standortgerechten Aufwuchs (§ 14 Abs. 2).
Den Einwand, dass ein anderer Minister in einer künftigen
Legislaturperiode ganz andere Deutungen haben könnte, verwarf Hauk, weil
in der Begründung des Gesetzes schon reingeschrieben werde, wie es
gemeint sei. Ulrich Müller hingegen warnte davor, dass die Umsetzung
des neuen Gesetzes nicht mehr im Ermessen von Politik und Verwaltung in
Baden-Württemberg liegen könne. Nichtregierungsorganisationen wie
ClientEarth und die mit ihr verschwisterte Deutsche Umwelthilfe (DUH)
hätten bereits öffentlich erklärt, nach den Diesel-Fahrverboten jetzt
auch die konsequente Vollstreckung von FFH und Natura 2000 an den
Gerichten durchzusetzen.
Ortenau besonders von FFH betroffen
Bezüglich dieses flächenstarken Schutzprogramms stellte
Minister Hauk eine besondere Betroffenheit bei der Ortenau fest. Er
bedauerte, dass durch den Beschluss „einer Vorgängerregierung” die
dortige Nachkartierung von 2016 einen Flächenumfang von 2100 Hektar
erreichte, mehr als doppelt so viel wie das, was bei der
Erstkartierung angefallen war. Viele Waldbauern werden von FFH sowohl im
landwirtschaftlichen als auch im forstwirtschaftlichen Betriebs-teil
betroffen sein. Ulrich Müller hatte in seiner Rede die Streichung der
Ökologisierung in den Paragraphen 14 und 22 gefordert, weil dort unter
den Grundpflichten für Waldeigentümer vermerkt wurde, dass
beispielsweise die Bodenschutzkalkung, der Waldumbau und das Verfassen
von Betriebsplänen zu den Grundpflichten der Waldbesitzer zählten und
somit nach EU-Recht keine Förderung mehr erhalten könne.
Martin Strittmatter, Abteilungsleiter der Forstdirektion am
Regierungspräsidium Tübingen, gab in Hausach Erläuterungen über die
„fallweise Betreuung” der Waldbesitzer bis 50 Hektar. Die staatlichen
Förster könnten weiterhin als Dienstleister für einzelne Maßnahmen
angerufen werden, beispielsweise fürs Holzsortieren oder für die
Organisation der Holzernte. Der Stundensatz wurde auf 55 Euro plus 19
Prozent Mehrwertsteuer festgelegt. Bei einem Fördersatz von 70 Prozent
müssten vom Waldbesitzer 16,50 Euro getragen werden, plus 10,45 Euro für
die Mehrwertsteuer, macht zusammen 26,95 Euro pro Försterstunde. Kann
der Förster pro Stunde nicht mehr als 20 Fm aufnehmen, folgt daraus laut
Strittmatter ein Nettolohn pro Festmeter von 0,83 Euro.
Ulrich Müller hofft auf eine Erhöhung des Fördersatzes. Gleichzeitig
befürchtet er, dass die Forstbetreuung an vielen Steillagen zu teuer
wird. Er forderte daher die Bezahlung auf Festmeterbasis oder eine
Kombination aus Grundflächenbetrag und Festmeterabrechnung. Auf Anfrage
des Acherner BLHV-Bezirksgeschäftsführers Stefan Schrempp stellte
Minister Peter Hauk in Aussicht, dass im Forstbereich die
Förderauszahlungen wesentlich zügiger erfolgen könnten als im
Agrarbereich, weil kein Abgleich mit der EU erforderlich sei.
Bei der fallweisen Betreuung sagte Hauk voraus, dass die Förster die
Förderbürokratie überwiegend per Tablet vor Ort und außerhalb ihres
Büros erledigen werden, wobei die drei Schritte aus Auftragsannahme,
Förderantrag und Bewilligung in Wirklichkeit zu einem zusammengefasst
werden sollen. Dabei sei eine Obergrenze nach de minimis kaum zu
befürchten, weil die im Forstbereich bei 200000 Euro liege, bei einem
Betrachtungszeitraum von drei Jahren.